Video-Manipulation

Ricarda Lang und Markus Lanz sprachen nicht über Pommes

2.2.2024, 14:05 (CET)

Mit Künstlicher Intelligenz können Tonspuren und Videos bearbeitet werden, bis hin zur kompletten Fälschung. Ein neuer Fall: Die Grünen-Politikerin Ricarda Lang und Sätze, die sie nie gesagt hat.

Es ist nur ein kurzer Dialog, doch er wirkt absurd: Ein Video auf Tiktok zeigt die Vorsitzende von Bündnis 90/Die Grünen, Ricarda Lang, in der ZDF-Talkshow «Markus Lanz». Offenbar fragt Lanz angesichts der Bauernproteste: «Was wäre denn, wenn die Bauern uns jetzt keine Kartoffeln mehr liefern?» Lang antwortet: «Das wäre mir ehrlich gesagt egal, da ich eh nur Pommes esse.» - Lanz: «Frau Lang, leben Sie hinter dem Mond?» - Lang: «Nein, aktuell in Berlin.» Ist dieses Gespräch echt?

Bewertung

Das Video wurde manipuliert. In der Sendung von «Markus Lanz» findet sich dieser Wortwechsel nicht. Die Stimmen und Lippenbewegungen wurden verändert - mutmaßlich mit KI-Werkzeugen. Eine entsprechende Kennzeichnung auf Tiktok fehlt bei dem Video jedoch.

Fakten

Das Video scheint auf den ersten Blick aus der ZDF-Talkshow «Markus Lanz» vom 16. Januar 2024 zu stammen. Die Grünen-Politikerin Ricarda Lang und Moderator Markus Lanz tragen dieselbe Kleidung wie in der Sendung, die in voller Länge in der ZDF-Mediathek abrufbar ist. Auch die Anordnung ihrer Sessel und ihre Blickrichtungen sind auf Tiktok und in der Mediathek identisch.

Doch in der gesamten Sendung fallen an keiner Stelle die Sätze, die auf Tiktok kursieren. Aber das Bildmaterial wurde tatsächlich verwendet, um eine Fälschung zu produzieren. Man erkennt das daran, dass die Gesten von Lanz und Lang sich sowohl auf Tiktok als auch in der kompletten Sendung wiederfinden. Nur der Ton und die Lippenbewegungen unterscheiden sich an diesen Stellen. Eine solche Manipulationstechnik, bei der Originalmaterial verfremdet wird, findet sich im Netz immer häufiger, wie Beispiele mit weiteren Politikern zeigen.

Bestimmte Werkzeuge können mit Künstlicher Intelligenz (KI) Stimmen imitieren. Dazu muss lediglich eine echte Tonspur eingegeben werden sowie ein Satz, den man einer Person in den Mund legen möchte. Diese Aussagen werden dann mit der vermeintlich echten Stimme vorgetragen. In einem zweiten Schritt muss nur noch die im Video zu sehende echte Lippenbewegung an den neuen Ton angepasst werden.

Manipulierte Szenen lassen sich an der Gestik erkennen

Das Video auf Tiktok besteht aus vier einzelnen Kameraeinstellungen, bei denen das offenbar geschehen ist: Lanz' Geste, bei der er zunächst die Fäuste ballt und dann mit den Händen nach links und rechts wischt, ist nach rund 26 Minuten und 20 Sekunden zu sehen. Im Original spricht er jedoch nicht über Bauern, sondern fragt: «Sie als Chefin der Grünen würden sagen, »Wir als Grüne haben bei dem Thema Migration nichts falsch gemacht«?»

Langs Geste, bei der sie die rechte Hand zunächst aufrichtet und dann quer hält, findet sich rund 20 Sekunden später in der Sendung. Man erkennt das am identischen Kamera-Zoom auf Tiktok und in der Mediathek. Für das Tiktok-Video wurde also geschnitten: Einige Sekunden aus dem Original fehlen zwischen beiden Einstellungen. In der echten «Markus Lanz»-Sendung spricht auch Lang an der Stelle über Migration sowie über politische Kommunikation - nicht über Pommes.

Die beiden weiteren Einstellungen finden sich an anderen Stellen in der Sendung (Minuten 26:10 und 25:10). Die Frage «Leben Sie hinter dem Mond» und Langs vermeintliche Antwort «Berlin» fallen dort nicht.

Dass es sich um manipulierte Bilder handelt, wird offenbar nicht durchgehend erkannt, wie ein Blick in die Kommentare zeigt. Im Video oben links sind die Buchstaben «AI» eingeblendet, englisch für KI. Bei einem weiteren Upload sind sie jedoch nicht zu sehen. Das Tiktok-Label für KI-generierte Inhalte wird bei keinem der Beiträge verwendet.

(Stand: 2.2.2024)

Links

«Markus Lanz» vom 16. Januar 2024 in der ZDF-Mediathek (archiviert; Video archiviert)

dpa-Faktencheck über Habeck-Fake (22.12.2023)

«Der Standard» über Stimmenimitation mit KI (archiviert)

Tiktok über Kennzeichnung von KI-Inhalten (archiviert)

Video auf Tiktok (archiviert; Video archiviert)

Weiterer Upload (archiviert; Video archiviert)

Über dpa-Faktenchecks

Dieser Faktencheck wurde im Rahmen des Facebook/Meta-Programms für unabhängige Faktenprüfung erstellt. Ausführliche Informationen zu diesem Programm finden Sie hier.

Erläuterungen von Facebook/Meta zum Umgang mit Konten, die Falschinformationen verbreiten, finden Sie hier.

Wenn Sie inhaltliche Einwände oder Anmerkungen haben, schicken Sie diese bitte mit einem Link zu dem betroffenen Facebook-Post an faktencheck@dpa.com. Nutzen Sie hierfür bitte die entsprechenden Vorlagen. Hinweise zu Einsprüchen finden Sie hier.

Schon gewusst?

Wenn Sie Zweifel an einer Nachricht, einer Behauptung, einem Bild oder einem Video haben, können Sie den dpa-Faktencheck auch per WhatsApp kontaktieren. Weitere Informationen dazu finden Sie hier.