Veralteter Ländervergleich
Grafik zeigt Agrardiesel-Steuern aus dem Jahr 2009
17.1.2024, 10:51 (CET)
Die Proteste der Landwirte richten sich vor allem gegen die schrittweise geplante Abschaffung der Steuerbegünstigung auf Agrardiesel. In sozialen Medien kursieren unterschiedlichste Informationen über diese Erstattung für Bauern. Auf einem Sharepic ist etwa zu lesen: «EU-Nachbarstaaten machen Agrardiesel günstiger - Deutschland teurer.» Dazu ist eine Grafik mit acht Ländern zu sehen, in der etwa Deutschland 40 Cent Steuern pro Liter Agrardiesel zugeordnet werden, den Niederlanden 7,7 Cent, Österreich 9,8 Cent und Frankreich 0,7 Cent.
Bewertung
Irreführend. Die Angaben sind etwa 15 Jahre alt. Sie stimmen nicht mehr mit den heutigen Steuersätzen überein. Richtig ist allerdings, dass Deutschland bei den Steuern auf Agrardiesel im oberen Drittel der EU-Länder liegt.
Fakten
Ganz klein unten rechts ist auf dem Sharepic als Quellenangabe zu lesen: «Situationsbericht 2009». Ursprünglich ist die Grafik in einer Broschüre des Deutschen Bauernverbands zu finden, die mit Stand März 2009 erschien. Damals forderte der Branchenverein, einen Nachteil Deutschlands bei den Agrardiesel-Steuern zu beenden. Die Zahlen sind also etwa 15 Jahre alt.
Ein Blick auf verschiedene Vergleiche aktueller Zahlen zeigt, dass die Situation sich geändert hat. Besonders eindrücklich ist das in den Niederlanden sichtbar: In der veralteten Grafik wird die Steuer auf Agrardiesel dort mit 7,7 Cent pro Liter angegeben. Mittlerweile ist sie jedoch viel höher - höher als in Deutschland. Die Portale «Bayerisches Landwirtschaftliches Wochenblatt» und «Landwirt Media» nennen etwa 51,6 Cent pro Liter.
Dies stimmt auch mit den Angaben auf einer Übersichtsseite der EU für Steuern in den Mitgliedsstaaten überein. Ausgewertet wurden nur zentrale Vorgaben für Dieselsteuern für landwirtschaftlichen Betrieben - etwa Artikel 15 Absatz 3 der EU-Direktive zur Besteuerung von Energieerzeugnissen. Denn die Länder können die EU-Vorgaben etwas unterschiedlich interpretieren und eigene Rückerstattungen oder Subventionen für Agrardiesel auf anderem Wege umsetzen - in Österreich passiert das etwa über die CO2-Steuer.
Für Frankreich wird in der alten Grafik 0,7 Cent Steuern pro Liter Agrardiesel angegeben. Tatsächlich sind es heute etwa 18,2 Cent laut den Portalen «Wochenblatt» und «Landwirt Media».
Deutschland soll laut der Grafik durchschnittlich 40 Cent pro Liter Agrardiesel Steuern verlangen. Tatsächlich lagen die Steuern im Jahr 2023 - inklusive der Steuerbegünstigung - bei etwa 25,6 Cent pro Liter. Mit der geplanten Reduzierung der Steuerbegünstigung lägen sie 2024 etwa bei 34,1 Cent pro Liter, errechnete das «Wochenblatt». Die Koalition will die Steuerbegünstigung beim Agrardiesel in mehreren Schritten bis 2026 abbauen. Im Jahr 2026 lägen sie dann ohne Begünstigung bei 47 Cent pro Liter.
Österreich, wo 2009 noch 9,8 Cent Steuern fällig wurden, setzt heute laut dem Portal «Agrarheute» 39,7 Cent an. Das Portal «Landwirt Media» gibt hingegen eine Agrardiesel-Steuer von 32,7 Cent an - denn hier ist eine Rückzahlung der CO2-Steuer einberechnet, die Landwirte in Österreich erhalten.
In Deutschland müssen Bundestag und Bundesrat dem Bundeshaushalt 2024 sowie den geplanten Kürzungen beim Agrardiesel noch zustimmen. Angesichts der Proteste von Landwirten deutschlandweit ist es noch nicht absehbar, ob die schrittweise geplante Abschaffung der Steuerbegünstigung tatsächlich so beschlossen wird - oder sich noch Änderungen ergeben.
(Stand: 16.1.2024)
Links
Alte Broschüre des Deutschen Bauernverbands (archiviert)
Nachrichtenportal «Landwirt Media» über Steuern auf Agrardiesel in der EU (archiviert)
Nachrichtenportal «Bayerisches Landwirtschaftliches Wochenblatt» über Steuern auf Agrardiesel in der EU (archiviert)
EU-Direktive zur Besteuerung von Energieerzeugnissen (archiviert)
Portal «Agrarheute» über CO2-Steuer in Österreich (archiviert)
EU-Informationen zu Energiesteuern in Frankreich (archiviert)
EU-Informationen zu Energiesteuern in den Niederlanden (archiviert)
EU-Informationen zu Energiesteuern in Deutschland (archiviert)
EU-Informationen zu Energiesteuern in Österreich(archiviert)
Bundesregierung zur schrittweise geplanten Abschaffung der Begünstigung von Agrardiesel (archiviert)
Facebook-Beitrag mit der Behauptung (archiviert; Grafik archiviert)
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