Bundestagswahl
Wahlleitung bestätigt: kein Wahlbetrug in Düsseldorf
26.3.2025, 17:36 (CET)
Rund um die Bundestagswahl am 23. Februar 2025 tauchen in sozialen Medien gehäuft unbelegte Geschichten über angebliche Manipulationen auf, die Zweifel an der Sicherheit des Wahlprozesses säen sollen. Am Wahlabend wird zum Beispiel die vermeintliche Schilderung eines Wahlhelfers namens Benedikt Elser verbreitet, wonach im Wahlkreis Düsseldorf II versucht worden sei, das Ergebnis zuungunsten der AfD zu fälschen. So sollen Wahlzettel ungültig gemacht worden sein, «indem ein Kreis um bereits gesetzte Stimmen gezogen wurde». Zudem sollen 20 bis 40 Prozent der abgegebenen AfD-Stimmen, die «nicht in die offizielle Zählung einflossen», stattdessen «in Abfallsäcken» entsorgt worden sein. Die Geschichte hat viele Ungereimtheiten.
Bewertung
Den beschriebenen Fall gibt es nicht. Einen Wahlhelfer namens Benedikt Elser ist im Düsseldorfer Wahlhelfer-Verzeichnis nicht registriert. Ein Kreis um ein Kreuz macht nach Angaben der Bundeswahlleiterin eine Stimme nicht ungültig.
Fakten
«Es gab keinen Wahlhelfenden dieses Namens in Düsseldorf», schreibt ein Sprecher der Stadt auf die entsprechende Anfrage der Deutschen Presse-Agentur (dpa). Zudem habe auch der beschriebene Fall nicht stattgefunden. Zur selben Erkenntnis kommen sowohl die nordrhein-westfälische Landeswahlleiterin sowie die Bundeswahlleiterin in ihren Antworten an die dpa.
Der Sprecher der Stadt Düsseldorf erklärt, wie die Wahlvorstände zusammengestellt werden: Es gebe bis zu neun Mitglieder aus dem Kreis der Wahlberechtigten. Durch ein «Viel-Augen-Prinzip des Wahlorganes» und durch die damit verbundene gegenseitige Kontrolle bei der Ergebnisermittlung sei eine gezielte Manipulation von Wahlergebnissen grundsätzlich nicht vorstellbar.
Eine Sprecherin des NRW-Innenministeriums erklärt: «Etwaigen Beschwerden, die sich auf solche Vorwürfe beziehen, wird von Seiten der Landeswahlleiterin und der Kreiswahlleitungen unverzüglich nachgegangen - insbesondere da es sich dabei um ein strafbewehrtes Verhalten handeln kann.»
Trotz Kreis um Kreuz ist Stimme gültig
Dass Wahlzettel durch das Umkreisen von Kreuzen automatisch ungültig gemacht werden, entspricht nicht der Tatsache. Wie die Bundeswahlleiterin mitteilt, muss auf einem Stimmzettel der Wille der Wählerin oder des Wählers eindeutig zu erkennen sein. Nicht zwingend erforderlich sei, dass ein Kreuz im vorgesehenen Kreis erfolge. «In der Regel werden auch andere Symbole (zum Beispiel Punkt, Haken, Doppelkreuz und ähnliches) als zulässig erachtet.»
Erst wenn der Wählerwille nicht eindeutig zu erkennen ist oder politische Anmerkungen gemacht werden, wird der Stimmzettel ungültig. «Der Wählerwille ist durch einen Kreis um das Kreuz weiterhin erkennbar», stellt die Pressestelle der Bundeswahlleiterin gegenüber den Faktencheckern von «Correctiv» eindeutig klar.
Nachgerechnet: Säckeweise Entsorgung von Stimmzetteln unmöglich
Der Vorwurf, 20 bis 40 Prozent der abgegebenen AfD-Stimmen in dem Wahlbezirk seien in Abfallsäcken entsorgt worden und damit nicht in die offizielle Zählung eingeflossen, ist schon anhand des Ergebnisses haltlos.
Es ist nicht bekannt, in welchem Wahlbezirk-Büro sich der erfundene Benedikt Elser aufgehalten haben will. Zu Berechnung soll der Wahlbezirk mit den meisten AfD-Stimmen herangezogen werden:
Nirgendwo im Wahlkreis Düsseldorf II hat die Rechtsaußen-Partei so viele Stimmen erhalten wie im Wahlbezirk 0107 (Josef-Kleesattel-Straße 13) und dem zugehörigen Briefwahlbezirk 0190: 482 Erststimmen und 462 Zweistimmen.
Theoretisch möglich (aber praktisch ausgeschlossen) ist, dass alle diese Wahlberechtigten nur eines ihrer beiden Kreuze bei der AfD gemacht und so ihre Stimme gesplittet (also noch jeweils einer anderen Partei gegeben) haben.
Für diesen vollkommen unwahrscheinlichen Fall hieße das: Auf zusammen 944 Stimmzetteln (Wahlbezirk 0107 plus Briefwahlbezirk 0190) gäbe es ein Kreuz bei der AfD. Und wäre der Wahlbetrugs-Vorwurf aus dem Elser-Brief richtig, dann wären diese 944 Stimmzettel die 60 bis 80 verbliebenen Prozent, die gerade nicht entsorgt worden wären.
Daraus ist zu berechnen: Die Zahl der restlichen, angeblich in Abfallsäcken gesammelten Stimmzettel beliefe sich auf 236 Stück (20 Prozent) bis 629 Stück (40 Prozent). Doch dafür benötigt niemand mehrere Abfallsäcke.
Zum Vergleich: 2.500 Blatt handelsüblichen A4-Kopierpapiers passen in einen Karton von ungefähr 27 Zentimetern Höhe.
Ein Fall versuchter Wahlfälschung bereits vor Wahl vereitelt
Unabhängig davon hat es aber nach Angaben der Stadt Düsseldorf tatsächlich «einen Vorfall versuchter Wahlfälschung» gegeben. Eine Strafanzeige sei gestellt worden, erklärt der Sprecher.
Der Fall hat demnach im genannten Wahlkreis Düsseldorf II stattgefunden. Doch sei die Person rechtzeitig gestoppt und von ihrer Tätigkeit im Wahllokal ausgeschlossen worden. Das heißt: Die Person konnte das Wahlergebnis nicht verfälschen und war auch nicht bei der Auszählung dabei.
(Stand: 26.3.2025)
Links
Ergebnis der Bundestagswahl 2025 in Wahlbezirken des Wahlkreises Düsseldorf II (archiviert)
Ergebnis der Bundestagswahl 2025 im Düsseldorfer Wahlbezirk 0107 (Erststimmen archiviert, Zweitstimmen archiviert)
Ergebnis der Bundestagswahl 2025 im Düsseldorfer Briefwahlbezirk 0190 (Erststimmen archiviert, Zweitstimmen archiviert)
Bundeswahlleiterin über ungültige Stimmzettel (archiviert)
Wahlkreis 106 Düsseldorf II (archiviert)
«Correctiv»-Faktencheck über Fall aus Düsseldorf (archiviert)
Produktdetails eines Kartons mit 2.500 A4-Blatt Kopierpapier (archiviert)
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