Statement zur Ukrainepolitik
Aussage von Einzelperson, nicht Haltung Schwedens
30.8.2024, 14:25 (CEST)
Über den Ukraine-Krieg sind Falschbehauptungen sehr beliebt. Sie werden meist rege geteilt und führen zu Empörung. Aktuell gibt es wieder ein Sharepic über den ukrainischen Präsident Wolodymyr Selenskyj und die schwedische Regierung. Angeblich bedaure Schweden «Hilfe» für die Ukraine, da diese eine «klare Diktatur» sei. Doch hat Schweden wirklich so ein offizielles Statement geäußert? Oder handelt es sich hierbei vielmehr um eine Einzelmeinung? Wer ist Lars Bern überhaupt?
Bewertung
Die Regierung Schwedens hat keine Äußerungen wie diese getroffen und Lars Bender ist auch kein Vertreter des Landes. Er hat sich lediglich privat in einem Sender geäußert, der zu einem Unternehmen gehört, in dem er den Vorsitz innehat.
Fakten
In dem Sharepic in den sozialen Medien wird Lars Bern zitiert. Er ist pensionierter Ingenieur aus Schweden und Mitglied der Königlich Schwedischen Akademie der Ingenieurwissenschaften. Diese gehört zu den Königlichen Akademien, welche staatliche, unabhängige Einrichtungen sind.
Diese Einrichtungen haben nichts mit dem Königshaus und der royalen Familie oder mit der Regierung Schwedens zu tun. Sie vertreten nicht die Meinung oder Interessen dieser. Damit hat Schweden als Land diese Aussage zum Krieg in der Ukraine nicht getroffen.
Stattdessen soll Lars Bern dieses Zitat laut Sharepic in einem Interview mit «Swebbtv» gesagt haben. Tatsächlich lässt sich bei Swebbtv ein Bericht vom Juni dieses Jahres finden, in dem Bern aus einem Interview mit denselben Worten zitiert wird. Im Text heißt es: «Der Westen weigert sich zu verstehen, dass es Russland nicht in erster Linie um das ukrainische Territorium geht, sondern um die Entnazifizierung und Entmilitarisierung des Landes, die laut Bern kurz vor dem Erfolg steht» (übersetzt aus dem Schwedischen). Ebenso erklärt er darin, die Amtszeit von Präsident Selenskyj sei «abgelaufen» und er habe «jede Opposition verboten».
Einige schwedische Medien haben in der Vergangenheit über Bern und Swebbtv berichtet. Demnach gilt er als Klimaskeptiker und Verschwörungstheoretiker. Bern ist zudem Vorsitzender von Svensk Webbtelevision AB ist, dem Unternehmen hinter Swebbtv.
Der Sender gilt ebenfalls als verschwörungstheoretisch und rechtsorientiert. Die schwedische Tageszeitung Dagens Nyheter berichtet im Mai 2022 ausführlich über den Sender. Seit seiner Gründung im Jahr 2016 hat Swebbtv demnach auf mehreren Plattformen Interviews mit bekannten Rechtsextremisten, Klimaskeptikern, Impfgegnern und Verschwörungstheoretikern gesendet. Zudem werden Inhalte aus russischer Propaganda nacherzählt.
Erzählungen wie die Notwendigkeit zur «Entnazifizierung» der Ukraine bestehen schon lange und wurden immer wieder aufgeklärt und widerlegt (hier und hier). Im Frühjahr 2022 hatte Präsident Selensky tatsächlich per Dekret die Aktivitäten von elf Parteien verboten, da einige Parteimitglieder Verbindungen nach Russland unterhalten. Die Entscheidung wurde auch in deutschen Medien kritisiert. Der ukrainische Präsident ist tatsächlich noch im Amt, obwohl seine Amtszeit abgelaufen ist. Dies hängt mit dem Kriegsrecht zusammen und wird in einem Artikel der Deutschen Welle ausführlich aufgeklärt.
(Stand: 30.8.2024)
Links
Königlich Schwedische Akademie der Ingenieurwissenschaften (archiviert)
Interview mit Swebbtv (archiviert)
Dagens Nyheter über Bern (archiviert)
Expressen über Bern (archiviert)
Weiterer Expressen-Bericht über Bern (archiviert)
Über den Mythos der faschistischen Ukraine (archiviert)
BR-Faktenfuchs zur «Entnazifizierung» (archiviert)
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