Nach Tötungsdelikt

Unbelegte Gerüchte über Tatverdächtigen von St. Leon-Rot

6.2.2024, 08:10 (CET)

In Baden-Württemberg ist eine Schülerin bei einem Messerangriff getötet worden. Der Fall wühlt auch im Netz viele Menschen auf, doch einige verbreiten Falschinformationen über den mutmaßlichen Täter.

In St. Leon-Rot in Baden-Württemberg soll ein 18-Jähriger eine Gleichaltrige in einer Schule mit einem Messer getötet haben. Die Tat hat vor Ort und auch in den sozialen Netzwerken für Bestürzung gesorgt. Doch im Netz werden auch Gerüchte und Spekulationen über die Tat und den Verdächtigen verbreitet. So heißt es zum Beispiel, er habe Migrationshintergrund oder sei Migrant. In anderen Beiträgen wird behauptet, sein Vorname sei «Yusuf».

Bewertung

Dafür gibt es keinerlei Belege. Die Polizei hat keine Angaben gemacht, die diese Behauptungen stützen würden.

Fakten

Am 25. Januar ist an einer Schule in St. Leon-Rot bei Heidelberg eine 18-Jährige mit einem Messer angegriffen und getötet worden. Die Polizei nahm einige Stunden später in Seesen in Niedersachsen einen Mitschüler fest, der die junge Frau getötet haben soll. Nach den Polizeiangaben waren beide im vergangenen Jahr liiert. Der Verdächtige soll bereits zuvor gewalttätig gegen das spätere Opfer geworden sein.

Die Polizei hat zu dem Tötungsdelikt mehrere Pressemitteilungen veröffentlicht. Der Tatverdächtige ist demnach deutscher Staatsangehöriger, Angaben zu einem Migrationshintergrund gibt es nicht. Für entsprechende Behauptungen in den sozialen Netzwerken gibt es also keinerlei Belege oder eine Bestätigung durch die Ermittler.

In den sozialen Netzwerken kursieren dennoch genau solche Behauptungen, etwa über einen «muslimen Migrationshintergrund» (Schreibweise im Original) oder einen «Migranten mit deutschem Pass». In anderen Beiträgen werden Codes aus dem rechten und rechtsextremen Bereich verwendet, zum Beispiel «importiertes Goldstück» oder «Fachkraft». Es handelt sich um sarkastische und abwertende Umschreibungen für Migranten oder Geflüchtete.

Zum Teil verlinken Nutzerinnen und Nutzer in den Beiträgen auch auf Medienberichte über die Tat (hier, hier und hier). Aber in diesen gibt es, wie in den Mitteilungen der Polizei, ebenfalls keine Hinweise auf einen Migrationshintergrund.

In einigen Beiträgen ist zudem vom angeblichen Vornamen «Yusuf» die Rede. Gegenüber der Deutschen Presse-Agentur teilte ein Sprecher des Mannheimer Polizeipräsidiums jedoch mit, dass der Tatverdächtige nicht so heiße.

(Stand: 1.2.2024)

Links

dpa-Bericht über die Tat (archiviert)

Pressemitteilungen der Polizei:

Nr. 1 (archiviert)

Nr. 2 (archiviert)

Nr. 3 (archiviert)

Nr. 4 (archiviert)

Nr. 5 (archiviert)

Nr. 6 (archiviert)

Nr. 7 (archiviert)

Verlinkter SWR-Bericht (archiviert)

Verlinkter «Bild»-Bericht (archiviert)

Verlinkter «Welt»-Bericht (archiviert)

Beitrag auf Facebook (archiviert)

Weiterer Beitrag (archiviert)

RND über Landgerichts-Entscheidung zu «Goldstücke» (archiviert)

Über dpa-Faktenchecks

Dieser Faktencheck wurde im Rahmen des Facebook/Meta-Programms für unabhängige Faktenprüfung erstellt. Ausführliche Informationen zu diesem Programm finden Sie hier.

Erläuterungen von Facebook/Meta zum Umgang mit Konten, die Falschinformationen verbreiten, finden Sie hier.

Wenn Sie inhaltliche Einwände oder Anmerkungen haben, schicken Sie diese bitte mit einem Link zu dem betroffenen Facebook-Post an faktencheck@dpa.com. Nutzen Sie hierfür bitte die entsprechenden Vorlagen. Hinweise zu Einsprüchen finden Sie hier.

Schon gewusst?

Wenn Sie Zweifel an einer Nachricht, einer Behauptung, einem Bild oder einem Video haben, können Sie den dpa-Faktencheck auch per WhatsApp kontaktieren. Weitere Informationen dazu finden Sie hier.