Zitat aus dem Kontext gerissen

Andreas Audretsch sprach 2022 über ukrainische Geflüchtete

18.09.2024, 11:17 (CEST), letztes Update: 18.09.2024, 11:20 (CEST)

Ein Zitat von Andreas Audretsch wird fälschlicherweise auf die aktuelle Migrationsdebatte bezogen. Dabei sprach er 2022 über ukrainische Geflüchtete und eine Gesetzesänderung zur sozialen Integration.

Ein Abgeordneter spricht im Bundestag darüber, Millionen von Menschen in das deutsche Sozialsystem bringen zu wollen. So sieht es auf einem Sharepic in den sozialen Medien aus, das im September 2024 kursiert - doch bezog sich der Bundestagsabgeordnete tatsächlich auf die aktuelle Debatte um das Thema Migration? Dem Sharepic zufolge soll der Grünen-Politiker Andreas Audretsch gesagt haben: «Wir ermöglichen Millionen von Menschen, wenn sie zu uns kommen, ganz direkt in unsere Sozialsysteme zu kommen. Das ist ein Riesenunterschied zu allem, was davor da gewesen ist.» Aber in welchem Kontext hat er das gesagt?

Bewertung

Das Zitat stammt aus dem Jahr 2022 und bezieht sich nicht auf die aktuelle Debatte zum Thema Migration und Asyl. Audretsch bezog sich auf ukrainische Geflüchtete, die kurz nach Russlands Angriffskrieg nach Europa und Deutschland flüchteten.

Fakten

Der Bundestagsabgeordnete Andreas Audretsch (Bündnis90/die Grünen) hat in der 34. Sitzung des Bundestags am 12. Mai 2022 eine Rede gehalten. In dieser Rede sind die zitierten Worte gefallen. Jedoch ist es zum Verständnis des Zitats wichtig, den Kontext zu betrachten. Das Zitat ist vor zwei Jahren gefallen und steht damit nicht im Zusammenhang mit der aktuellen Debatte zum Thema Migration und Asyl.

In dem Teil der Sitzung, in dem das Zitat von Audretsch gefallen ist, ging es um ein neues Gesetz. Der zugehörige Entwurf sah vor, soziale Maßnahmen - wie Einmalzahlungen und Erhöhung des Mindestlohns - zu ermöglichen, die die Folgen der Covid19-Pandemie abfedern sollen. Das neue Gesetz sollte zudem ermöglichen, dass ukrainische Geflüchtete «aus dem Regelkreis des Asylbewerberleistungsgesetzes ins SGB II oder SGB XII» übergehen können, sprich das Geflüchtete aus der Ukraine Grundsicherung statt Leistungen als Asylbewerber erhalten können.

Die Regierung wollte dieses Gesetz, um Ukrainerinnen und Ukrainer schneller in den Arbeitsmarkt integrieren zu können. Zudem ging es darum, die Finanzierung zwischen Bund und Kommunen zu klären. Dies ist zum 1. Juni 2022 in Kraft treten. Dem Beschluss hat der Bundesrat auch zugestimmt.

Darauf bezog sich Audretsch Zitat aus dem X-Post. Genauer steht im stenografischen Bericht der Sitzung geschrieben:

«Ich will zum zweiten wichtigen Punkt in diesem Gesetz kommen. Millionen Menschen müssen fliehen, weil Putin in einem barbarischen Angriffskrieg die Ukraine überfallen hat. Mit diesem Gesetz tun wir etwas, das in Deutschland noch nie zuvor getan wurde: Wir ermöglichen Millionen von Menschen, wenn sie zu uns kommen, ganz direkt in unsere Sozialsysteme zu kommen. Das ist ein Riesenunterschied zu allem, was davor da gewesen ist. Wir verändern gleichzeitig die Wohnsitzauflage so, dass Menschen tatsächlich eine Arbeit finden können, egal wo das in Deutschland ist. Die, die arbeiten wollen, kriegen die Chance.»

Es ging dem Bundesabgeordneten beim «Wechsel in die Sozialsysteme» also um die vor dem Krieg geflüchteten Ukrainerinnen und Ukrainer, die seit der Gesetzesänderung auch eine Grundsicherung nach SGB II oder SGB XII beziehen können.

(Stand: 17.09.2024)

Links

X-Post (archiviert)

Profil Andreas Audretsch (archiviert)

Plenarprotokoll des Bundestags (archiviert)

Gesetz zu Regelungen zusätzlicher Zahlungen (archiviert)

Beschlussempfehlung des Ausschusses (archiviert)
Beschluss des Bundesrats (archiviert)

Über dpa-Faktenchecks

Dieser Faktencheck wurde im Rahmen des Facebook/Meta-Programms für unabhängige Faktenprüfung erstellt. Ausführliche Informationen zu diesem Programm finden Sie hier.

Erläuterungen von Facebook/Meta zum Umgang mit Konten, die Falschinformationen verbreiten, finden Sie hier.

Wenn Sie inhaltliche Einwände oder Anmerkungen haben, schicken Sie diese bitte mit einem Link zu dem betroffenen Facebook-Post an faktencheck@dpa.com. Nutzen Sie hierfür bitte die entsprechenden Vorlagen. Hinweise zu Einsprüchen finden Sie hier.

Schon gewusst?

Wenn Sie Zweifel an einer Nachricht, einer Behauptung, einem Bild oder einem Video haben, können Sie den dpa-Faktencheck auch per WhatsApp kontaktieren. Weitere Informationen dazu finden Sie hier.