Falsche Ortsangabe
Video aus israelischem Hubschrauber zeigt nicht das Festivalgelände
23.11.2023, 17:42 (CET), letztes Update: 23.11.2023, 18:38 (CET)
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Mit einem angeblichen Beweisvideo versuchen einige Nutzerinnen und Nutzer der sozialen Netzwerke, den Terrorangriff der islamistischen Hamas auf Israel am 7. Oktober umzudeuten. Aus einem Helikopter der israelischen Armee soll gefilmt worden sein, wie dieser israelische Zivilisten beschießt. Israel habe zugegeben, dass ein «Apache-Hubschrauber auf seine eigenen Zivilisten geschossen» habe. Diese seien auf der Flucht vom Supernova-Musikfestival gewesen. Bei dem Festival wurden am 7. Oktober Hunderte Menschen ermordet.
Bewertung
Das Video zeigt keine Kämpfe bei dem Musikfestival, sondern wurde mehrere Kilometer entfernt an der Grenze zum Gazastreifen aufgenommen. Zu sehen sind mutmaßlich Hamas-Terroristen, die in den Gazastreifen zurückkehren. Die israelischen Streitkräfte haben das Video selbst veröffentlicht, und zwar bereits am 9. Oktober.
Fakten
Das Video stammt aus einem längeren Zusammenschnitt, der am 9. Oktober auf einem Account des israelischen Militärs auf der Plattform X veröffentlicht wurde. Darin sind aus der Vogelperspektive Luftangriffe auf verschiedene Orte im Gazastreifen zu sehen. Am Ende des Videos findet sich auch die kurze Sequenz, die seither online kursiert. Sie stammt offenbar aus einem Kampfhubschrauber und zeigt, wie auf freien, unbebauten Flächen Menschen und Fahrzeuge beschossen werden. Das Video besteht aus mehreren kurzen Einzelsequenzen.
Zwei davon lassen sich über einen Abgleich mit Satellitenbildern eindeutig verorten. Sie wurden in einem Gebiet nur wenige Meter um den Grenzzaun zwischen Israel und dem Gazastreifen aufgenommen, und zwar auf beiden Seiten des Zauns. Hamas-Terroristen hatten am 7. Oktober den Zaun an mehreren Stellen zerstört und waren so nach Israel vorgedrungen.
Israels Militär war von dem Angriff überrascht worden. Hubschrauber wurden Medienberichten zufolge erst Stunden später eingesetzt. Möglicherweise zeigt das Video also in den Gazastreifen zurückkehrende Angreifer.
Video entstand zehn Kilometer vom Festivalgelände entfernt
Der Aufnahmeort rund um eine in den Grenzzaun geschlagene Lücke ist ungefähr zehn Kilometer vom Ort des von der Hamas überfallenen Musikfestivals entfernt. Dass Festivalbesucher bis an diesen Ort geflüchtet sein könnten, ist schon aufgrund der Entfernung höchst unwahrscheinlich. Videos vom Festival zeigen zudem, dass die Besucher eher in die vom Gazastreifen abgewandte östliche Richtung flohen. Viel plausibler ist, dass im Video der Rückzug von Angreifern aus viel näher liegenden israelischen Kibbuzen zu sehen ist.
Dennoch geht aus dem Video nicht eindeutig hervor, wer die Menschen sind, die aus dem Hubschrauber beschossen werden. Möglich ist, dass sich darunter Geiseln befunden haben. Die Hamas hat am 7. Oktober fast 240 Menschen aus Israel in den Gazastreifen verschleppt.
Israelische Medien haben seitdem unter Berufung auf das Militär sowie einzelne Soldaten berichtet, dass es am Tag der Anschläge Probleme gegeben habe, zwischen Angreifern, israelischen Sicherheitskräften und Zivilisten zu unterscheiden. Die Zeitung «Haaretz» berichtete am 18. November unter Berufung auf eine anonyme Quelle in der israelischen Polizei, dass ein Kampfhubschrauber am Ort des Festivals «anscheinend auch einige Besucher getroffen» habe. Wie viele solcher Fälle es am 7. Oktober gegeben hat, ist nicht bekannt. Die Zeitung «Jediot Achronot» schrieb am 15. Oktober, die Luftwaffe gehe davon aus, dass es ohne ihr Eingreifen noch viel mehr Tote gegeben hätte.
Bei den Anschlägen der Hamas starben israelischen Angaben zufolge rund 1200 Menschen, der Großteil von ihnen Zivilisten. Allein bei dem Musikfestival wurden 364 Menschen getötet. Schon kurz danach kursierten in den sozialen Netzwerken Falschbehauptungen über Videos, die vermeintlich zeigen sollten, wie Besucher durch Schüsse von israelischen Sicherheitskräften getötet wurden.
(Stand: 23.11.2023)
Links
Video des israelischen Militärs via X (9.10.2023) (archiviert; Video archiviert)
Geolokalisierung durch «GeoConfirmed» (10.11.2023) (archiviert)
Bericht von «Jediot Achronot» (15.10.2023, Hebräisch) (archiviert)
Aufnahmeort auf Google Maps (archiviert)
Ort des Festivals auf Google Maps (archiviert)
Videos und Geolokalisierungen vom Festival (9.10.2023) (archiviert)
Bericht von «Haaretz» (18.11.2023, Englisch, Bezahlinhalt) (archiviert)
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