Rede in Sondershausen

Mann fälschlicherweise als Wittenberger Pfarrer identifiziert

16.11.2023, 13:07 (CET)

Ein Mann steht vor einer Gruppe Menschen und hält eine populistische Rede gegen die Migrationspolitik der Bundesregierung – ein Video auf Social Media zeigt seinen Auftritt. Fälschlicherweise denken danach viele, der Mann sei ein Pfarrer.

Die Migrationspolitik der Bundesregierung ist ein Thema, das häufig in den sozialen Netzwerken angesprochen wird. Derzeit macht ein Clip die Runde, in dem ein Mann die Bundesregierung angreift und behauptet, sie «flute» Deutschland mit Migranten. Dazu heißt es, er sei «Pfarrer» und wird der «Lutherstadt Wittenberg» zugeordnet (archiviert hier; Video hier). Aber spricht hier ein Vertreter der evangelischen Kirche, obwohl die auf ihrer eigenen Website Christinnen und Christen aufruft, «Geflüchteten beizustehen»? Und hat der Clip wirklich etwas mit der Stadt Wittenberg zu tun? 

Bewertung

Das ist falsch. Weder ist der Mann Pfarrer der evangelischen Kirche, noch steht er in Wittenberg. Der Redner trat bei einer Montagsdemonstration in Sondershausen auf. Er wies bei einem späteren Auftritt selbst darauf hin, dass er kein Pfarrer sei. 

Fakten

Sowohl der Evangelische Kirchenkreis Wittenberg als auch die Evangelische Kirche in Mitteldeutschland betonen in einem offiziellen Statement, dass der Mann kein Pfarrer in Wittenberg ist und distanzieren sich vom Inhalt der Rede: «Die Person, die im Video die Rede hält, hat keinerlei Ähnlichkeit mit Wittenberger Pfarrern – weder mit Kollegen der Schloss- oder Stadtkirchengemeinde noch mit Geschwistern der katholischen Gemeinde oder der Freikirchen oder verschiedenen Werken, die in Wittenberg ansässig sind.» Ein Abgleich mit den Bildern der Pfarrer auf der Website bestätigt, dass der Mann dort nicht als Priester geführt wird.

In dem Video ist ein Mann zu sehen, der vor einer grauen Hauswand mit Fenstern steht und zu einer Menschenmenge zu sprechen scheint. In einigen Kommentaren im Netz wird darauf verwiesen, dass es sich bei der Rede um einen Auftritt in Sondershausen handelt. Diese Annahme ließ sich mithilfe von Google Street View überprüfen. Dabei lassen sich Hinweise darauf finden, dass der Mann auf dem Marktplatz in Sondershausen vor der Alten Wache stand, als er die Rede gehalten hat.

Aufschluss darüber geben die Struktur der Wand und der Aufbau der Fenster. Diese sind im Video gut zu erkennen und stimmen mit den Aufnahmen bei Google Street View überein. In den Fenstern spiegelt sich ein weiteres Gebäude, das in Sondershausen direkt gegenüber der Alten Wache steht.

Dafür spricht auch, dass der Mann regelmäßig als Redner auf der Facebookseite «Sondershausen geht spazieren» gezeigt wird. Gemäß der Facebookseite starten entsprechende Protest-Veranstaltungen jeden Montag auf dem Marktplatz der Stadt. Dabei dürfte auch das vielfach geteilte Video entstanden sein. Auch auf der Seite selbst wird an unterschiedlichen Stellen und einmal durch den Redner selbst betont (hier und hier), dass er kein Pfarrer ist.

(Stand: 15.11.2023)

Links

Facebook-Post (archiviert Post und Video)

EKD zu Flucht und Integration (archiviert)

Statement Kirchenkreis Wittenberg (archiviert)

Statement Evangelische Kirche in Mitteldeutschland (archiviert)

Pfarrer EKM (archiviert)

Google Streetview

Facebook-Seite von «Sonderhausen geht spazieren» (archiviert)

Facebook Statement auf «Sonderhausen geht spazieren» 1 (archivierter Post und Video)

Facebook Statement auf «Sonderhausen geht spazieren» 2 (archivierter Post und Video)

Über dpa-Faktenchecks

Dieser Faktencheck wurde im Rahmen des Facebook/Meta-Programms für unabhängige Faktenprüfung erstellt. Ausführliche Informationen zu diesem Programm finden Sie hier.

Erläuterungen von Facebook/Meta zum Umgang mit Konten, die Falschinformationen verbreiten, finden Sie hier.

Wenn Sie inhaltliche Einwände oder Anmerkungen haben, schicken Sie diese bitte mit einem Link zu dem betroffenen Facebook-Post an faktencheck@dpa.com. Nutzen Sie hierfür bitte die entsprechenden Vorlagen. Hinweise zu Einsprüchen finden Sie hier.

Schon gewusst?

Wenn Sie Zweifel an einer Nachricht, einer Behauptung, einem Bild oder einem Video haben, können Sie den dpa-Faktencheck auch per WhatsApp kontaktieren. Weitere Informationen dazu finden Sie hier.