Nicht vor dem Bundestag
Hinweisschild an der Schranke hing in Niedersachsen
8.8.2024, 11:12 (CEST)
Über Politiker wird oft und gerne gespottet. Im Netz kursiert zum Beispiel ein Bild, das eine Einfahrt des Bundestages zeigen soll. Auf einem Schild ist zu lesen: «Gefahrlose Durchfahrt nur bei senkrecht stehendem Schlagbaum möglich (Senkrecht bedeutet, wenn die Spitze oben ist)».
Darunter steht: «Diese Hinweistafel hängt an der Schranke der Tiefgarage des deutschen Bundestages.» Die Botschaft des Bildes scheint anzukommen. Ein Nutzer schreibt dazu auf Facebook: «Wir werden von Idioten regiert!». Doch hängt ein solches Schild wirklich vor der Tiefgarage des Parlaments?
Bewertung
Nein, dieses Schild hängt dort nicht. Das Bild mit dem Schild an der Schranke stammt aus Niedersachsen.
Fakten
«Die Aufnahme ist nicht an der Zufahrt zum Bundestag entstanden. Überhaupt ist dort an keinem Schlagbaum ein Schild montiert», teilte ein Sprecher des Bundestags auf Anfrage mit. Der Bundestag verfügt laut eigener Website nur über eine einzige Zufahrt zu seiner Tiefgarage, die offiziell Unterirdisches Erschließungssystem heißt. Dieses verbindet das Reichstagsgebäude, das Paul-Löbe-Haus, das Jakob-Kaiser-Haus und das Marie-Elisabeth-Lüders-Haus im Berliner Regierungsviertel.
An der Einfahrt gibt es zwar auch Schranken. In deren Hintergrund befinden sich aber keine Bäume oder andere Vegetation, die vergleichbar mit der auf dem Bild wäre. Das lässt sich auf Aufnahmen von Google Street View aus dem Jahr 2022 erkennen. Noch deutlicher ist ein Vergleich der Google-Aufnahmen mit einem größeren Ausschnitt des gleichen Bildes, der 2018 auf Facebook gepostet wurde. In diesem Posting wurde auch keine Verbindung zum Bundestag hergestellt.
Wo entstand das Foto stattdessen?
Im Netz gibt es mehrere Fotos von einem Schild an einer Schranke mit dem beschriebenen Text. Die Perspektiven und Bildausschnitte variieren, aber auf vielen Bildern lassen sich die gleichen Merkmale am Schild finden. Die Schraube rechts oben ist etwas heller und zwischen dieser und der Darunterliegenden hat die schwarze Umrandung eine kleine Unregelmäßigkeit. Auch die rote Markierung auf der Schranke ist auf den Bildern immer an der gleichen Stelle.
Die Fotos zeigen also mit hoher Wahrscheinlichkeit dasselbe Schild und sind am selben Ort entstanden. Doch welcher ist das?
Der «Spiegel» verortete das Bild in seiner Rubrik Hohlspiegel vor einigen Jahren im österreichischen Graz. Noch deutlichere Hinweise führen aber nach Niedersachsen. In einem Online-Forum findet sich ein Foto des Schildes zusammen mit der Ortsangabe Winsen an der Luhe. Und tatsächlich teilte ein Sprecher der Stadt Winsen der Deutschen Presse-Agentur auf Anfrage mit, dass das Schild bis vor einigen Jahren am Schlagbaum der Einfahrt zum Bauhof der Stadt gehangen habe.
Auf einem Foto des Bauhofs auf Google Maps ist tatsächlich eine solche Schranke zu finden, allerdings ohne das Schild. Das Foto wurde 2020 auf Google hochgeladen. Einige Details wie Straßenschilder, der Verlauf der Straßenoberfläche und die Glascontainer am Rand finden sich auch auf den verschiedenen Aufnahmen des Schildes. Es hing also an einer Schranke in Winsen an der Luhe - und nicht vor dem Bundestag.
(Stand: 8.8.2024)
Links
Beitrag mit dem Bild auf Facebook (archiviert)
Beitrag auf Facebook mit Kritik an Abgeordneten (archiviert)
Angaben zur Tiefgarageneinfahrt vom Bundestag (archiviert)
Einfahrt des Bundestages auf Google Street View und auf Mapillary (I, II) (archiviert)
Beitrag auf Facebook - Bild größer geschnitten (archiviert)
Weiteres Bild mit dem Schild auf Wikipedia (archiviert)
In der Hohlspiegel Rubrik des Spiegels (archiviert)
Bild in Verbindung mit dem Bauhof in Winsen (archiviert)
Über dpa-Faktenchecks
Dieser Faktencheck wurde im Rahmen des Facebook/Meta-Programms für unabhängige Faktenprüfung erstellt. Ausführliche Informationen zu diesem Programm finden Sie hier.
Erläuterungen von Facebook/Meta zum Umgang mit Konten, die Falschinformationen verbreiten, finden Sie hier.
Wenn Sie inhaltliche Einwände oder Anmerkungen haben, schicken Sie diese bitte mit einem Link zu dem betroffenen Facebook-Post an faktencheck@dpa.com. Nutzen Sie hierfür bitte die entsprechenden Vorlagen. Hinweise zu Einsprüchen finden Sie hier.
Schon gewusst?
Wenn Sie Zweifel an einer Nachricht, einer Behauptung, einem Bild oder einem Video haben, können Sie den dpa-Faktencheck auch per WhatsApp kontaktieren. Weitere Informationen dazu finden Sie hier.