Rapsöl spielt keine Rolle

Alterung der Bevölkerung sorgt für Zunahme von Herzproblemen

30.11.2023, 16:13 (CET)

Bevölkerungsdezimierung ist ein altes Narrativ, das sich immer wieder verbreitet. Dieses Mal soll das Mittel der Wahl Rapsöl sein. Warum das nicht stimmt.

Rapsöl enthält Erucasäure - eine Omega-9-Fettsäure, die in hohen Mengen Schäden am Herzmuskel auslösen kann. Der Gehalt von Erucasäure in Rapsöl ist aber seit Jahrzehnten auf eine ungefährliche Dosis beschränkt. Trotzdem verbreiten sich gerade Posts mit Ausschnitten aus einem Blogbeitrag im Netz, in dem über massenhafte Herzerkrankungen durch Erucasäure spekuliert wird.

Bewertung

Es gibt keinen Beleg dafür, dass Rapsöl für einen Anstieg von Herzerkrankungen verantwortlich ist. Der Erucasäure-Gehalt in Rapsöl ist bei einem normalen Verbrauch unbedenklich.

Fakten

Raps enthält in seiner natürlichen Form etwa 40 Prozent Erucasäure. Bei den meisten Rapssorten, die zur Herstellung von Lebensmitteln genutzt werden, liegt er hingegen bei unter 0,5 Prozent, in Rapsöl ist daher nur sehr wenig enthalten.

Erucasäure ist in größeren Mengen tatsächlich gesundheitsschädlich. Sie kann zu Herzverfettung und damit einer Schwächung des Herzmuskels führen, dieser Prozess wurde in Tierversuchen beobachtet. Dieser Effekt ist aber reversibel, wie das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) schreibt. Es gibt jedoch keine Evidenz dafür, dass Erucasäure aus Rapsöl für einen Anstieg von Herzproblemen verantwortlich wäre.

Herzprobleme nehmen zu

Die Deutsche Gesellschaft für Kardiologie beobachtet tatsächlich einen Anstieg von Herzproblemen. In der Zeit von 2000 bis 2019 stieg die Zahl der in deutschen Krankenhäusern wegen Herzinsuffizienz behandelten Patienten um 40 Prozent, allein von 2018 auf 2019 um 4,8 Prozent.

Aber obwohl die Zahl der Krankenhausaufnahmen wegen Herzinsuffizienz deutlich zunahm, fiel die Sterblichkeit im Jahr 2019 auf den niedrigsten Wert seit 2011. «Dies liegt unserer Ansicht nach an neu verfügbaren Therapieoptionen und der besseren Etablierung leitliniengerechter Therapien», sagt Professor Stephan Baldus, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie.

Auch Herzrhythmusstörungen nehmen zu: Zwischen 1995 und 2015 nahm die Zahl von Patienten, die wegen Rhythmusstörungen des Herzens stationär ins Krankenhaus aufgenommen werden mussten, um 98,6 Prozent zu. Aber der Grund dafür ist mitnichten Erucasäure. «Die Ursache des deutlichen Anstiegs muss unter anderem in der verbesserten Diagnostik und in den verbesserten Möglichkeiten zur medikamentösen und instrumentellen Therapie von Patienten mit Herzrhythmusstörungen gesucht werden, aber auch in der weiter fortschreitenden Alterung der Bevölkerung, nehmen diese Erkrankungen doch exponentiell mit dem Alter zu», sagt Baldus. Seit 2015 verlangsamte sich der Anstieg allerdings deutlich.

Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) empfiehlt sogar den Konsum von Rapsöl, da es viele gesunde Fettsäuren und Vitamin-E enthält. Zudem ist es besonders nachhaltig, weil Raps in Deutschland angebaut werden kann.

Ab welcher Menge ist Erucasäure gefährlich?

Wir gehen in der Modellrechnung von einem Erwachsenen mit 70 kg Körpergewicht aus. Nach der EFSA (European Food Authority) liegt die tolerierbare tägliche Aufnahmemenge (Tolerable Daily Intake; TDI) für Erucasäure bei 7 Milligramm pro Kilogramm Körpergewicht - bei 70 kg also 490 Milligramm.

Wenn man davon ausgeht, dass das Rapsöl einen Erucasäure-Anteil von zwei Prozent hat, liegt die tolerierbare tägliche Aufnahmemenge bei schätzungsweise 24,5 Millilitern Öl, was etwa 2,5 Esslöffel Öl entspricht, rechnet das Bundesinstitut für Risikobewertung auf Anfrage der dpa vor.

Handelsübliches Rapsöl hat mit weniger als 0,5 Prozent aber einen deutlich niedrigeren Erucasäure-Anteil. Damit liegt die täglich tolerierbare Aufnahmemenge für einen 70 kg schweren Menschen bei rund 98 Millilitern pro Tag. Wer also innerhalb von zehn Tagen einen Liter dieses Öls verzehrt, erreicht den Grenzwert.

(Stand: 30.11.2023)

Links

Blogbeitrag (archiviert)

Erucasäure (archiviert)

Rapsöl (archiviert)

Download Link: Deutsche Gesellschaft für Kardiologie: Herzbericht (archiviert)

Professor Stephan Baldus (archiviert)

Download Link: BfR Erucasäure (archiviert)

Download Link:EFSA Grenzwerte Erucasäure (archiviert)

Deutsche Gesellschaft für Ernährung über Rapsöl (archiviert)

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