Deutsche Konzerne dementieren
Alte und falsche Zahlen über Entlassungen
18.12.2023, 15:45 (CET)
Tausende Menschen verlieren ihren Job bei wichtigen Großunternehmen - aber Deutschland beklagt einen Fachkräftemangel? Das wird in verschiedenen Beiträgen und einem Sharepic in den sozialen Netzwerken aktuell behauptet. Darin werden Zahlen für die Telekom, Siemens, Opel, Volkswagen und die Deutsche Bank gezeigt, zusammen rund 60 000 angebliche Entlassungen. Gibt es diese tatsächlich?
Bewertung
Es gibt keinerlei Hinweise, dass die genannten Unternehmen tatsächlich so viele Menschen entlassen. Entweder sind die Zahlen veraltet, haben nichts mit einem Stellenabbau zu tun oder sind mutmaßlich gleich gänzlich erfunden.
Fakten
Für die Zahl von 15 000 Entlassungen bei der Deutschen Telekom gibt es keine Belege. Im Jahr 2016 gab es Medienberichte über Umstrukturierungen, von denen 15 000 Mitarbeiter betroffen seien. Demnach handelte es sich aber nicht um Stellenstreichungen oder Entlassungen. Im Oktober 2023 berichteten Medien tatsächlich über Sparpläne und einen Stellenabbau bei der Telekom. Den Berichten zufolge geht es um rund 2000 Stellen.
Siemens hat rund 7000 Stellen gestrichen - allerdings schon im Jahr 2017. Medienberichten zufolge war die Hälfte dieser Stellen in Deutschland angesiedelt. Die Zahl 7000 findet sich auch in einer Meldung aus dem Jahr 2021. Darin geht es allerdings nicht um einen Stellenabbau, sondern um die Ausgliederung des Geschäfts mit großen Antrieben. In Deutschland waren davon demnach rund 2000 Stellen betroffen.
Zu Opel findet sich die Zahl 4000 in Meldungen aus dem Jahr 2018. Der Betriebsrat des Autobauers äußerte sich damals zu einem Personalabbau und schätzte, dass bis zum Jahr 2020 über 4000 Beschäftigte das Unternehmen verlassen würden. Es ging dabei um Regelungen wie Abfindungen und Vorruhestand. Um eine aktuelle Zahl handelt es sich nicht. 2022 meldete die «Wirtschaftswoche», dass der Stellenabbau bei Opel weitergehe. Auch dabei ging es jedoch um sogenannte Freiwilligenprogramme, also zum Beispiel Abfindungen.
Über einen Abbau von 30 000 Stellen bei Volkswagen gab es in der Vergangenheit Gerüchte, über einen tatsächlichen solchen Plan ist jedoch nichts bekannt. Die Zahl wurde vom Konzern im Oktober 2021 dementiert. Die IG Metall teilte im Mai 2023 mit, dass es bei VW bis 2029 eine Beschäftigungssicherung gebe. Hintergrund der Gerüchte sind Sparziele des Konzerns. Auf Anfrage schreibt eine VW-Sprecherin im Dezember 2023: «Ein pauschales Abbauziel der Mitarbeiteranzahl gibt es bei Volkswagen nicht.»
Die Deutsche Bank hat im Jahr 2018 mitgeteilt, dass sie 7000 Stellen abbauen wolle, allerdings weltweit, nicht allein in Deutschland. Laut der Nachrichtenagentur AFP wollte der Vorstandsvorsitzende Christian Sewing «auf betriebsbedingte Kündigungen möglichst verzichten».
Faktenchecker von «Correctiv» haben das Sharepic über die angeblichen Entlassungen bereits Ende 2022 geprüft und damals ebenfalls festgestellt, dass viele der Zahlen aus älteren Medienberichten stammen, aber fälschlich als aktuelle Entlassungen umgedeutet wurden. Die genannten Unternehmen dementierten auf «Correctiv»-Anfrage, dass sie 2022 in dem behaupteten Umfang Stellen abgebaut hätten.
Im Dezember 2023 teilten Sprecherinnen und Sprecher von Telekom, Siemens, Opel, Volkswagen und Deutscher Bank auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur mit, dass die behaupteten Zahlen weiterhin «falsch» oder «frei erfunden» seien.
(Stand: 18.12.2023)
Links
«Wirtschaftswoche» über Umstrukturierungen bei der Telekom (23.9.2016) (archiviert)
«Tagesschau.de» über Stellenabbau bei der Telekom (7.10.2023) (archiviert)
«Süddeutsche Zeitung» über Stellenstreichungen bei Siemens (16.11.2017) (archiviert)
«Handelsblatt» über Ausgliederung bei Siemens (18.10.2021) (archiviert)
dpa-Meldung zu Opel via «Zeit online» (20.4.2018) (archiviert)
«Wirtschaftswoche» zu Opel (9.9.2022) (archiviert)
«Handelsblatt» über möglichen Stellenabbau bei VW (13.10.2021) (archiviert)
IG Metall zur Beschäftigungssicherung bei VW (24.5. 2023) (archiviert)
AFP-Meldung zur Deutschen Bank via «Stern» (24.5.2018) (archiviert)
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