Erinnerungsarbeit
Ukrainerinnen wegen Engagements für im Krieg Gefallene geehrt
19.4.2024, 13:30 (CEST)
Seit mehr als zwei Jahren verteidigt sich die Ukraine gegen den russischen Angriffskrieg. In dieser Zeit hat Präsident Wolodymyr Selenskyj Gesetze geändert, damit mehr Männer zum Militär eingezogen werden können. Mit Verweis auf einen unwahren X-Post wird nun aber behauptet, dass angeblich sieben ukrainische Frauen ausgezeichnet worden seien, weil sie ihre Männer zur Rekrutierung an die Behörden verpfiffen hätten.
Bewertung
Falsch. Die Stadt Losowa hat die Frauen für ihr Engagement um das Gedenken an gefallene ukrainische Soldaten ausgezeichnet.
Fakten
Ende März 2024 ehrte der Stadtrat von Losowa (in der ostukrainischen Region Charkiw) mehrere Männer und Frauen für ihren Einsatz zur Erinnerung an gefallene Soldaten aus der Stadt, wie er unter anderem auf seiner offiziellen Homepage und der Facebook-Seite bekannt gab. Die Beiträge vom 25. März enthalten mehrere Fotos der Veranstaltung, darunter auch die nun in anderem Zusammenhang verbreitete Aufnahme.
Den Angaben der Stadt zufolge wurde den sieben Frauen auf dem Foto unter anderem für die Erstellung eines Gedenkbuches und ihre Arbeit an verschiedenen Erinnerungsorten in der Stadt gedankt.
Die ukrainische Regierung wies die Behauptung zurück, das im Internet veröffentlichte Foto zeige Frauen, die ihre Männer wegen Kriegsdienstverweigerung angezeigt hätten. Auch die Faktenchecker der französischen Nachrichtenagentur AFP haben die Behauptung aus prorussischen Propagandakanälen als Falschmeldung entlarvt.
Preisträger arbeiten in Stadtverwaltung oder Schulen
Dem Artikel aus Losowa zufolge handelt es sich bei den Ausgezeichneten hauptsächlich um Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen der Stadtverwaltung sowie Lehrkräfte. Ihre Namen erscheinen auch auf den Urkunden in einigen Aufnahmen der Veranstaltung.
Demnach ist eine der Geehrten die Leiterin der Abteilung für Arbeit und Sozialschutz in Losowa. Sie wurde gemeinsam mit weiteren unter anderem für ihre «umfangreiche Arbeit an der Entwicklung des Erinnerungsbuches» geehrt.
Eine Lehrerin für ukrainische Sprache und Literatur wiederum erhielt ihre Auszeichnung für die «Vorbereitung von Materialien für das Erinnerungsbuch».
Ein lokales Medienunternehmen veröffentlichte Aufnahmen der Zeremonie am 25. März auf YouTube.
Neue Gesetze zur ukrainischen Mobilmachung
Am 2. April 2024 hat der ukrainische Präsident Selenskyj nach langem Zögern zugestimmt, dass Reservisten bereits ab einem Alter von 25 Jahren eingezogen werden können. Bislang waren es 27 Jahre.
Damit können künftig, wenn das Gesetz in Kraft tritt, Männer zwischen 25 und 60 Jahren zum Kriegsdienst eingezogen werden. Mit der Verhängung des Kriegsrechts ist Männern im wehrfähigen Alter zwischen 18 und 60 Jahren die Ausreise mit wenigen Ausnahmen verboten.
Am 11. April hat das Parlament in Kiew außerdem ein Gesetz zur verstärkten Mobilmachung verabschiedet. Hauptsächlich werden damit die Regeln zur Erfassung von Wehrfähigen verschärft. Mit Inkrafttreten sind alle Männer im wehrfähigen Alter verpflichtet, während des geltenden Kriegsrechts ihren Wehrpass bei sich zu führen. Zudem werden neue Reisedokumente im Ausland nur ausgestellt, wenn die Wehrpapiere vorliegen. Diese sind aber nur bei einer Rückkehr in die Ukraine erhältlich.
Im Kampf gegen die russische Invasion haben die ukrainischen Streitkräfte immer größere Probleme, ihre Verluste mit neuen Soldaten auszugleichen. Frauen können sich in der Ukraine freiwillig zum Wehrdienst melden.
(Stand: 19.4.2024)
Links
Facebook-Post mit Falschbehauptung (archiviert)
X-Post mit Falschbehauptung (archiviert)
Stadtrat von Losowa auf Facebook über Ehrung (archiviert)
Stadtrat von Losowa auf Homepage über Ehrung (archiviert)
Video der Zeremonie (archiviert)
AFP-Faktencheck über ukrainische Frauen auf Foto (archiviert)
Ukrainisches Zentrum gegen Desinformation über Frauen-Foto (archiviert)
Ukrainisches Gesetz zu Reservistenalter (archiviert)
Ukrainisches Gesetz zur verstärkten Mobilmachung (archiviert)
dpa-Artikel über Reservistenalter via «FAZ» (archiviert)
dpa-Artikel über verstärkte Mobilmachung via «Tagesspiegel» (archiviert)
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