Weder WEF noch WHO

Vogelgrippe bisher nicht als Pandemie eingestuft

3.8.2024, 12:47 (CEST)

Das Weltwirtschaftsforum soll die Vogelgrippe zur Pandemie erklärt haben - obwohl das sonst die WHO macht. Ein Blogbeitrag, der diese Behauptung verbreitet, ist aber eine Ente.

Angesichts jüngster Meldungen über Infektionen mit der Vogelgrippe wachsen Befürchtungen, das Virus könnte eine neue Pandemie auslösen. In einem Blogeintrag wird nun behauptet, das Weltwirtschaftsforum (WEF) habe die Vogelgrippe bereits zur «internationalen Pandemie» erklärt. Außerdem habe die Organisation die Regierungen der Welt aufgefordert, «mit der Schlachtung von Milliarden von Hühnern zu beginnen». Doch die angebliche Erklärung gibt es nicht.

Bewertung

Weder das Weltwirtschaftsforum (WEF) noch die zuständige Weltgesundheitsorganisation (WHO) haben eine solche Erklärung veröffentlicht. Die Geschichte ist komplett erfunden - sie stammt von einer US-Webseite, die zuvor mit Fehlinformationen aufgefallen ist.

Fakten

Das WEF hat die angebliche Erklärung nicht veröffentlicht: Zwar liefern Suchen nach dem Begriff «bird flu» auf der WEF-Webseite sowie bei Google mehrere Ergebnisse. In einer Reihe von Beiträgen beschäftigt sich die Organisation tatsächlich mit dem Virus. Allerdings erklärt das WEF in keinem dieser Artikel die Vogelgrippe zur Pandemie.

Ein Sprecher des WEF teilte auf Nachfrage der Deutschen Presse-Agentur zudem per E-Mail mit: «Die Behauptungen, das Weltwirtschaftsforum habe eine Vogelgrippe-Pandemie ausgerufen, sind völlig erfunden. Das Forum hat nie eine solche Aussage gemacht.»

Das wäre auch ungewöhnlich denn: Das Weltwirtschaftsforum (WEF) ist eine internationale Non-Profit-Organisation, die sich zum Ziel gesetzt hat, den Austausch zwischen Vertretern aus Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und der Zivilgesellschaft zu fördern. Den Für Pandemien ist dagegen die Weltgesundheitsorganisation (WHO) zuständig, deren Hauptaufgabe die Bekämpfung von Erkrankungen ist.

Auch keine Erklärung seitens der WHO

Die WHO spricht von einer Pandemie, wenn ein Krankheitsausbruch bestimmte Kriterien erfüllt und mehrere Phasen durchlaufen hat. Die Vogelgrippe wurde bisher aber nicht zur Pandemie erklärt. Ein Sprecher bestätigte dies auf dpa-Anfrage: «Die WHO hat nicht, wie auf mehreren Websites fälschlicherweise behauptet, eine internationale Pandemie aufgrund der Vogelgrippe ausgerufen.»

Ob derzeit zirkulierende Vogelgrippe-Viren trotz ihres pandemischen Potenzials zu einer künftigen Pandemie führen werden, ist nicht bekannt, schreibt die WHO. Informationen zu bestätigten akuten oder potenziell besorgniserregenden Krankheitsausbrüchen stellt die Organisation auf einer eigenen Übersichtsseite zusammen. Obwohl die WHO dort zuletzt Infizierte meldete, etwa in Mexiko und Indien, schätzt sie die aktuelle Bedrohung für Menschen als «gering» ein. Zu dieser Einschätzung kommt auch das Robert-Koch-Institut (RKI).

Die Vogelgrippe - auch Aviäre Influenza genannt - wird wie die Grippe beim Menschen durch Influenza-A-Viren hervorgerufen, allerdings durch andere Subtypen - etwa dem Typ H5N1. Derzeit grassiert die größte je dokumentierte Vogelgrippe-Welle, die sich über fast die gesamte Erde erstreckt und auch Europa betrifft.

Der Erreger befällt vor allem Vögel. Manchmal infizieren sich aber Säugetiere und in seltenen Fällen auch Menschen, zum Beispiel durch intensiven Kontakt mit infizierten Tieren. So wurden beispielsweise zuletzt mehrere Infektionen bei Mitarbeitern einer Geflügelfarm in Colorado (USA) gemeldet, die für die Keulung infizierter Hühner zuständig waren. Das Vogelgrippe-Risiko in den USA wird von der US-Gesundheitsbehörde CDC ebenfalls weiterhin als gering eingeschätzt. Gesundheitsexperten warnen indes vor der Gefahr, dass sich das Virus an den Menschen anpasst und dann auch von Mensch zu Mensch übertragen werden könnte.

Seite verbreitet immer wieder Fehlinformationen über WEF und WHO

Bei dem aktuell verbreiteten Blogbeitrag handelt es sich derweil um eine Übersetzung eines Textes von einer US-Webseite: Ursprung der Falschbehauptung ist ein Beitrag von «The People's Voice». Diese US-Webseite hieß vor der Umbenennung «Newspunch» und ist für die Verbreitung von Desinformation bekannt. Die dpa hat mehrfach von der Webseite verbreitete Falschinformationen in Faktenchecks widerlegt. Auch über die WHO und das WEF setzte die Seite zuvor falsche Behauptungen in die Welt. Kürzlich verbreitete die Seite erst Fehlinformationen über eine vermeintliche Absage weltweiter Wahlen wegen der Vogelgrippe - das war ebenfalls erfunden.

(Stand: 31.7.2024)

Links

Suche auf der WEF-Webseite (archiviert)

Google-Suche nach Begriff auf Webseite (archiviert)

Über das WEF (archiviert)

Über die WHO (archiviert)

Über die Pandemie-Phasen der WHO (archiviert)

WHO über Influenza-Viren und die Vogelgrippe (archiviert)

WHO-FAQ über Aviäre Influenza (archiviert)

WHO-Nachrichten zu Krankheitsausbrüchen (archiviert)

RKI über Vogelgrippe (archiviert)

Max-Planck-Gesellschaft über Influenza-A-Viren und Subtypen (archiviert)

dpa-Meldung vom 16. Juli 2024 über Infektionen bei Geflügelfarm-Arbeitern via «SZ» (archiviert)

CDC-Mitteilung (archiviert)

Über «The People's Voice» bzw. «Newspunch» (archiviert)

dpa-Faktencheck zu Behauptung über WHO-Sonderbeauftragte

dpa-Faktencheck zu Fehlinformation über das WEF

dpa-Faktencheck zu erfundener Absage von Wahlen

US-Originalartikel (archiviert)

Blogeintrag (archiviert)

Über dpa-Faktenchecks

Dieser Faktencheck wurde im Rahmen des Facebook/Meta-Programms für unabhängige Faktenprüfung erstellt. Ausführliche Informationen zu diesem Programm finden Sie hier.

Erläuterungen von Facebook/Meta zum Umgang mit Konten, die Falschinformationen verbreiten, finden Sie hier.

Wenn Sie inhaltliche Einwände oder Anmerkungen haben, schicken Sie diese bitte mit einem Link zu dem betroffenen Facebook-Post an faktencheck@dpa.com. Nutzen Sie hierfür bitte die entsprechenden Vorlagen. Hinweise zu Einsprüchen finden Sie hier.

Schon gewusst?

Wenn Sie Zweifel an einer Nachricht, einer Behauptung, einem Bild oder einem Video haben, können Sie den dpa-Faktencheck auch per WhatsApp kontaktieren. Weitere Informationen dazu finden Sie hier.