Falscher «Pallywood»-Vorwurf

Video zeigt Filmdreh im Libanon, keine Szene aus Gaza

20.11.2023, 15:57 (CET)

Der Gaza-Krieg kostet viele Menschenleben. Immer wieder wird den Palästinensern dabei vorgeworfen, das Leid von Kindern vorzutäuschen. Von einem Video aus dem Libanon lässt sich das aber nicht sagen.

Bilder von Kriegsschauplätzen in Gaza gehen aktuell um die Welt. Zugleich werden Vorwürfe laut, dass manche Bilder gar nicht echt seien und dass die Palästinenser in Gaza ihr Leid inszenieren würden. Diese Vorwürfe werden oft unter dem Begriff «Pallywood», einer Wortzusammensetzung aus «Palästina» und «Hollywood» zusammengefasst. Es kursieren Bilder und Videos im Netz, die das belegen sollen, zum Beispiel von Kindern, deren Verletzungen angeblich nur geschminkt worden sind. So auch dieses Video, das als Beweis für die Inszenierung in Gaza dienen soll. Doch es stammt aus einem ganz anderen Kontext.

Bewertung

Das Video ist kein Beleg für eine Inszenierung. Die Aufnahmen entstanden bei Dreharbeiten für einen libanesischen Kurzfilm, der sich mit der Situation in Gaza beschäftigt.

Fakten

In dem Video ist ein Mädchen zu sehen, dem blutige Verletzungen geschminkt werden. Es folgen Szenen von Menschen, die Palästinafahnen schwenken. Am Ende sieht man das Mädchen auf einer Krankentrage sitzen, wo es abgeschminkt wird. Man sieht auch immer wieder einen Mann, der scheinbar Anweisungen gibt.

Der Mann im Video ist tatsächlich Regisseur und das Video zeigt Dreharbeiten zu seinem Kurzfilm «The Reality». Es handelt sich um einen libanesischen Film, der sich mit der Situation der Menschen in Gaza befasst. Sowohl der Regisseur, Mahmoud Ramzi, als auch die Kinderschauspielerin, Rami Jardali, haben Richtigstellungen zu den falschen Behauptungen, die über sie und den Kurzfilm aufgestellt wurden, auf Instagram gepostet.

Die Deutsche Presse-Agentur (dpa) kontaktierte Ramzi über Instagram und er bestätigte, dass der Film in der libanesischen Stadt Sidon (Saida) gedreht wurde. Er erklärte, er habe den Film in der Tat gemacht, um «einen Einblick in den Schmerz zu geben, den die Menschen in Gaza ertragen müssen». Ramzi bekräftigte, dass der Film «nicht gemacht wurde, um die Menschen in die Irre zu führen oder die Wahrheit zu fälschen, denn was in Gaza passiert, braucht keine Fälschung, diese Bilder sind überall in den Medien».

Zudem finden sich bei einer Google Rückwärtssuche keine Treffer, bei denen behauptet würde, dass das Video echte Szenen aus Gaza zeige. Man kommt entweder auf Promomaterial zu dem Kurzfilm oder zu Posts, die das Video mit «Pallywood» verknüpfen.

«Pallywood»-Behauptungen werden immer wieder verbreitet

Seit dem erneuten Kriegsausbruch in Gaza haben derartige Behauptungen Konjunktur. So wurde zum Beispiel behauptet, dass Hamas-Terroristinnen sich als trauernde Mütter verkleidet hätte, was jedoch in einem Faktencheck widerlegt wurde. Ebenfalls als falsch erwies sich die Behauptung, ein Hamas-Terrorist habe sich auf einem Krankenbett mit amputiertem Bein inszeniert. Ebenso wie ein Video von sich bewegenden Leichensäcken, das sich als Aufnahme einer Bestattungsübung in Malaysia entpuppte.

(Stand: 20.11.2023)

Links

Facebook Post mit Falschbehauptung (archiviert)

Video (archiviert)

Mahmoud Ramzi IMDb (archiviert)

Instagram Post Mahmoud Ramzi (archiviert)

Instagram Post Rami Jardali (archiviert)

Sidon (archiviert)

Google Rückwärtssuche (archiviert)

Faktencheck I, II, III

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