Desinformation im Video
Jubel für Bauernproteste - Feuerwehrmann bleibt straffrei
19.2.2024, 15:44 (CET), letztes Update: 19.2.2024, 17:09 (CET)
Mitglieder der Feuerwehr werden in einem viralen Video dazu aufgerufen, sich mit den Demonstrationen der Landwirte zu solidarisieren. Der Anlass: Ein Feuerwehrmann, der bei ihren Protesten «den Bauern zuwinkte und sie lobte», müsse sich dafür angeblich dem Vorwurf des Landesverrats und der Volksverhetzung stellen. «Er wird wegen dem Zuwinken eine Strafe von bis zu vier Jahren Gefängnis bekommen», heißt es in dem Clip vom 27. Januar 2024, der bei Youtube innerhalb von rund drei Wochen mehr als 1,3 Millionen Aufrufe verzeichnet.
Bewertung
Den Fall mit dem winkenden Feuerwehrmann gibt es zwar tatsächlich. Doch eine Strafe erwartet ihn dafür nicht.
Fakten
Erst Beifall, dann La-Ola-Wellen: Im Berliner Stadtteil Wittenau hat Mitte Januar 2024 ein Feuerwehrmann vor der dortigen Feuerwache vorbeifahrenden Bauern in ihren Traktoren seine Sympathie bekundet. Das dazugehörige Video geht seinerzeit online viral.
Der Fall beschäftigt schnell auch die Leitung der Berliner Feuerwehr: «Die zuständige Fachabteilung prüft den Sachverhalt nun, um zu klären, inwieweit hier ein Verstoß gegen beamtenrechtliche Regelungen vorliegt», sagt damals ein Feuerwehr-Sprecher. Grundsätzlich seien Beamte während des Dienstes zur Neutralität verpflichtet.
Feuerwehrmann erwartet keine Strafe
In dem aktuell verbreiteten Video wird behauptet, die deutsche Regierung wolle den Feuerwehrmann wegen Landesverrats und Volksverhetzung mit bis zu vier Jahren Haft bestrafen. Doch das ist gelogen - und stand zudem nie zur Debatte.
Schon am 29. Januar stellt Berlins Innensenatorin Iris Spranger (SPD) im Innenausschuss des Abgeordnetenhauses klar: Sie wolle mit dem Feuerwehrmann das Gespräch suchen und von einer Strafe wegen eines beamtenrechtlichen Verstoßes absehen. Dass aber die Berliner Feuerwehr den Fall prüfe, sei nach Vorgabe des Disziplinarrechts ihre Pflicht, erklärt sie.
Später zeigt sich, dass der Jubel keine disziplinarischen Folgen hat. Auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur (dpa) teilt die Berliner Feuerwehr am 15. Februar wie schon zuvor mit: Nach interner Prüfung habe sich nicht bestätigt, dass eine Beamtenpflicht verletzt worden sei. «Entgegen den in den sozialen Medien kursierenden Äußerungen entstehen für Mitarbeitende der Berliner Feuerwehr aus diesem Fall keine disziplinarrechtlichen Konsequenzen», so ein Sprecher. Die Angelegenheit habe sich aus Sicht der Feuerwehr erledigt.
Schnittbilder im Clip ohne Zusammenhang
In dem Video werden Aufnahmen gezeigt, die mit dem Fall des Feuerwehrmanns nichts zu tun haben. So ist beispielsweise das Clip-Vorschaubild der ersten Folge der fünften Staffel des WDR-Formats «Feuer und Flamme» entnommen. Einmal ist an einem der Feuerwehrautos zu erkennen, dass es sich dabei um ein Fahrzeug der Landesfeuerwehrschule Baden-Württemberg handelt. Zudem wird ein Foto der Feuerwehr Herrenberg bei Stuttgart zur Bebilderung genutzt.
Die Sprcherstimme im Clip ist aller Wahrscheinlichkeit nach künstlich generiert: Die Wörter werden seltsam betont, zudem ist die Grammatik der Sätze nicht aufeinander abgestimmt.
Falschinformationen haben grundsätzlich das Potenzial, Menschen aufzuhetzen. Videos, in denen es um Angehörige gesellschaftlich wichtiger Berufsgruppen wie Feuerwehrleute, Polizisten, Bauern oder Piloten geht, lassen sich leicht für Emotionalisierungen verwenden.
Seit Wochen gehen Landwirte in Deutschland immer wieder auf die Straße, um für bessere Bedingungen in der Agrarwirtschaft zu demonstrieren. Der Streit mit der Ampel-Regierungskoalition aus SPD, Grünen und FDP unter anderem über das Aus der Diesel-Vergünstigungen für Landwirtschaftsbetriebe schwelt weiter.
(Stand: 19.02.2024)
Links
Video des winkenden Feuerwehrmanns (archiviert)
Feuerwache Wittenau auf Google Street View (archiviert)
Feuerwehr-Sprecher über Prüfung in dem Fall (archiviert)
Innensenatorin Spranger über Gespräch mit Feuerwehrmann (archiviert)
Feuerwehr-Sprecher über Absage an Disziplinarverfahren (archiviert)
WDR-Serie «Feuer und Flamme» (archiviert)
Feuerwehr Herrenberg (archiviert)
Youtube-Video mit Falschbehauptungen (Post archiviert, Video archiviert)
Über dpa-Faktenchecks
Dieser Faktencheck wurde im Rahmen des Facebook/Meta-Programms für unabhängige Faktenprüfung erstellt. Ausführliche Informationen zu diesem Programm finden Sie hier.
Erläuterungen von Facebook/Meta zum Umgang mit Konten, die Falschinformationen verbreiten, finden Sie hier.
Wenn Sie inhaltliche Einwände oder Anmerkungen haben, schicken Sie diese bitte mit einem Link zu dem betroffenen Facebook-Post an faktencheck@dpa.com. Nutzen Sie hierfür bitte die entsprechenden Vorlagen. Hinweise zu Einsprüchen finden Sie hier.
Schon gewusst?
Wenn Sie Zweifel an einer Nachricht, einer Behauptung, einem Bild oder einem Video haben, können Sie den dpa-Faktencheck auch per WhatsApp kontaktieren. Weitere Informationen dazu finden Sie hier.