Im TV-Duell trug Kamala Harris altbekannte Tiffany-Ohrringe

Im US-Wahlkampf achten Beobachter auch auf kleine Details. So wurden die Ohrringe von Kamala Harris nach der Fernsehdebatte mit ihrem Gegenspieler Donald Trump plötzlich zum Gesprächsthema. Es tauchte die Behauptung auf, die Präsidentschaftskandidatin der Demokraten habe versteckte Kopfhörer getragen. Das sei ebenso wie das Anfertigen von Notizen während des Duells untersagt. Haben die Harris-Kritiker wirklich genau genug hingeschaut?

Bewertung

Falsch. Kamala Harris trug während der TV-Debatte ein Paar goldene Perlenohrringe des US-Juweliers Tiffany & Co. Die unterscheiden sich optisch deutlich von den Nova-H1-Kopfhörern, deren Nutzung ihr vorgeworfen wurde. Auch der Hersteller wies die Behauptung zurück, Harris habe seine Kopfhörer getragen.

Fakten

Die Ohrringe, die Harris während der Debatte trug, haben eindeutige optische Merkmale: Eine große helle Perle sitzt dort zwischen den Enden eines goldenen Bügels, der unter dem Ohrläppchen gebogen ist. Das Schmuckstück stammt von der US-Juweliermarke Tiffany & Co, wie amerikanische Medien und ein Modeblog über die Outfits der heutigen Vizepräsidentin herausfanden. Diese Ohrringe sind aktuell nicht mehr im Angebot.

Fälschlich vorgeworfen wurde Harris dagegen, einen Nova-H1-Kopfhörer getragen zu haben, der sich wie Schmuck am Ohrläppchen verwenden lässt. Der Unterschied zwischen den Tiffany-Ohrringen und den Kopfhörern von Nova wird jedoch sehr deutlich, wenn man beide Bilder nebeneinanderlegt:

Die Größe der Perle ist verschieden, und die Nova-H1-Kopfhörer haben nur eine einfache goldene Fassung, keine doppelte wie das Modell von Tiffany. Dort sitzt die Perle zwischen den goldenen Stäben und nicht oben darauf, wie bei den Nova-Kopfhörern.

Harris trug ihren Schmuck bereits zuvor öffentlich, die gleichen Ohrringe tauchten unter anderem auf Bildern vom April und Juli auf, bevor der amtierende Präsident Joe Biden auf eine erneute Kandidatur verzichtete und Harris zum Zuge kam. Am Tag nach der Debatte, bei einem Gedenken an die Anschläge vom 11. September 2001, trug sie diesen Schmuck erneut. Nichts weist darauf hin, dass es sich um etwas anderes als ein Paar ganz normale Ohrringe handelt.

Rätselhafte Kopfhörer

Unklar ist indes, ob man die Nova-H1-Kopfhörer überhaupt kaufen kann. Ein Screenshot der Kopfhörer in Schmuckform, der häufig mit den Behauptungen über Harris gepostet wird, stammt aus einer Crowdfunding-Kampagne auf Kickstarter aus dem Jahr 2021. Als Hersteller wurde damals Nova Products genannt. Die Kampagne wurde jedoch seit Mai 2023 nicht mehr aktualisiert. Die Instagram-Seite von Nova Products liegt seither ebenfalls brach.

In den Reaktionen auf die Crowdfunding-Aktion beklagten viele Interessenten, dass sie ihre Nova-Kopfhörer niemals bekommen hätten. Andere schrieben, sie seien zur Website von Icebach Sound Solutions weitergeleitet worden. Icebach Sound Solutions erklärt, die Rechte von der insolventen Nova Products GmbH übernommen zu haben.

In einer Pressemitteilung vom September 2024 führt Icebach Sound Solutions aus, das Unternehmen wolle aufgrund der hohen aktuellen Nachfrage eine stark begrenzte Auflage der Audio-Ohrringe herstellen. Diese würden für 1.995 US-Dollar auf einer Online-Plattform angeboten.

Die Firma bestätigt zudem, dass Harris ihr Produkt nicht trug: «Auf einigen Fotos ist das anhand des unterschiedlichen Designs klar erkennbar.» Zuvor hatte das Münchner Unternehmen die Gerüchte mit doppeldeutigen Kommentaren noch angeheizt.

Ob die Nova-Kopfhörer derzeit tatsächlich erhältlich sind, ist laut einem Bericht des auf neue Technologien spezialisierten Mediums «Tom's Guide» allerdings zweifelhaft.

Notizen waren erlaubt

Der Vorwurf an Harris, bei der Kandidatendebatte geschummelt zu haben, ist häufig mit der Bemerkung verbunden, sie habe während des Duells unerlaubt Notizen gemacht. In den Regeln von ABC News, das die Fernsehdebatte von Harris und Trump Anfang September organisiert hatte, steht allerdings, dass jeder Kandidat einen Stift und Papier bereitgestellt bekam. Nur vorbereitete Unterlagen durften sie nicht mitbringen.

Notizen zu machen war also erlaubt, was Harris auch tat. Bei früheren Debatten war sie ebenfalls schon mit einem Stift in der Hand zu sehen, wie beispielsweise in den Jahren 2019 und 2020.

(Stand: 23.09.2024)