Keine Flüchtlinge nach Europa
Video zeigt Massenabschiebung von Migranten nach Ägypten
20.10.2023, 17:09 (CEST), letztes Update: 23.10.2023, 10:42 (CEST)
Aus den Staaten Nordafrikas begeben sich immer wieder Menschen auf die gefährliche Reise nach Europa. Schleuser bringen Flüchtlinge auf teils kaum seetüchtigen Booten über das Mittelmeer. Im Herbst 2023 kommt in sozialen Medien sogar der Vorwurf auf, dies geschehe unter den Augen der örtlichen Polizei. Dazu verbreitet sich in sozialen Medien Videos (hier und hier), die Geflüchtete unter anderem in einem Innenhof zeigen. Angeblich sollen sie sich darauf vorbereiten, «Europa zu erobern» oder «in Italien und Europa einzumarschieren».
Bewertung
Falsch. Die Aufnahmen zeigen Flüchtlinge, die Anfang Juni 2023 von Libyen nach Ägypten abgeschoben werden sollten - und keine Schleuseraktivitäten.
Fakten
In den kursierenden Posts sind teilweise verschiedene Videos zusammengeschnitten. In den einen ist ein Innenhof voller Menschen zu sehen, in anderen ein überfüllter Lastwagen und eine Reihe von Menschen.
Clips zeigen Sicherheitsgebäude in Musaid
Videos aus einem Innenhof sind seit Monaten im Netz zu finden. In einem Clip, der am 1. Juni 2023 bereits auf Tiktok veröffentlicht wurde und einen größeren Bildausschnitt zeigt, sind sogar noch weitere Einzelheiten zu erkennen - etwa eine Beschriftung über dem Eingang des Gebäudes und der untere Teil eines Mastes oder einer Antenne. Beide Hinweise sind auch in anderen vergleichbaren Videos wiederzufinden, etwa in diesem.
Die Faktenprüfer von France 24 haben herausgefunden, dass sich der Hof in Musaid befindet, einer Stadt kurz vor der libyschen Grenze zu Ägypten. Demnach handelt es sich bei dem Gebäude mit der Aufschrift um eine lokale Sicherheitseinrichtung. Diese ist über Satellitenaufnahmen auf Google Maps zu erkennen: Von oben zu sehen sind der Gebäudekomplex und der Mast im Innenhof.
Überfüllte Lastwagen ebenfalls nahe Musaid
Der Clip mit den überfüllten Lastwagen wurde nach France-24-Angaben ebenfalls in oder um Musaid gedreht. Andere Quellen (wie eine türkische Nachrichtenseite) bestätigen, dass die überfüllten Lastwagen an der libyschen Grenze zu Ägypten gefilmt wurden.
Die «Libyan News Observatory» veröffentlichte auf X (vormals Twitter) ähnliche Bilder von überladenen Lastwagen Anfang Juni 2023. Demnach zeigen die Bilder libysche Militär- und Sicherheitskräfte, die im Grenzgebiet bei Emsaed illegale Einwanderer nach Ägypten abschieben.
Aufnahmen zeigen großangelegte Abschiebung im Juni
Anfang Juni 2023 berichteten internationale Nachrichtenagenturen wie Reuters und AP über die Abschiebungen, die um den 1. Juni 2023 an der Grenze nahe Musaid stattfanden. Tausende Migranten wurden nach Angaben der Deutschen Welle in einer großangelegten Aktion zusammengetrieben und mussten den Grenzübergang Emsaed nach Ägypten zu Fuß überqueren. Die Rückführung soll ein Versuch der libyschen Regierung sein, den Menschenschmuggel zu bekämpfen.
(Stand: 20.10.2023)
Links
Video auf Tiktok (Post archiviert, Video archiviert)
«Migrant Rescue Watch» auf X zu Massenabschiebung (archiviert)
Reuters über libysche Abschiebungen nach Ägypten (archiviert)
AP über libysche Abschiebungen nach Ägypten (archiviert)
France-24-Faktencheck (archiviert)
Grenzübergang auf Google Maps (archiviert)
Türkischer Nachrichtenartikel (archiviert)
Deutsche-Welle-Artikel zum Thema auf Arabisch (archiviert)
«Libya News Observatory» auf X (archiviert, Video archiviert)
Musaid auf Google Maps (archiviert)
Sicherheitsgebäude auf Google Maps (archiviert)
Über dpa-Faktenchecks
Dieser Faktencheck wurde im Rahmen des Facebook/Meta-Programms für unabhängige Faktenprüfung erstellt. Ausführliche Informationen zu diesem Programm finden Sie hier.
Erläuterungen von Facebook/Meta zum Umgang mit Konten, die Falschinformationen verbreiten, finden Sie hier.
Wenn Sie inhaltliche Einwände oder Anmerkungen haben, schicken Sie diese bitte mit einem Link zu dem betroffenen Facebook-Post an faktencheck@dpa.com. Nutzen Sie hierfür bitte die entsprechenden Vorlagen. Hinweise zu Einsprüchen finden Sie hier.
Schon gewusst?
Wenn Sie Zweifel an einer Nachricht, einer Behauptung, einem Bild oder einem Video haben, können Sie den dpa-Faktencheck auch per WhatsApp kontaktieren. Weitere Informationen dazu finden Sie hier.