Aussage verkürzt

Josep Borell forderte Ende der Bombardierungen

8.12.2023, 16:21 (CET)

Missverständnis vorprogrammiert: Wenn aus einer Pressekonferenz nur ein Satz zitiert wird - und der dann auch noch ohne Kontext.

Während die Situation für die Zivilbevölkerung in Gaza immer dramatischer wird, soll der EU-Außenbeauftragte den Sinn humanitärer Hilfe angezweifelt haben, ist in den sozialen Netzwerken zu lesen. So hat Josep Borrell, Hoher Vertreter der EU für Außen- und Sicherheitspolitik, angeblich auf einer Pressekonferenz in Barcelona gesagt: «Es ergibt keinen Sinn, humanitäre Hilfe für diejenigen zu schicken, die morgen getötet werden.» Die sei eine «blutrünstige Erklärung» und Borrell ein «militaristischer Mörder», heißt es weiter. Stimmt das?

Bewertung

Der Aussage fehlt der Zusammenhang. Borrell wies darauf hin, dass humanitäre Hilfe zwar wichtig sei, darüber hinaus aber auch die Bombardierungen aufhören müssten.

Fakten

Eine Internetsuche nach besagter Pressekonferenz in Barcelona
führt zu einem Treffen der Union für den Mittelmeerraum (UfM) Ende November 2023. Dort sprach Josep Borrell über den aktuellen Konflikt zwischen Israel und Gaza, die Opfer der Bombardierungen sowie die Lage für die Zivilbevölkerung.

Ziel müsse sein, den kurz zuvor beschlossenen Waffenstillstand zu verlängern, um mehr Tote zu vermeiden und eine langfristige Lösung finden zu können. Dann ging der EU-Außenbeauftragte auf die humanitäre Situation der Bevölkerung in Gaza ein. Dabei verwies er explizit darauf, dass diese nicht für die Taten der Hamas bezahlen dürfe und Israel sich an das humanitäre Völkerrecht zu halten habe.

Borrells Standpunkt zu Hilfslieferungen

Um das Leiden der Zivilbevölkerung zu mindern, müsse die humanitäre Hilfe aufgestockt werden, führte Borrell dann weiter aus. Im Anschluss fiel der Satz, der ihm nun zum Vorwurf gemacht wird. Er sagte aber mehr als das: So erklärte er, dass es keinen Sinn ergebe, jemandem Essen zu schicken, der am Tag danach getötet würde. Die Bombardierungen müssten aufhören, mehr Tote vermieden werden. Humanitäre Hilfe sei notwendig, aber nicht genug.

Der EU-Außenbeauftragte setzte sich also für mehr Hilfslieferungen ein und bezweifelte nicht deren Sinn. Darüber hinaus forderte er eine Verlängerung des Waffenstillstands und eine langfristige friedliche Lösung. Dazu gehöre auch, dass die Hamas nicht weiter die Kontrolle über den Gazastreifen ausüben dürfe. Zudem müsse aber verhindert werden, dass die palästinensische Bevölkerung durch Israel vertrieben wird.

Auch als UN-Generalsekretär António Guterres Anfang Dezember 2023 den Weltsicherheitsrat dazu aufforderte, sich für einen humanitären Waffenstillstand einzusetzen, schloss sich Borrell dem Aufruf an. Der Sicherheitsrat müsse unverzüglich handeln, um einen vollständigen Kollaps der humanitären Situation in Gaza zu verhindern, schrieb er auf X (vormals Twitter).

(Stand: 7.12.2023)

Links

Facebook-Post (archiviert)

Google-Suche (archiviert)

Pressekonferenz auf dem UfM-Treffen (archiviert)

«Süddeutsche Zeitung»-Artikel zu Guterres' Forderung (archiviert)

X-Beitrag von Josep Borrell (archiviert)

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