Falsches Zitat

Kiesewetter: Sicherheit der Ukraine «in unserem Interesse»

28.8.2024, 10:53 (CEST)

Bei der Aufklärung der Nord-Stream-Sprengung gibt es noch viele Fragezeichen. In der Debatte über die Sabotageoperation verbreitet sich nun auch noch ein Falschzitat.

Nach einer Recherche des «Wall Street Journal» sollen ukrainische Militärangehörige und Privatleute für die Sprengung der Nord-Stream-Pipelines im Herbst 2022 verantwortlich sein. In sozialen Medien verbreitet sich im August 2024, dass sich der CDU-Außenpolitiker Roderich Kiesewetter zustimmend zur Sprengung der Gaspipelines geäußert haben soll. «Selbst wenn die Ukraine Nordstream zerstört haben sollte, ist das in unserem Interesse», soll der Bundestagsabgeordnete in einem Interview mit der «Welt» gesagt haben. Das ist so aber nicht ganz korrekt.

Bewertung

Falsch. Kiesewetter sagte in Wahrheit: «Die Sicherheit der Ukraine, egal ob sie das zerstört haben sollten oder nicht, ist in unserem Interesse».

Fakten

CDU-Politiker Kiesewetter wird am 16. August vom Fernsehsender «Welt» zu seiner Sicht auf die Recherche des «Wall Street Journals» («WSJ») befragt, die zwei Tage zuvor erschien. Darin beruft sich die US-Zeitung auf Quellen mit Kenntnissen der Vorgänge in der Ukraine und der deutschen Ermittlungen.

Kiesewetter-Zitat falsch wiedergegeben

In dem «Welt»-Interview nennt Kiesewetter den Artikel hochspannend, kritisiert die Recherche jedoch auch. Manches passe nicht zusammen, es gebe viele Spekulationen und sei reißerisch.

Auf die Frage, ob der Politiker nicht zu sehr zugunsten der Ukraine argumentiere, antwortet er, dass einerseits kein deutsches Eigentum beschädigt worden sei, da die Sprengung in internationalen Gewässern stattgefunden habe (ab Minute 2:02) und andererseits die Ukraine «die Angegriffene» sei. «Die Sicherheit der Ukraine, egal ob sie das zerstört haben sollten oder nicht, ist in unserem Interesse», sagt der CDU-Politiker (ab Minute 2:23).

In Wahrheit hat sein Satz also eine andere Bedeutung, als in Beiträgen online behauptet wird. Kiesewetter nennt es nicht «in unserem Interesse», wenn die Ukraine Nord Stream zerstört haben sollte. Sondern er bezeichnete die Sicherheit der von Russland angegriffenen Ukraine als «in unserem Interesse» - unabhängig davon, ob die Ukraine Nord Stream zerstört haben soll oder nicht.

«WSJ»-Recherche nicht unabhängig belegt - Ermittlungen dauern an

Der «WSJ»-Recherche zufolge, die sich auf Gespräche mit mehreren an den Vorgängen beteiligten Personen beruft, soll der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj von den Anschlagsplänen auf Nord Stream einer Gruppe von ukrainischen Privatleuten und Militärangehörigen gewusst haben. Demnach habe der ukrainische Präsident die Pläne zunächst befürwortet, dann jedoch erfolglos versucht haben, sie zu stoppen.

Ein hochrangiger Beamter des ukrainischen Geheimdienstes SBU bestritt gegenüber dem «WSJ» eine Beteiligung seiner Regierung an den Sabotageakten. Insbesondere Selenskyj habe «die Durchführung derartiger Aktionen auf dem Gebiet von Drittländern nicht gebilligt und keine entsprechenden Befehle erteilt». Ob die Berichterstattung des «WSJ» zutreffend ist, lässt sich nach aktuellem Stand nicht sagen. Die Ermittlungen in Deutschland zur Sprengung von Nord Stream dauern an.

(Stand: 28.08.2024)

Links

«Welt»-Interview mit Kiesewetter (archiviert, Video archiviert)

Recherche des «Wall Street Journal» zu Nord-Stream-Pipeline, kostenpflichtig (archiviert)

Falsches Kiesewetter-Zitat auf Threads (archiviert)

Falsches Kiesewetter-Zitat auf Facebook (archiviert, Foto archiviert)

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