Wundstarrkrampf

An Tetanus sterben jährlich Zehntausende Menschen

26.9.2024, 19:04 (CEST)

Der durch Tetanus ausgelöste Wundstarrkrampf verläuft noch immer häufig tödlich - obwohl die Impfung dagegen viele Todesfälle verhindert. Doch weiterhin kursieren darüber Falschinformationen.

Erwachsene sollten ihre Tetanus-Impfung alle zehn Jahre auffrischen. Sonst kann der Tetanus-Erreger, wenn er über kleine Schnitt- oder Schürfwunden in den Körper gelangt, den sogenannten Wundstarrkrampf verursachen. Doch in einem Beitrag, der auf Facebook kursiert, wird die Gefährlichkeit von Tetanus angezweifelt und vielmehr die Impfung dagegen verteufelt. «ES GIBT WELTWEIT KEINE TETANUS TOTE - HAT ES NIE GEGEBEN», heißt es in dem Beitrag, zu dem auch ein Video gezeigt wird, in dem eine Forscherin über ihre angeblichen Recherchen zu Tetanus berichtet. «Außerdem stellte sie fest, dass laut WHO der Wirkstoff seit den frühen 1970er Jahren ein Abtreibungsmittel ist», heißt es weiter über die Impfung. All das ist jedoch nicht wahr.

Bewertung

Tetanus verläuft häufig tödlich, vor allem in Ländern ohne gute Intensivmedizin. 2019 starben schätzungsweise etwa 35.000 Menschen weltweit an Tetanus. Davor schützt eine Impfung. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat darin kein Abtreibungsmittel festgestellt - im Gegenteil: Die WHO warnte vor derartigen Falschinformationen.

Fakten

An Tetanus sterben jährlich Zehntausende. Einer aktuellen Studie im «International Journal of Infectious Diseases» zufolge starben im Jahre 2019 geschätzt rund 35.000 Menschen an den Folgen einer Tetanusinfektion. Vor Jahrzehnten war Tetanus sogar noch tödlicher. Im Jahr 1990 starben der Studie zufolge etwa 275.000 Menschen daran.

Dies ist auch ein Erfolg der Impfung, worauf wissenschaftliche Studien, das Paul-Ehrlich-Institut, Neurologen, Krankenkassen und die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hinweisen. «Globale Tetanus-Impfprogramme haben die Todesfälle durch Tetanus bei Neugeborenen in den letzten 30 Jahren um 95 Prozent reduziert», schreibt die US-Gesundheitsbehörde CDC.

Tetanus und Wundstarrkrampf

Vor allem für Babys, die noch keinen ausreichenden Impfschutz haben, bleibt Tetanus aber eine Gefahr. Nach Angaben der Berufsverbände für Psychiatrie, Nervenheilkunde und Neurologie verlaufe weltweit etwa die Hälfte der Tetanus-Infektionen tödlich. «In Deutschland liegt die Sterberate trotz einer intensivmedizinischen Versorgung bei rund 25 Prozent», schreiben die Nervenärzte. Nach Angaben des Robert Koch-Instituts liegt die Letalität bei moderner Intensivtherapie zwischen 10 und 20 Prozent, ohne diese Versorgung sei sie erheblich höher.

Mit Tetanus kann man sich anstecken, wenn Sporen des Tetanus-Erregers Clostridium tetani über kleine Schnitt- oder Schürfwunden in den Körper eindringen. Der Erreger kann den sogenannten Wundstarrkrampf verursachen. Erste Anzeichen sind Kopfschmerzen, Schwindel, Unruhe, Zittern, Schwäche, Müdigkeit und Muskelschmerzen. Typisch seien Muskelkrämpfe, die zum Beispiel zu einer schmerzhaften Überstreckung der Rückenmuskulatur führen. Da allerdings viele Menschen in Deutschland gegen Tetanus geimpft sind, tritt Wundstarrkrampf nur noch selten auf.

Mythos des Impfstoffs als Abtreibungsmittel

Auch für das Gerücht, der Wirkstoff in der Tetanus-Impfung sei ein Abtreibungsmittel, gibt es keinen Beleg. Es kursiert bereits seit Jahrzehnten. Die WHO gab dabei nicht bekannt, dass der Impfwirkstoff ein Abtreibungsmittel sei, sondern stellte genau das Gegenteil fest.

Bereits im Jahr 1995 reagierte die WHO auf entsprechende Gerüchte, dass die Tetanus-Impfung mit dem Hormon Choriongonadotropin (hCG) kontaminiert sei, das die weibliche Fruchtbarkeit herabsetzen soll. «Diese Gerüchte sind völlig falsch und entbehren jeder wissenschaftlichen Grundlage», teilte damals Jong-Wock Lee, Direktor des globalen Impfprogramms der WHO, mit. Nach Angaben der WHO seien unabhängige Tests mit Tetanus-Impfstoff verschiedener Hersteller auf das Hormon hCG teils negativ, teils nicht aussagekräftig ausgefallen.

Möglicherweise geht das Gerücht auf Forschung Anfang der 1990er-Jahre zurück. Damals publizierten Wissenschaftler eine Studie über einen klinischen Test mit einem Impfstoff, der gegen Tetanus und Diphterie immunisieren und gleichzeitig ein per Spitze verabreichtes Verhütungsmittel beinhalten sollte.

Dabei ging es also darum, eine ungewollte Schwangerschaft zu verhindern, nicht um Abtreibungen oder dauerhafte Unfruchtbarkeit. Einer Recherche der Faktenchecker von «Factcheck.org» zufolge wurden diese Verhütungsvarianten jedoch nie in öffentlich zugänglichen Tetanus-Impfstoffen verwendet, sondern nur in der Forschung eingesetzt.

(Stand: 25.9.2024)

Links

Studie von 2023 im «International Journal of Infectious Diseases» zur Epidemiologie und Todesrate von Tetanus (archiviert)

Studie von 2017 im Journal «BMC Public Health» über die Mortalität durch Tetanus (archiviert)

Informationen des Paul-Ehrlich-Instituts über die Tetanus-Impfung (archiviert)

Informationen der WHO über Tetanus-Impfung (archiviert)

Informationen der Krankenkasse AOK über die Tetanus-Impfung (archiviert)

Informationen des CDC über Tetanus-Impfung (archiviert)

Informationen der Neurologen und Psychiater im Netz zu Tetanus (archiviert)

Informationen des Robert Koch-Instituts zu Tetanus (archiviert)

Pressemitteilung der WHO von 1995

Studie von 1994 im Journal «Immunology» zu Tetanus-Impfstoffen und Verhütungsmitteln (archiviert)

Faktencheck von «Factcheck.org» (archiviert)

Facebook-Beitrag mit der Behauptung (archiviert, Video archiviert)

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