Komplexe Berechnung

Unseriöser Ländervergleich zur Rente

29.8.2024, 14:26 (CEST)

Das Thema Rente sorgt für kontroverse Diskussionen. Manche fühlen sich zu anderen Ländern benachteiligt. Doch ein direkter Vergleich ist oft ungenau und irreführend.

Die Diskussion über Renten sorgt für Unmut, besonders im internationalen Vergleich. Eine Grafik suggeriert, dass man in Deutschland trotz späterem Rentenbeginn deutlich weniger Geld erhalte als in Italien oder Frankreich.

Bewertung

Die Angaben zum Renteneintrittsalter sind in allen Ländern fehlerhaft. Zudem wird die Rentenhöhe nicht einfach als Prozentsatz des letzten Gehalts berechnet, sondern ist von vielen Faktoren abhängig. Ein direkter Ländervergleich ist daher schwierig.

Fakten

Unterschiedliche Rentensysteme, Berechnungsgrundlagen oder individuelle Faktoren wie die Länge der eingezahlten Beiträge erschweren direkte Vergleiche der Renten in Europa. Die deutsche Rente sei laut Grafik mit 48,1 Prozent des letzten Nettogehalts deutlich geringer als in Italien (93,2 Prozent) und Frankreich (74,5 Prozent).

Tatsächlich bezieht sich die Zahl 48,1 Prozent auf das Rentenniveau, welches das Verhältnis der Standardrente zum Durchschnittslohn darstellt - nicht zum letzten Gehalt. So ist es auch auf der Webseite des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales (BMAS) nachzulesen. In allen drei genannten Ländern wird zur Rentenberechnung ein längerer Zeitraum herangezogen, nicht das Gehalt, das unmittelbar vor Renteneintritt gezahlt wurde.

Das Rentenniveau, das in Deutschland als «Sicherungsniveau vor Steuern» bezeichnet wird, ist eine zentrale Kennzahl für das Rentensystem. Es eignet sich jedoch nicht zur Beurteilung individueller Rentenansprüche.

Vergleich mit anderen Staaten «meist problematisch»

Auch die Angaben zum Renteneintrittsalter sind teils falsch. In Deutschland und Italien liegt es bei 67 Jahren, in Frankreich bei 64 Jahren. Für vor 1964 bzw. vor 1968 geborene Personen gelten in Deutschland und Frankreich andere Zahlen.

Auch der Vergleich der Wohneigentumsquote ist irreführend, da diese nicht direkt mit der Rentenhöhe zusammenhängt. In Deutschland besitzen zwar laut einer Eurostat-Statistik weniger Menschen Wohneigentum als in vielen anderen europäischen Staaten. Die Prozentangaben aus der Studie weichen jedoch leicht von denen aus dem Facebook-Post ab.

Das BMAS betont auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur (dpa), dass Vergleiche mit anderen Staaten «meist problematisch» seien. Generell ist die Berechnung der Bezüge in Deutschland, Italien und Frankreich sehr komplex und von vielen Faktoren abhängig. Internationale Vergleiche sind oft ungenau und irreführend.

(Stand: 29.8.2024)

Links

Facebook-Post mit Behauptung (archiviert)

Rentenniveau (archiviert)

Infos zu Rentennivaeu in Deutschland (archiviert)

Fakten zur Rente in Deutschland (archiviert)

Renteneintrittsalter Italien (archiviert)

Renteneintrittsalter Frankreich (französisch, archiviert)

Gesetz zur Bestimmung der Rentenwerte (archiviert)

Eurostat über Eigentumsquote in EU (archiviert)

dpa-Faktencheck vom 14.05.2024 (Österreich)

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