Nicht als Kinderbuch gedacht

Spanisches Satire-Buch soll über Homophobie aufklären

27.05.2024, 11:32 (CEST), letztes Update: 27.05.2024, 14:12 (CEST)

Ein satirisches Comicbuch führt in Spanien zu Aufruhr. Der Verlag hatte das Buch für Erwachsene herausgegeben - aber eine falsche Altersfreigabe löst Missverständnisse und eine Klage aus.

Soll das wirklich für Kinder sein? Eine kindlich anmutende Zeichnung in spanischer Sprache sorgt im Mai 2024 für ordentlich Wirbel in den sozialen Medien - inklusive Klage gegen einen Verlag. Das Bild ist aus einem Malbuch und hat eine skurrile Aufgabe: Auf der Zeichnung sollen gemalte Penisse entwirrt werden, um herauszufinden, welche Personen miteinander geschlafen haben. Angeblich handle es sich um ein Kinderbuch, heißt es in einem Sharepic. Doch hinter der angeblichen Altersfreigabe von 6 Jahren verbirgt sich ein Missverständnis.

Bewertung

Die Comiczeichnung stammt aus einem spanischen Comicbuch für Erwachsene, nicht für Kinder.

Fakten

Das Bild stammt aus einem spanischen Comicbuch mit dem Namen «El nino Jesus no odia a las mariquitas», zu Deutsch: «Das Christuskind hasst keine Schwulen». Dabei handelt es sich allerdings um ein satirisches Buch für Erwachsene, nicht für Kinder. Auf seiner Webseite schreibt der Verlag des Buches, der «Fandogamia» heißt: «Entdecke, wie schlimm Homophobie ist, indem du färbst und ausmalst! In diesem Aktivitätsbuch für Erwachsene werden Sie viele Spiele finden zum Lernen und dabei Spaß haben.»

Der Verlag hat das Buch also nicht für Kinder vorgesehen. Der Autor Don Julio will mit der Aufmachung des Buches auf satirische Weise das Thema Homophobie verhöhnen. Der spanischen Online-Zeitung «El Diario» sagte der Autor: «Die Texte werden von lächerlichen Bildern begleitet, um zu verdeutlichen, wie lächerlich es ist, im 21. Jahrhundert homophob zu sein.»

In einer Produktankündigung von Mitte April wird das Buch als «für Erwachsene» beschrieben. In einer Archivierung der Verlags-Webseite vom 26. April 2024 steht ebenfalls «für Erwachsene». Der Autor hatte vor diesem Buch einen Satire-Comic im gleichen Stil über Faschismus veröffentlicht.

«El Diario» und die spanische Tageszeitung «El Pais» haben über den Fall berichtet. Das Comicbuch ist im April erschienen. Mitte Mai hat die spanische «Stiftung christlicher Anwälte» Klage eingereicht und wirft dem Verlag darin Aufstachelung zu Diskriminierung und Hass sowie sexuelle Provokation vor.

Der Aufruhr um das Comicbuch nahm nach Ansicht von Verlagsleiter Pedro Medina mit einem Social-Media-Video seinen Anfang; darin hatte sich ein spanischer Buchhändler über die vermeintliche Altersfreigabe ab sechs Jahren beschwert. Doch dabei soll es sich um einen Fehler handeln: Auf Amazon war die Altersempfehlung falsch angegeben.

Verlagsleiter Medina sagte, ein kleiner Verlag wie «Fandogamia» fülle entsprechende Formulare nicht direkt aus. Er schicke nur die grundlegenden Informationen wie Autor, Preis und Seitenzahl, und überlasse den Rest den Vertreibern.

Gemeinsam mit dem Spanischen Verband der Buchhändlergilden und -vereinigungen (Cegal) will der Verlag herausfinden, wie der Fehler entstanden ist. Sie wollen untersuchen, wer im spanischen «System zur Verteilung von Buchverkaufsinformationen» die Datei zum Buch als erstes angelegt hat, «da der Ausdruck "für Erwachsene" aus der Inhaltsangabe entfernt und eine völlig falsche Altersempfehlung hinzugefügt wurde, wobei wir nicht wissen, ob es sich um eine Verwechslung oder um eine böswillige Absicht handelt», sagte Pedro Medina.

Nach einer internen Untersuchung sei immer noch unklar, welcher Händler einen Fehler bei der Online-Veröffentlichung dieser Informationen gemacht hat, so der Bericht der «El Pais».

Der Autor sagte der «El Diario» über seinen Comic: «Ich habe mich von einer Reihe von Leuten aus der Gemeinschaft beraten lassen, um sicherzustellen, dass das, was wir sagen, das Problem gut darstellt. Und es sieht so aus, als hätten wir den Nagel auf den Kopf getroffen, denn sehen Sie, was passiert ist.» Aktuell soll das Buch ausverkauft sein.

(Stand: 27.5.2024)

Links

Facebook-Post (archiviert)

Das Comicbuch auf der Verlagsseite (archiviert)(archiviert am 26. April)

Artikel von «El Pais» (archiviert)

Artikel von «El Diario» (archiviert)

Forderung der christlichen Anwälte (archiviert

Mitteilung der Stiftung (archiviert)
Produktankündigung archiviert

Anderer Comic (archiviert)

Post vom Verlagschef (archiviert)

Über dpa-Faktenchecks

Dieser Faktencheck wurde im Rahmen des Facebook/Meta-Programms für unabhängige Faktenprüfung erstellt. Ausführliche Informationen zu diesem Programm finden Sie hier.

Erläuterungen von Facebook/Meta zum Umgang mit Konten, die Falschinformationen verbreiten, finden Sie hier.

Wenn Sie inhaltliche Einwände oder Anmerkungen haben, schicken Sie diese bitte mit einem Link zu dem betroffenen Facebook-Post an faktencheck@dpa.com. Nutzen Sie hierfür bitte die entsprechenden Vorlagen. Hinweise zu Einsprüchen finden Sie hier.

Schon gewusst?

Wenn Sie Zweifel an einer Nachricht, einer Behauptung, einem Bild oder einem Video haben, können Sie den dpa-Faktencheck auch per WhatsApp kontaktieren. Weitere Informationen dazu finden Sie hier.