«Politische Vorgaben»

Hamburger Verkehrskameras zeigen wegen Ukraine-Krieg keine Bilder

11.1.2024, 14:46 (CET)

User sehen in einem Hinweis auf einem Verkehrsportal den Beleg für eine Verschwörung. Es geht um den Bauernprotest und aktuelle Verkehrsbilder. Was es damit auf sich hat, zeigt ein Faktencheck.

Bürgerinnen und Bürger können sich online über die Verkehrssituation in Hamburg informieren. Auf ihrer Webseite veröffentlicht die Stadtverwaltung normalerweise auch aktuelle Bilder von Verkehrskameras. Doch aktuell sehen Interessierte dort nur diesen Hinweis: «Aufgrund von technischen Umstellungen und politischen Vorgaben stehen die Kamerabilder aktuell nicht zur Verfügung. Wann wieder Kamerabilder zur Verfügung stehen werden, ist noch nicht absehbar.»

«Politische Vorgaben»? In sozialen Netzwerken wittern User eine Verschwörung und behaupten, die Bilder seien aufgrund des bundesweiten Bauernprotestes vom 8. Januar abgeschaltet worden. So solle verhindert werden, dass andere Personen die Aktionen mitverfolgen können. Das deutet auch der Moderator in einem Video des österreichischen Online-TV-Senders «Auf 1» mit Verweis auf Hamburg an. Ist das wirklich der Hintergrund der Abschaltung?

Bewertung

Falsch und irreführend: Hamburg veröffentlicht aktuell keine Bilder der Verkehrskameras aufgrund von Sicherheitsbedenken im Zuge des Ukraine-Krieges. Im März 2022 hatte das Bundesverkehrsministerium zudem mitgeteilt, dass die Kameras der Autobahn GmbH des Bundes derzeit für die Öffentlichkeit nicht zur Verfügung stehen.

Fakten

Die Karte mit dem Hinweis, der in mehreren Posts als Screenshot verbreitet wird, stammt von einem Portal der Stadt Hamburg. Die Deutsche Presse-Agentur hat bei der Stadtverwaltung nachgefragt, was mit den «politischen Vorgaben» konkret gemeint ist.

Ludger Kühnhenrich, zuständig für das Datenmanagement in der Hamburger Behörde für Verkehr und Mobilitätswende, erklärte: Die Kameras seien wegen Sicherheitsbedenken im Zuge des Überfalls von Russland auf die Ukraine bereits Anfang März 2022 abgeschaltet worden, damit beispielsweise mögliche Truppenbewegungen des Militärs nicht weltweit übertragen werden. «Die Abschaltung des Livestreams hat somit deutlich vor den Protesten der Bauern stattgefunden und ist vollkommen unabhängig davon erfolgt», teilte Kühnhenrich mit.

Auch andere Portale - wie das des Bayrischen Verkehrsministeriums - verweisen auf einen eingeschränkten Service aufgrund der «aktuellen Entwicklungen in Europa». In Bayern lassen sich mehrere Bilder von Bundes- und Kreisstraßen nach wie vor abrufen.

Keine Live-Bilder von deutschen Autobahnen

Vor dem Hintergrund des russischen Angriffskriegs in der Ukraine werden derzeit auch keine Live-Bilder deutscher Autobahnen mehr im Internet veröffentlicht. Bereits im März 2022 berichtete die Zeitung «Hamburger Morgenpost» auf Grundlage einer dpa-Meldung darüber. Das Bundesverkehrsministerium hatte damals auf Anfrage mitgeteilt, dass die Verkehrskameras der Autobahn GmbH des Bundes «aufgrund der aktuellen sicherheitspolitischen Entwicklungen in Europa» derzeit nicht zur Verfügung stehen. Ein Sprecher der Autobahn GmbH des Bundes bestätigte am 10. Januar, dass sich daran nichts geändert habe.

Mit den bundesweiten Protesten von Landwirtinnen und Landwirten hat der Hinweis im Hamburger Portal also nichts zu tun. Die Aktionen der Landwirte richten sich gegen geplante Subventionskürzungen der Bundesregierung. Schrittweise abgeschafft werden soll danach die Steuerbegünstigung auf Agrardiesel. Dass die Ampelkoalition einen Teil ihrer Kürzungspläne zurückgenommen hat, reicht dem Bundesbauernverband nicht aus.

(Stand: 11.1.2023)

Links

Portal mit Verkehrskameras in Hamburg (archiviert)

Übersichtsseite Verkehrsinformationen auf «hamburg.de» (archiviert)

Verkehrsportal Bayern (archiviert)

Bericht der «Hamburger Morgenpost» vom 15. März 2022 (archiviert)

dpa-Meldung vom 13. März 2022 (archiviert)

Facebook-Post (archiviert)

Facebook-Video (archiviert / archiviertes Video)

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