Holocaust-Gedenktag
Medien berichteten nicht von 100 000 Demonstrierenden in Dresden
2.2.2024, 14:48 (CET)
Eine Gruppe von etwa Hundert Personen läuft mit einem Banner am Ufer der Elbe entlang. Mehrere Facebook-Posts deuten das als Beweis, dass eine Demonstration gegen rechts in Dresden deutlich weniger Zulauf hatte, als angeblich berichtet worden sei. «Demo gegen RECHTS. in Dresden..vermutlich.100.000. In den Medien», heißt es dort etwa (Schreibweise im Original).
Bewertung
Medien haben in Zusammenhang mit aktuellen Demonstrationen gegen rechts in Dresden nicht von 100 000 Teilnehmerinnen und Teilnehmern berichtet. Auch im Kontext des Dresdener Mahngangs zum Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus, den das Foto zeigt, war das nicht der Fall.
Fakten
Auf dem auf Facebook verbreiteten Foto ist ein schwarzes Banner mit weißer Aufschrift zu sehen. In Farbgestaltung und Abstand der Schrift zum rechten Rand gleicht es einem Banner, das in der «Sächsischen Zeitung» abgebildet ist.
Der Artikel handelt von einem Mahngang zum Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus, der am diesjährigen internationalen Holocaust-Gedenktag, am 27. Januar, in Dresden stattgefunden hat. Laut dem Medienbericht haben daran etwa 300 Menschen teilgenommen.
Dass das Foto in den Facebook-Posts diesen Mahngang zeigt, legt auch ein Bild auf der Plattform X (ehemals Twitter) nahe: Das dort am 27. Januar zusammen mit weiteren Aufnahmen hochgeladene Foto soll ebenfalls den Gedenkrundgang zeigen. Abgesehen von dem schwarzen Banner ist dort auch ein rotes Fahrzeug zu sehen, das - genau wie auf dem auf Facebook-Foto - vor der Menschengruppe fährt. Eine weitere Parallele der beiden Bilder sind das hellblaue Banner, das an der linken Seite des Autos befestigt ist, sowie die Boxen auf dessen Dach.
Veranstalter bestätigt: Foto zeigt Mahngang
Mittels Google Streetview lässt sich der genaue Ort feststellen, an dem das Facebook-Foto die Menschenmenge zeigt: am Dresdener Terrassenufer zwischen Augustus- und Carolabrücke in der Nähe der Hochschule für Bildende Künste.
An diesem Ort führte auch der Gedenkrundgang am 27. Januar lang: Vom Neumarkt sei es Richtung Synagoge und dann am Terrassenufer entlang Richtung Augustusbrücke gegangen. So beschrieb das Bündnis gegen Antisemitismus in Dresden und Ostsachsen der Deutschen Presse-Agentur den ersten Teil des Mahngangs. Es hatte sich mit einer Rede an der Gedenkveranstaltung beteiligt.
Dazu aufgerufen hatte der Ostra-Verein. Dieser bestätigte der Deutschen Presse-Agentur, dass es sich bei dem Facebook-Foto um eine Aufnahme des diesjährigen Mahngangs handelt.
Sachsen umfasst mehr als seine Landeshauptstadt
Ging es in Redebeiträge auf der Veranstaltung laut «Sächsischer Zeitung» auch um die aktuelle Entwicklung der AfD, so war ihr Anlass doch das Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus. Eine knappe Woche zuvor, am 21. Januar, fanden in zahlreichen Städten Sachsens allerdings Demonstrationen gegen rechts statt.
Verschiedene Medien - darunter MDR und «Sächsische Zeitung» - berichteten daraufhin, in Sachsen hätten mehr als 100 000 Menschen gegen rechts demonstriert. Dass so viele allein in Dresden auf die Straße gingen, war aber in keinem der Artikel zu lesen.
(Stand: 2.2.2024)
Links
«Sächsische Zeitung» über Mahngang (archiviert)
«Sächsische Zeitung» - Ankündigung Mahngang
Google Street View - Aufnahmen von 2022 (archiviert)
MDR-Bericht über Demonstrationen gegen rechts
«Sächsische Zeitung» über Demonstration gegen rechts
Veranstaltungen zum Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus
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