Keine Eingriff in Gesetzgebung
Geschichte über neue WHO-Vorschriften ist frei erfunden
25.6.2024, 10:38 (CEST), letztes Update: 28.6.2024, 14:42 (CEST)
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) setzt sich seit ihrem Bestehen dafür ein, die nationalen Gesundheitssysteme zu stärken. Doch nun behaupten einige, sie würde auch Einfluss auf die Strafverfolgung ihrer Mitgliedsstaaten nehmen. In einem Facebook-Post heißt es, 194 Länder, also alle WHO-Mitgliedsstaaten, hätten sich darauf geeinigt, Bürger, die sich «gegen die Vogelgrippe-Impfung aussprechen», zu verhaften. Dies sei ein Teil von Maßnahmen, mit denen «so genannte Desinformation ausgemerzt werden soll», so die Behauptung. Die Vollversammlung der WHO habe «ohne großes Aufsehen» Änderungen der Internationalen Gesundheitsvorschriften vorgenommen. Stimmt das?
Bewertung
Nein. In den kürzlich angenommenen Änderungen wird die Vogelgrippe nicht erwähnt. Außerdem hat die WHO keine Befugnis, in die Gesetzgebung ihrer Mitgliedstaaten einzugreifen, auch nicht mit den beschlossenen Änderungen.
Fakten
Die Behauptung bezieht sich auf Änderungen der Internationalen Gesundheitsvorschriften (IHR). Sie sind völkerrechtlich bindend und sollen der globalen Ausbreitung von Krankheiten vorbeugen. Die Corona-Pandemie hat jedoch Mängel offenbart und die WHO-Mitgliedstaaten veranlasst, die IHR zu überarbeiten.
In den Änderungen, die Anfang Juni bekannt gegeben wurden, wird jedoch nirgends das Vogelgrippevirus oder ein Eingriff in nationale Gesetzgebungen erwähnt. Auf dpa-Anfrage bestätigte ein WHO-Sprecher dies und bezeichnete die Behauptungen als falsch. Die Organisation stellt dies auch auf einer Informationsseite klar.
Mitgliedstaaten entscheiden selbst über ihre Gesundheitspolitik
Lawrence Gostin, Professor für internationales Gesundheitsrecht an der Georgetown University bestätigte auf dpa-Anfrage, dass die WHO nicht befugt ist, einzelnen Staaten Gesetze aufzuerlegen, auch nicht nach den neuen Änderungen der IHR. Die Nationalstaaten entscheiden selbst über ihre Gesundheitspolitik. Außerdem schränkten die Internationalen Gesundheitsvorschriften niemanden in seiner Meinungsfreiheit ein, so Gostin.
Das Vogelgrippevirus H5N1 breitet sich derzeit besonders unter Milchkühen in den USA aus. Die WHO warnt deswegen vor dem Trinken nicht-pasteurisierter Milch. Experten gehen jedoch von einer geringen Gefahr für den Menschen aus, weil sich das Virus nicht leicht auf den Menschen überträgt. Weltweit haben sich schon mehr als 900 Menschen mit dem H5N1-Virus infiziert, mehrere Hundert sind daran gestorben. Am H5N2-Virus starb Anfang Juni erstmals ein Mensch.
Der Weltgesundheitsorganisation wird immer wieder vorgeworfen, in die Souveränität einzelner Länder einzugreifen. Mehrere dpa-Faktenchecks konnten dies widerlegen.
(Stand: 24.6.2024)
Berichtigung
In einer früheren Version dieses Artikels hieß es, weltweit sei ein Mensch am H5N1-Virus gestorben. Es muss heißen, weltweit ist ein Mensch am H5N2-Virus gestorben.
Links
Internationale Gesundheitsvorschriften der WHO (archiviert)
Zusammenfassung der WHO zu Änderungen (archiviert)
Informationen des RKI zur Vogelgrippe (archiviert)
FAQ auf WHO-Website (archiviert)
Informationen der WHO zur Vogelgrippe (archiviert)
WHO-Direktor zur Vogelgrippe (archiviert)
SWR-Artikel mit Expertenstimme zum H5N1-Virus (archiviert)
Tagesschau zur Vogelgrippe und deren Ausbreitung (archiviert)
Meldung zum ersten Todesfall durch Vogelgrippe (archiviert)
dpa-Faktencheck zu WHO und Pandemieprävention
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