Webseite nachgeahmt

«FAZ»-Bericht über gespaltenes Deutschland ist eine Fälschung

21.06.2024, 12:28 (CEST)

Eine prorussische Desinformationskampagne fälscht seit einiger Zeit Nachrichtenseiten bekannter Medien, um Fake-Artikel zu verbreiten. Nun ist eine neue Fälschung aufgetaucht.

Im Netz kursiert ein angeblicher Artikel der «Frankfurter Allgemeinen Zeitung» («FAZ»): Unter der Überschrift «Deutschland am Rande der Spaltung» soll das Blatt angeblich einen Text über die Ergebnisse der Europawahl 2024 und Unterschiede zwischen Ost- und Westdeutschland verfasst haben. Doch bei dem Artikel, der auf den 12. Juni 2024 datiert ist, handelt es sich um eine Fälschung.

Bewertung

Der Artikel stammt von einer Fake-Webseite, er wurde nicht von der «FAZ» veröffentlicht.

Fakten

Bei einem genauen Blick auf die Internetadresse (URL) des vermeintlichen «FAZ»-Artikels wird schnell klar: Der Artikel stammt nicht von der offiziellen Seite der Zeitung. Während echte «FAZ»-Webseiten mit «faz.net» beginnen, stammt der angebliche Artikel von einer nachgemachten Seite mit der Domain «faz.ltd».

Auf der echten Webseite lässt sich der angebliche Artikel mit einer Suche nach der Überschrift nicht finden. Auch ein visueller Vergleich mit «faz.net» zeigt eine Ungereimtheit: Das Layout der offiziellen Webseite stimmt nicht mit dem Layout in dem Fake-Artikel überein. Das hat einen einfachen Grund: Die «FAZ»-Webseiten haben seit April 2024 ein neues Design. In dem Fake-Artikel ist aber das alte Layout zu sehen, belegt ein Vergleich von Archivversionen.

Weitere Hinweise: Gefälschter Text enthält Schreib- und Rechenfehler

Das müssen die unbekannten Fälscher übersehen haben, die ansonsten die alte «FAZ»-Seite fast eins zu eins kopiert haben: So sind auf der Fake-Seite dieselben Rubriken wie im alten Original zu sehen, die den User oder die Userin sogar auf die offiziellen «FAZ»-Seiten weiterleiten. Auch das echte Impressum ist verlinkt - das macht es für Leser schwerer, die Fälschung als solche zu enttarnen.

In dem gefälschten Text finden sich Schreib- und Rechenfehler. Beispielweise wird der Vorname der Politikerin Sahra Wagenknecht fälschlicherweise mit «Sarah» angegeben. Zudem haben die Ampelparteien (SPD, Grüne und FDP) laut dem Text bei der Europawahl zusammen «genau 30 Prozent» erzielt. Doch die im Artikel aufgeführten Prozentwerte (13,9 / 11,9 / 5,2) ergeben zusammengerechnet 31 Prozent.

Auch die Quellenangabe des gefälschten «FAZ»-Artikels ist nicht korrekt. Die Informationen stammen nicht von der französischen Nachrichtenagentur AFP. Das stellte AFP in einem Faktencheck klar.

Fake-Seite wird prorussischer Desinformationskampagne zugerechnet

Der falsche «FAZ»-Text gehört zu einer größeren Kampagne: 2022 ergaben Recherchen von «t-online» und dem ZDF, dass mehr als 30 gefälschte Webseiten Teil einer größeren Aktion prorussischer Akteure sind, die gezielt Desinformationen in sozialen Netzwerken verbreiten. Vor allem aufgrund der Nachahmungen seriöser Medien wurde dieser Desinformationskampagne der Name «Doppelgänger» gegeben.

Einem Bericht des Auswärtigen Amts (AA) zufolge zielt die Kampagne im Wesentlichen darauf ab, «westliche Außenpolitik im Allgemeinen und besonders die Unterstützung der Ukraine zu diskreditieren». Das AA spricht in dem Zusammenhang von einer «neuen Dimension». In dem Bericht ist die Fake-«FAZ»-Webseite mit der Domain «faz.ltd» aufgeführt. Zur Verbreitung werden demnach auch zahlreiche Fake-Accounts in sozialen Medien verwendet.

Auch in einem Bericht des französischen Generalsekretariats für Verteidigung und Sicherheit von Juli 2023, der über Methoden russischer Fake-News zum Krieg in der Ukraine aufklärt, werden die gefälschten deutschen und europäischen Webseiten erwähnt. Als betroffene Länder werden dort Frankreich, Deutschland, Litauen, Lettland, Großbritannien, die Ukraine, die USA, Israel und die Vereinigten Arabischen Emirate genannt. In dem Bericht wird ebenfalls auf die Domain «faz.ltd» verwiesen.

Tatsächlich ist es nicht der erste Fake-Artikel, der von dieser Seite ausgeht: Bereits im September 2022 war eine Fälschung im Namen der «FAZ» verbreitete worden, wie ein früherer dpa-Faktencheck zeigt.

(Stand: 21.6.2024)

Links

Echte Webseite der «Frankfurter Allgemeinen Zeitung» (archiviert)

Suche auf Webseite (archiviert)

«FAZ» über neues Webseiten-Design (archiviert)

«FAZ»-Seitenlayout am 12. Juni 2024 (archiviert)

Archiv-Version der Politik-Übersichtsseite vom 1. Juni 2023

AFP-Faktencheck (archiviert)

Recherche von «t-online» (archiviert)

Recherche des ZDF (archiviert)

Bericht des Auswärtigen Amtes zur «Doppelgänger»-Kampagne (archiviert)

Bericht des französischen Generalsekretariats für Verteidigung und Sicherheit (archiviert)

dpa-Faktencheck zu früherem Fake-«FAZ»-Artikel von 2022

Fake-«FAZ»-Artikel (archiviert)

Über dpa-Faktenchecks

Dieser Faktencheck wurde im Rahmen des Facebook/Meta-Programms für unabhängige Faktenprüfung erstellt. Ausführliche Informationen zu diesem Programm finden Sie hier.

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