Falsche Zahlen

Fundament eines Windrads braucht 80 bis 200 Tonnen Stahl

19.6.2024, 18:54 (CEST), letztes Update: 21.6.2024, 09:17 (CEST)

Windkraftanlagen sind ein wesentliches Element der Energiewende in Deutschland. Sie stoßen mitunter aber auch auf Ablehnung. Manchmal bringen Kritiker dabei allerdings falsche Zahlen vor.

Windräder sind nach Darstellung von Windkraftgegner nicht wirklich umweltfreundlich. Allein für das Fundament eines Windrads würden ungefähr 1000 Kubikmeter Boden, 3500 Tonnen Stahl und 1300 Kubikmeter Beton gebraucht, behauptet ein Nutzer sozialer Netzwerke. Kann es wirklich sein, dass für eine einzige Anlage mehr als 100 Lastwagenladungen Stahl im Boden verbaut werden?

Bewertung

Diese Angaben zum Stahlbedarf für Windrad-Fundamente sind um ein Vielfaches zu hoch. Je nach Anlage und Untergrund werden für den Sockel um die 100 bis 200 Tonnen Stahl benötigt.

Fakten

Jedes Windrad braucht einen stabilen Unterbau, damit es nicht in den Boden einsinkt oder umkippt. Dieses Fundament wird bei Anlagen an Land im Wesentlichen aus Stahl und Beton hergestellt. Der Bedarf kann je nach Standort und Größe der Anlage variieren, doch wird deutlich weniger Stahl benötigt als in dem Post behauptet.

Der Windpark Greiner Eck beispielsweise gibt an, dass eine 135 Meter hohe Anlage vom Typ Enercon E-115 auf einem etwa 2000 Tonnen schweren Fundament mit einem Stahlanteil von etwa 100 Tonnen steht.

Die Behauptung, es würden 1300 Kubikmeter Beton und 3500 Tonnen Stahl für ein Fundament gebraucht, erscheint also stark übertrieben. Bei einem Gewicht von 2,5 Tonnen pro Kubikmeter Stahlbeton ergäben sich nämlich 3250 (und nicht etwa 2000) Tonnen. Der behauptete Stahlanteil liegt sogar 35-mal höher als in dem genannten Windpark.

Zum Vergleich: Für die Fahrbahndecke einer sechsspurigen Autobahn werden pro Kilometer rund 9000 Kubikmeter Beton benötigt. Mit dieser Menge könnten mehr als zehn Windkraftanlagen sicher im Boden verankert werden. Trotz des eingesetzten Zements hat Windkraft zudem eine gute Klimabilanz.

Auch Kritiker nennen niedrigere Werte

Gegner lokaler Windkraftprojekte wie die Initiative Pro Schurwald machen deutlich niedrigere Gewichtsangaben für den Stahl in den Fundamenten. Sie nennen 180 Tonnen.

Die Industrie sucht derweil nach Lösungen, um Ressourcen beim Fundamentbau zu sparen. Die Website erneuerbareenergien.de berichtete schon 2021 von einem Windpark in Thailand, bei dem 18 Prozent weniger Beton und 9 Prozent weniger Stahl als üblich eingesetzt wurden. Für die Sockel der Anlagen vom Typ Vestas 136 mit 157 Metern Nabenhöhe errechnet sich aus den Angaben ein Bedarf bei konventioneller Ausführung von 1166 Kubikmetern Beton und 122 Tonnen Stahl.

Der Bundesverband Windenergie (BWE) teilte auf dpa-Anfrage schriftlich mit, in einer durchschnittlichen Windenergieanlage mit fünf Megawatt Leistung würden insgesamt - also inklusive Turbine, Turm und Fundament - zwischen 500 und 600 Tonnen Stahl verbaut. Für die Fundamente der aktuell am häufigsten gebauten Anlagentypen gab der BWE folgende Werte an: Enercon E138 rund 582 Kubikmeter Beton und 80 Tonnen Stahl, Nordex N149 etwa 900 Kubikmeter Beton und 150 Tonnen Baustahl, Vestas V162 zwischen 800 und 850 Kubikmeter Beton und 100 Tonnen Stahl. Erdboden werde nicht für das Fundament verwendet.

Viele falsche Behauptungen über Windräder

Falschbehauptungen über Windkraftanlagen sind weit verbreitet, Gegner dieser Form der Stromgewinnung setzen immer neue Geschichten in die Welt. Entsprechend gibt es dazu inzwischen jede Menge Faktenchecks unterschiedlicher Organisationen.

(Stand: 19.6.2024)

Aktualisierung

Im vorletzten Absatz wurde die Antwort des Bundesverbands Windenergie ergänzt.

Links

Post mit Behauptung (archiviert)

Zuladung Lastwagen (archiviert)

Über Fundamente von Windkraftanlagen (archiviert)

Windpark Greiner Eck (archiviert)

Angaben zu Enercon E-115 (archiviert)

Umrechnung Gewicht/Volumen Beton (archiviert)

Angaben von Windkraftgegnern (archiviert)

Einsparung bei Fundamenten (archiviert)

Betonbedarf für Autobahnbau (archiviert)

Bundesverband Windenergie (archiviert)

dpa-Faktenchecks I, II, III, IV und V

AFP-Faktencheck (archiviert)

Correctiv-Faktencheck (archiviert)

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