Gewalttat in Frankreich

Veranstaltung Ultrarechter in Vienne gestört, nicht in Wien

2.10.2024, 12:16 (CEST)

Nicht selten nutzen Rechtsaußen-Politiker Gewalttaten von Ausländern für ihre Zwecke. Dagegen formiert sich regelmäßig Widerstand. Aber was hat das mit Wien und Vienne zu tun?

Nach der Tötung einer Pariser Studentin ist der Fall in Frankreich zum Politikum geworden. Tatverdächtig ist ein verurteilter Vergewaltiger, der nach seiner Haftentlassung abgeschoben werden sollte, wegen Pannen aber auf freien Fuß kam. Der 22-Jährige soll die drei Jahre jüngere Philippine am 20. September getötet haben.

In sozialen Medien verbreitet sich später ein Video, das nach Aussage des «Nius»-Autors Jan Karon zeigen soll, wie eine Schweigeminute für die junge Frau angeblich in Wien von einer «linksextreme[n] Gruppierung» gestört worden sein soll.

Bewertung

Falscher Ort. Zur Gedenkveranstaltung trafen sich Rechtsaußen-Aktivisten nicht in der österreichischen Hauptstadt, sondern im französischen Vienne. Linke Gruppen protestierten gegen eine aus ihrer Sicht politische Vereinnahmung der Straftat.

Fakten

Mehr als 900 Kilometer Luftlinie liegt die französische 30.000-Einwohner-Stadt Vienne von Wien entfernt. Während aus der österreichischen Hauptstadt keine öffentliche Schweigeminute für die getötete Studentin bekannt geworden ist, hat sich in der französischen Stadt nahe Lyon am 28. September eine Gruppe am Place du Palais Charles de Gaulle neben dem römischen Tempel getroffen, um Philippine zu gedenken. Dort entstand auch das nun verbreitete Video.

Zu den Initiatoren der Schweigeminute in Vienne gehört die ultrarechte Politikerin Hanane Mansouri. Über ihre Kanäle auf X und Instagram hat die 23-Jährige zu der Veranstaltung eingeladen. Mansouri von der Partei Union des droites pour la République (UDR) wurde im Sommer 2024 mit Unterstützung des rechtsnationalen Rassemblement National (RN) von Marine Le Pen in die Nationalversammlung gewählt.

Mansouris Gegner werfen der Politikerin und ihrer Gruppe faschistisches Gedankengut und eine Instrumentalisierung der Gewalttat vor. Mit Rufen wie «Siamo tutti antifascisti!» («Wir alle sind Antifaschisten!») machten Gegendemonstranten in Vienne auf sich aufmerksam.

Solch eine Szene verbreitete Mansouri auf ihren Social-Media-Kanälen (hier und hier). Sie wiederum kritisierte auf X die Protestierenden: «Die extreme Linke wird sich immer auf die Seite der Vergewaltiger und Mörder stellen, wenn sie Ausländer sind.»

In Deutschland verbreitet «Nius»-Autor Karon den Clip mit der falschen Ortsangabe weiter, ohne auch entsprechenden Kontext über die politischen Hintergründe der Initiatorin zu liefern. «Nius» ist ein Webportal um den geschassten früheren «Bild»-Chefredakteur Julian Reichelt. Auch die Online-Seite «Apollo News» nennt den falschen Ort: Wien statt Vienne.

(Stand: 1.10.2024)

Links

dpa-Meldung über Gewalttat in Frankreich via «Rheinische Post» (archiviert)

Street-Map-Position am römischen Tempel in Vienne (archiviert)

Entfernung von Vienne zu Wien (archiviert)

Französisches Statistikamt über Viennes Einwohnerzahl (archiviert)

«Franceinfo»-Artikel über Mansouri (archiviert)

Mansouri-Einladung auf Instagram (archiviert)

Mansouri-Einladung auf X (archiviert)

Mansouri-Instagram-Post mit Video (archiviert)

Mansouri-X-Post mit Video (archiviert)

Mansouri auf Website der Nationalversammlung (archiviert)

«Le Monde» über Wahlergebnis für Mansouri (archiviert)

Artikel einer linken Gruppe über die Mansouri-Aktion (archiviert)

X-Post mit Vorwurf der Instrumentalisierung (archiviert)

Karons Autorenseite bei «Nius» (archiviert)

X-Post mit Falschbehauptung über Wien (archiviert, Video archiviert)

«Apollo News»-Artikel mit Falschbehauptung über Wien (archiviert)

«Apollo News»-X-Post mit Falschbehauptung über Wien (archiviert)

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