Fachartikel fehlinterpretiert

Fluorid ist in normalen Mengen unbedenklich

29.07.2024, 12:09 (CEST)

Schutz oder Gefahr? Die Gerüchte um Fluorid halten sich hartnäckig. Hierzulande ist die Sorge aber unbegründet.

Fluorid ist vor allem als Bestandteil von Zahnpasta und Salz bekannt. Die Substanz löst aber auch immer wieder für Diskussionen über angebliche gesundheitliche Risiken aus. Aktuell wird zum Beispiel auf Facebook wieder vermehrt die Behauptung geteilt, Fluorid sei offiziell als Neurotoxin, also Nervengift, klassifiziert worden. Stimmt das?

Bewertung

Fluorid wurde nicht als Neurotoxin eingestuft. Es gibt nach wie vor keine Hinweise darauf, dass Fluorid in der Form, in der es beispielsweise in Zahnpasta vorkommt, gesundheitsschädlich ist.

Fakten

In einem Sharepic wird eine Fachzeitschrift erwähnt. Im Februar 2014 erschien im Journal «The Lancet Neurology» tatsächlich eine wissenschaftliche Arbeit, die sich mit den gesundheitlichen Auswirkungen von unter anderem Fluorid befasste. Allerdings ging es nicht um Zahnpasta, wie das Bild suggeriert.

In «Neurobehavioural effects of developmental toxicity» (deutsch: Neurologische Verhaltensstörungen durch Entwicklungstoxizität) wurden in einer Review verschiedene ausgewählte Studien und Metastudien zusammenfasst. Das Wort «klassifizieren» kommt darin nicht vor, die Autoren thematisieren lediglich die Dokumentation der Studien, mit denen sie sich befasst haben.

Fluorid im Wasser

Darüber hinaus geht es in dem Text ausschließlich um fluoridiertes Trinkwasser. Um Karies vorzubeugen wird in manchen Ländern, beispielsweise in den USA, das Trinkwasser künstlich mit Fluorid versetzt. In anderen Gegenden ist es von Natur aus oder aufgrund industrieller Verschmutzung in hohem Maße im Grundwasser zu finden.

Eine zu hohe Fluoridkonzentration kann allerdings unerwünschte Nebenwirkungen haben, von Verfärbungen an den Zähnen bis zur Skelettfluorose (Download, S.1). Der Review zufolge wurde beispielsweise in China bei Kindern, die einer hohen Fluridkonzentration ausgesetzt waren, ein Rückgang der intellektuellen Leistungsfähigkeit beobachtet.

In Deutschland wird das Trinkwasser grundsätzlich nicht fluoridiert. Es gibt zudem gesetzlich festgelegte Grenzwerte: So darf Trinkwasser maximal 1,5 Milligram Fluorid pro Liter enthalten. Laut Bundesamt für Risikobewertung (BfR) liegt der Wert in Deutschland meist unter 0,3 Milligram pro Liter (Download, S.1).

Bei Mineralwasser ist der Grenzwert höher - ab 1,5 Milligramm pro Liter muss es aber als fluoridhaltig gekennzeichnet werden (Download, S.1). Denn beispielsweise zur Zubereitung von Babynahrung darf der Fluoridgehalt in Mineralwasser nur 0,7 Milligramm pro Liter betragen.

Die Dosis macht das Gift

Auch von Fluorid in Zahnpasta und Speisesalz geht keine Gefahr aus: Laut Bundezahnärztekammer (BZÄK) sind die darin enthaltenen Mengen so gering, dass bei normaler Verwendung keine Vergiftung möglich ist. Die Deutsche Presse-Agentur (dpa) hat sich in der Vergangenheit bereits mit Fluorid in Zahnpasta auseinandergesetzt: Hier wäre der Stoff erst beim Verzehr mehrerer Tuben schädlich.

(Stand: 26.7.2024)

Links

Sharepic (archiviert)

Google-Suche nach Facebook-Beiträgen (archiviert)

«Neurobehavioral effects of developmental toxicity» (archiviert)

Stellungnahme des BgVV zu Fluorid (archiviert)

Bundeszahnärztekammer zu Fluorid in Zahnpasta (archiviert)

Trinkwasserverordnung (TrinkwV) (archiviert)

Verordnung über natürliches Mineralwasser, Quellwasser und Tafelwasser (Mineral- und Tafelwasser-Verordnung)Anlage 4 (zu § 6a Abs. 1) (archiviert)

Bundesamt für Risikobewertung über Fluorid (archiviert)

Deutsches Ärzteblatt über fluoridiertes Trinkwasser in den USA (archiviert)

dpa-Faktencheck «Zahnpasta erst nach Verzehr mehrerer Tuben schädlich»

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