Fähre brachte Migranten von spanischer Nachbarinsel nach Teneriffa

Auf einem rechtsextremen Blog und in den sozialen Netzwerken ist ein Video veröffentlicht worden, das mutmaßlich Migranten bei der Ankunft in einem Hafen auf der Kanareninsel Teneriffa zeigt. Es soll den Angaben zufolge vom 11. Oktober stammen und eine «Fährverbindung Afrika - Europa» zeigen. Stimmt das und ist hier also wirklich eine Fähre zu sehen, mit der Menschen aus Afrika angereist sind?

Bewertung

Die Fähre fuhr nicht zwischen Afrika und Teneriffa, sondern kam von Teneriffas spanischer Nachbarinsel El Hierro. Dort sind zuletzt so viele Migranten mit Booten angekommen, dass die Aufnahmeeinrichtungen überlastet wurden. Behörden und Hilfsorganisationen brachten die Menschen deshalb auf das größere Teneriffa.

Fakten

Der Hafen im Video gehört zu der Stadt Los Cristianos im Süden von Teneriffa. Man kann die Rampe zur Fähre, die angrenzenden Autospuren und weitere Details auf Satellitenbildern bei Google Maps und auf Fotos von diesem Ort wiedererkennen. Aus Los Cristianos gibt es Fährverbindungen unter anderem der Reederei Armas auf Teneriffas westliche und südliche Nachbarinseln La Palma, La Gomera und El Hierro.

Die Armas-Fähre im Video ist die «Volcan de Tirajana». Das lässt sich an Details am Heck des Schiffs erkennen. Es verkehrt üblicherweise zwischen Teneriffa und El Hierro. Positionsdaten auf der Website «Vesselfinder» zeigen, dass das Schiff in den vergangenen 30 Tagen ausschließlich zwischen diesen beiden Inseln fuhr. Auch bei der Ankunft in Teneriffa am 11. Oktober kam die «Volcan de Tirajana» demnach aus El Hierro. Sie legte gegen 16.30 Uhr Ortszeit in Los Cristianos an. Das passt zum Stand der Sonne, der im Video anhand der Schatten zu erkennen ist.

Die Fähre brachte also keine Menschen vom afrikanischen Festland nach Teneriffa, sondern von El Hierro.

Gefährliche Fahrt mit Fischerbooten

Auf El Hierro und an weiteren Orten auf den Kanaren sind zuletzt viele Migranten mit Booten angekommen. Der spanische Rundfunk RTVE schrieb in einem Artikel am 11. Oktober, dass innerhalb einer Woche mehr als 2300 Migranten El Hierro erreicht hätten, das nur rund 11 000 Einwohner hat. Dem Bericht zufolge nutzen die Menschen für die Überfahrt aus Afrika einfache Fischerboote, im Spanischen Cayucos genannt.

Es ist auch die Rede davon, dass die Menschen dann mit Fähren von El Hierro nach Teneriffa gebracht werden. Ein lokales Medium aus Teneriffa beschrieb am 13. Oktober ebenfalls eine solche Praxis der spanischen Behörden.

Einige Tage zuvor, am 7. Oktober, hat die Nachrichtenagentur Europa Press Fotos veröffentlicht, auf denen Migranten auf El Hierro eine Fähre nach Teneriffa besteigen. Auch bei diesem Schiff handelt es sich um die «Volcan de Tirajana».

Mehr Migration aus Westafrika auf die Kanaren

Teneriffa ist deutlich größer als El Hierro und bietet mehr Möglichkeiten, die Migranten unterzubringen. Üblicherweise werden die Menschen nach einer Registrierung aber auch von dort weiter auf das spanische Festland gebracht. Nach Angaben des UN-Flüchtlingshilfswerks UNHCR ist die Zahl der Ankommenden auf den Kanaren und in anderen Teilen Spaniens zuletzt stark gestiegen.

Nach Informationen der spanischen Hilfsorganisation Caminando Fronteras (Grenzgänger) starben in den ersten sechs Monaten des Jahres mindestens 951 Migranten bei dem Versuch, Spanien auf dem Seeweg zu erreichen. Der größte Teil der Todesopfer (778) wurde demnach auf der Route von Westafrika über den Atlantik zu den Kanaren registriert. Sie gilt als gefährlicher als die Route von Nordafrika über das Mittelmeer.

(Stand: 24.10.2023)