Falsche Behauptungen

Bundesagentur für Arbeit schlägt keinen «Alarm»

3.6.2024, 13:20 (CEST)

Um das Bürgergeld kursieren die verschiedensten Behauptungen im Netz. In einem Video heißt es diesmal, das Arbeitsamt sorge sich um hohen Anteil von Bürgergeldbeziehenden mit Migrationshintergrund.

Falsche Zitate, manipulierte Videos oder Bilder mit verkehrter Zuordnung - erfundene Behauptungen geistern in verschiedenen Formen durch die sozialen Netzwerke. Oft suggerieren sie, dass bekannte Leute und Institutionen bestimmte Aussagen getroffen haben. So auch hier: Ein Video zeigt eine Person während einer Rede, über dem Ausschnitt steht: «Bundesagentur für Arbeit schlägt Alarm. 63% der Hartz 4 Empfänger sind Migranten». Kommt diese Aussage wirklich offiziell vom Arbeitsamt? Und stimmen die anderen Angaben überhaupt? Die Realität sieht anders aus.

Bewertung

Die Behauptung in der Überschrift des Videos ist falsch. Die Bundesagentur für Arbeit (BA) schlägt nicht wie behauptet «Alarm». Das bestätigte die BA auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur. Die Angaben in der Überschrift sowie die Aussagen im Video werden aus dem Kontext gerissen.

Fakten

Die Bundesagentur für Arbeit distanziert sich von der Aussage, dass sie Alarm schlage, weil 63 Prozent der Bürgergeldbeziehenden einen Migrationshintergrund aufweisen. «Wenn ein Leistungsberechtigter die Anspruchsvoraussetzungen erfüllt, erhält er die Leistung des Bürgergeldes – gleich welche Nationalität er hat», erklärt die BA auf Anfrage.

Auch ist der Begriff Hartz IV (Arbeitslosengeld II), wie er in der Überschrift auftaucht, mittlerweile veraltet. Die 2021 gewählte Bundesregierung aus SPD, Grünen und FDP hatte Hartz IV durch das Bürgergeld ersetzt, welches zum 1. Januar 2023 offiziell eingeführt wurde.

Eine Bilder-Rückwärtssuche mit einem Screenshot des Videos führt zu diversen anderen Plattformen mit dem Video. Auch auf weiteren Social Media-Kanälen wie der Plattform X oder Threads wird der Beitrag vielfach geteilt. Ein weiterer Treffer macht geichzeitig klar, um wen es sich bei dem Sprecher im Video handelt: Nicht etwa um einen Vertreter der Bundesagentur für Arbeit, wie es sich vielleicht zunächst vermuten lässt, sondern um den ehemaligen persönlichen Referenten der AfD-Vorsitzenden Alice Weidel, Roland Hartwig.

Größere Bekanntheit erlangte der 69-jährige frühere Bundestagsabgeordnete durch das geheime Treffen in einer Potsdamer Villa im November 2023, welches dank einer entsprechenden Recherche des Medienhauses Correctiv ans Licht kam. Dies war auch der Grund dafür, dass sich Weidel von ihrem Mitarbeiter Hartwig trennte.

Bei diesen Zahlen, die medial aufgegriffen und in dem verbreiteten Video thematisiert werden, handelt es sich nicht um eine spezielle Auswertung der Bundesagentur für Arbeit, sondern um ein Produkt des Statistikservices der BA, das regelmäßig veröffentlicht wird. Die betreffenden Daten werden seit 2011 erhoben.

Zwar mag Hartwig die Behauptung im Video aus dem Kontext gerissen haben, wenn man die Fakten jedoch korrekt einordnet, entsprechen sie den Tatsachen: Von den im Dezember 2023 rund 3 930 000 erwerbsfähigen Leistungsberechtigten in Deutschland haben laut der Bundesagentur für Arbeit hochgerechnet rund 2 478 000 - oder knapp 63 Prozent - in der Tat einen Migrationshintergrund.

(Stand: 03.06.2024)

Links

Threads-Post mit der Behauptung (archiviert)

Facebook-Video mit der Behauptung (archiviert)

Facebook Beitrag mit der Behauptung (archiviert)

X-Post mit Video (archiviert)

dpa-Meldung mit Informationen zur Trennung der AfD von Weidel-Referent Hartwig, veröffentlicht von «spiegel.de», (archiviert)

Bilder-Rückwärtssuche mit Screenshot vom Video (archiviert)

Tabellenheft «Migrationshintergrund nach § 281 Abs. 4 SGB III - hochgerechnete Ergebnisse - Deutschland, Länder und Kreise (Monatszahlen)» - Blatt 3.1 und 3.2, Spalten 1 und 3

Landeszentrale für politische Bildung Baden-Württemberg über Hartz IV/Bürgergeld (archiviert)

Bundesregierung zum Thema Bürgergeld (archiviert)

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