Keine Nazi-Propaganda
Video zeigt Schauspieler bei Militärfestival in Estland
2.9.2024, 15:40 (CEST)
Die Verherrlichung oder Verharmlosung des Nationalsozialismus ist in Deutschland strafbar. Geschieht genau das nun im EU-Land Estland? Ein auf Facebook verbreitetes Video zeigt unter anderem ein Militärfahrzeug, in dem eine Frau sitzt und eine estnische Flagge schwenkt, dahinter folgt eine Kolonne von Menschen in Uniformen, die eine Straße entlang marschieren. Die Aufnahme soll laut dem Facebook-Post «eine Militärparade von estnischen Nazis» in der Hauptstadt Tallinn zeigen. Gibt es hier wirklich einen jährlichen Aufmarsch, der mit dem Nationalsozialismus sympathisiert?
Bewertung
Das Video wurde aus dem Zusammenhang gerissen. Es handelt sich um Schauspieler, die eine Schlacht zwischen der sowjetischen und der deutschen Armee in Estland im Jahr 1944 nachstellen. Die Parade war Teil eines Geschichtsfestivals in der estnischen Stadt Valga. Das Museum, das das Festival organisiert, erklärt auf dpa-Anfrage, dass es in keiner Weise den Nationalsozialismus unterstütze.
Fakten
Eine Bilderrückwärtssuche mit einem Screenshot aus dem Video führt zu einem weiteren Facebook-Post mit demselben Video. Der Autor schreibt unter dem Video auf Russisch: «Das Internationale Militärgeschichtsfestival ist eine große jährliche Veranstaltung, bei der Mitglieder von Militärgeschichtsvereinen aus verschiedenen Ländern zusammenkommen.» Der Beitrag enthält auch einen Link zur Facebook-Seite «Valga Militaarteemapark», einem Kriegsmuseum in der estnischen Stadt Valga.
Estnisches Kriegsmuseum veranstaltet jährliches Festival
Laut der Website des Museums fand das «Valga Milfest» am 16. und 17. August 2024 statt. Demnach handelt es sich dabei um ein jährlich stattfindendes Festival, bei dem unter anderem internationale Gruppen zusammenkommen, um Schlachten aus verschiedenen Epochen nachzustellen. Auf der Website finden sich mehrere Fotos, die belegen, dass bei der Parade nicht nur die deutsche, sondern auch andere Armeen imitiert wurden.
Eine Sprecherin des Museums bestätigte auf dpa-Anfrage, dass die Aufnahme authentisch sei und die Parade Teil des diesjährigen Festivals war. «Das Video zeigt, wie die Schauspieler durch die Stadt marschieren, bevor die nachgestellte Schlacht stattfand».
In dem verbreiteten Ausschnitt sei aber nur der Teil des Aufzugs mit als deutsche Soldaten verkleideten Menschen zu sehen. Ein längerer Ausschnitt würde auch als sowjetische Soldaten verkleidete Menschen zeigen. Sie betont, dass der Aufmarsch kein jährliches Ritual sei und das Museum sich gegen jegliche Nazi-Propaganda stelle.
Nachgestellte Schlacht soll an Zweiten Weltkrieg erinnern
Das diesjährige Motto des Festivals lautete «August 1944» und stand in Zusammenhang mit Kämpfen, die sich die deutsche mit der sowjetischen Armee im Zweiten Weltkrieg geliefert hatten.
Nach dem Angriff auf die Sowjetunion im Jahr 1941 wurde Estland von deutschen Truppen erobert, bis diese im Jahr 1944 nach heftigen Kämpfen zum Rückzug gezwungen wurden. Das Land wurde anschließend wieder in die Sowjetunion eingegliedert. Erst 1991 wurde Estland unabhängig.
Tausende Esten kämpften freiwillig oder zwangsweise rekrutiert, sowohl in der deutschen als auch in der Roten Armee. Der Großteil der estnischen Bevölkerung litt unter den Besatzungen beider Seiten und den Kriegshandlungen insgesamt.
(Stand: 29.8.2024)
Links
Paragraph 130 zur Volksverhetzung (archiviert)
Informationen zur estnischen Unabhängigkeit (archiviert)
Informationen zu Estland im zweiten Weltkrieg (archiviert)
Zur Geschichte Estlands im Zweiten Weltkrieg (archiviert)
Archivierte Bilderrückwärtssuche
Informationen zur Bilderrückwärtssuche (archiviert)
Facebook-Post mit Video (archiviert, archivierter Kommentar)
Facebook-Seite des Militärmuseums (archiviert)
Website des Militärmuseums (archiviert)
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