Blockbuster-Serie

«Squid Game» beruht nicht auf realem Arbeitslager in Südkorea

17.1.2025, 17:45 (CET)

Steckt hinter «Squid Game» eine wahre Geschichte? Im Netz wird der Bezug zu einem Arbeitslager in der südkoreanischen Militärdiktatur hergestellt. Das hat aber wenig mit der Netflix-Serie zu tun.

Die südkoreanische Serie «Squid Game», die bisher erfolgreichste Produktion des Streamingdienstes Netflix, geht in die zweite Staffel. Die Fortsetzung der blutigen ersten Staffel ist wieder in aller Munde. Manche behaupten nun, ein «Squid Game» habe es einst in der realen Welt gegeben - ebenfalls in Südkorea vor mehr als 40 Jahren. Spiele auf Leben und Tod, «von der Regierung veranlasst», heißt es.

Bewertung

Zwischen 1975 und 1987 gab es zwar tatsächlich ein Arbeitslager im autoritär regierten Südkorea, allerdings sind die Parallelen zur Serie «Squid Game» äußerst dünn. Spiele um Leben und Tod gab es damals dort nicht. Der Regisseur der Serie nennt als seine Idee: Kapitalismuskritik.

Fakten

Im Netz werden Parallelen zwischen dem Brothers' Home (deutsch: Brüderheim) und «Squid Game» gezogen. Dabei gibt es deutliche Unterschiede.

Was war das Brothers' Home?

Das Arbeitslager war während der südkoreanischen Militärdiktatur ein staatlich finanziertes Heim etwa für Obdachlose in der Hafenstadt Busan. Dort wurden in den 1970er und 1980er Jahren Bürgerinnen und Bürger gegen ihren Willen festgehalten, für Zwangsarbeit missbraucht und misshandelt. Hunderte Menschen sind zu Tode gekommen.

Die südkoreanische Truth and Reconciliation Commission (TRCK, deutsch: Wahrheits- und Versöhnungskommission) veröffentlichte 2022 ein Gutachten dass 657 Tode in dem Lager bestätigte. Mehr als 38.000 Menschen seien betroffen gewesen, heißt es weiter. Teils entführte das damalige autoritäre südkoreanische Regime Menschen aus dem öffentlichen Raum.

Verschleppt wurden demnach unter anderem Obdachlose, Kranke, Behinderte und Arme. Die damalige Regierung pries das Brothers' Home als Wohnprojekt in der schnell wachsenden Hafenstadt Busan an. Die BBC zieht hingegen einen Vergleich zu einem Konzentrationslager. Dem TRCK-Bericht zufolge wurde der Fall jahrzehntelang systematisch vertuscht.

Entscheidende Unterschiede zu «Squid Game»

Das Gutachten spricht von einem staatlich organisierten Verbrechen, bei dem Menschen unter Zwang inhaftiert wurden. Es gab keine Spiele oder ähnliches, auch kein Preisgeld. Interne Ermittlungen in Südkorea laufen noch. Ein weiteres Gutachten wird Mitte 2025 erwartet.

Die südkoreanische Netflix-Produktion «Squid Game» nach der Idee von Hwang Dong-hyuk wird hingegen von Experten als Kapitalismuskritik verstanden. Das bestätigte auch Regisseur Hwang dem «Spiegel» (kostenpflichtig): «Ich habe diese Serie geschrieben und kreiert, um das kapitalistische System zu kritisieren».

Die Behauptungen aus sozialen Netzwerken haben auch schon die lokalen Medien in Südkorea erreicht, die ebenfalls deutliche Unterschiede zwischen beiden Themen nennen.

(Stand: 17.01.2025)

Links

Asian-Pacific Journal über Brüderheim (archiviert)

RND über Gütachten der TRCK (archiviert)

BBC über Brothers' Home (archiviert)

Truth and Reconciliation Commission of Korea (archiviert)

«New York Times» über Brothers' Home, kostenpflichtig (archiviert)

Gutachten des TRCK über Brothers' Home (archiviert)

Regisseur Hwang im «Spiegel», kostenpflichtig (archiviert)

The Korean Times über Brothers' Home (archiviert)

TikTok-Post mit Falschbehauptung (archiviert)

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