Mehrere Personen beaufsichtigen am Wahltag die Wahlurnen

In Zuge der EU-Wahl kommen wieder vermehrt Videos in den Umlauf, die vermeintlich geschehenen Wahlbetrug beweisen wollen. «So funktioniert Wahlbetrug», heißt es in einem Facebook-Post. Das Video im Post zeige, «wie einfach eine deutsche Standard-Wahlurne selbst nach der Versiegelung geöffnet werden kann». Eine Person im Video sagt: «Wie bei der Wahl in Thüringen.»

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Wahlurnen sind in Deutschland immer auf mehrere Arten gesichert - vor allem, indem Wahlvorstand und Wahlhelfer sie beaufsichtigen. Das Video ist schon länger im im Umlauf und hat schon früher keinen Wahlbetrug bewiesen.

Fakten

Am Wahltag müssen mehrere Menschen gleichzeitig die Wahlurne beaufsichtigen. So werden die Stimmzettel vor Manipulation oder Missbrauch geschützt.

«Während der Wahlhandlung müssen immer mindestens drei Mitglieder des Wahlvorstandes, darunter der Wahlvorsteher und der Schriftführer oder ihre Stellvertreter, anwesend sein», teilte eine Sprecherin der Bundeswahlleiterin auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur (dpa) schriftlich mit. «Durch die durchgängige Besetzung des Wahlraumes mit Wahlvorstand und Wahlhelfern sowie der Gewährleistung der Öffentlichkeit der Wahl ist die Wahlurne vor Fremdzugriff bzw. vorzeitige Öffnung geschützt.»

Briefwahlstimmen werden bis zur Auszählung «in einer vor Zugriff geschützten amtlichen Verwahrung» gesichert. Diese zu verletzen, ist eine Straftat. Um den Schutz müssen sich die zuständigen Kreisbehörden oder Briefwahlleiter kümmern. «Zum Teil bedienen sich die zuständigen Stellen in Absprache der Unterstützung der Polizei, z.B. in Form von Objektschutz», sagte die Sprecherin.

Müssen Wahlurnen abschließbar oder versiegelt sein?

Es gibt in Deutschland verschiedene Anbieter von Wahlurnen - ein Modell wie im Video ist also keineswegs in «jedem Rathaus, jeder Behörde» zu finden, wie im Video behauptet wird. Vorgeschrieben ist in der Bundeswahlordnung nur, dass die Wahlurne einen Deckel und bestimmte Maße haben muss. Außerdem muss sie verschließbar sein.

Es gibt keine Belege dafür, dass bei der EU-Wahl eine Urne missbräuchlich geöffnet worden wäre. «Es sind keine Fälle zur Europawahl 2024 bekannt, in denen Wahlurnen unrechtmäßig geöffnet worden sein sollen», teilte die Sprecherin mit.

Das Video mit der Behauptung ist schon länger im Umlauf, die Deutsche Presse-Agentur hat es beispielsweise schon 2021 falsifiziert. Auch damals waren der Bundeswahlleitung keine Fälle von unbefugten Öffnungen der Wahlurnen bekannt.

Damals ließ der Hersteller der im Video gezeigten Wahlurne der dpa über seinen Anwalt mitteilen, diese habe stets den gelten Vorschriften entsprochen. «Dennoch hat unsere Mandantin die Monierung zum Anlass genommen, noch sicherere Urnen zu produzieren, um ein Höchstmaß an Sicherheit zu gewährleisten», teilte die Kanzlei mit. Seit dem 22. Januar 2021 werde nur noch ein neues Modell angeboten, so dass «diese unsachgemäßen Behandlungen der Urne erschwert bzw. vermieden werden».

Video bezieht sich auf Landtagswahl 2017

Der Sprecher im Video bezieht sich beim Öffnen der Urne zudem auf eine Landtagswahl: «Wie bei der Wahl in Thüringen», sagt er und zeigt dazu ein Foto, das eine Wahlurne zeigt, die vorne am Deckel mit Schloss und Siegel verschlossen ist, hinten jedoch offen. Dieses Foto kursierte bereits am Tag der Thüringen-Wahl am 27. Oktober 2019. Am Wahltag selbst sagte Thüringens Landeswahlleiter Günter Krombholz dem Portal «Thüringen24» zu dem Foto, ihm seien keine Zwischenfälle bekannt.

Unklar ist, ob das Bild überhaupt eine Urne bei einem Wahlvorgang zeigt. Weder in der Bekanntgabe des endgültigen amtlichen Wahlergebnisses, noch in Dokumenten des Thüringer Landtags ist von einem Problem mit einer geöffneten Wahlurne die Rede.

Auch einen angeblichen Vorfall mit einer geöffneten Urne im «Rathaus von Bad Krozingen» erwähnt der Sprecher im Video. Eine Frau soll dort mit zwei Brieföffnern eine verschlossene Urne aufgehebelt haben. Auf dpa-Anfrage teilte ein Dezernent der baden-württembergischen Stadt mit, dass dies während der Bundestagswahl 2017 bei der Übergabe von Wahlurnen mit Briefwahlumschlägen geschehen sei - allerdings anders, als es im Video dargestellt wird. «Keinesfalls wurde und wird in einem Wahllokal der Stadt Bad Krozingen während der eigentlichen Wahlhandlung eine Wahlurne geöffnet.»

Weil der Schlüssel einer Urne fehlte, sei diese im Beisein aller Briefwahlvorstände geöffnet worden. Die verschlossenen Briefwahlunterlagen seien dann dem Briefwahlvorstand übergeben und nach 18 Uhr ausgezählt worden. «Eine Wahlmanipulation kann vollständig ausgeschlossen werden», teilte der Dezernent mit. Der rechtliche Rahmen zur Durchführung der Briefwahl wurde eingehalten.

(Stand: 11.6.2024)