Infektion ist gefährlich
Masern-Schutzimpfung wirkt nachweislich gegen Erkrankungen
3.10.2023, 10:40 (CEST)
Nur gegen Masern geimpfte Kinder dürfen den Kindergarten und die Schule besuchen. Gegner lehnen das jedoch ab und verbreiten im Netz verschiedene Behauptungen über die Masern-Schutzimpfung. Zum Beispiel kursiert eine Grafik, in der behauptet wird, dass die Impfung gegen Masern unnütz und unwirksam sei und ein unkalkulierbares Impfrisiko mit sich bringe. Stimmt das?
Bewertung
Die Behauptung ist falsch. Die Masern-Schutzimpfung gehört mit 98 bis 99 Prozent Schutz vor einer Masern-Infektion zu den wirksamsten Impfungen überhaupt. Bei einer Impfquote von über 95 Prozent kann man die Masern ausrotten. Die Masern-Schutzimpfung ist Fachleuten zufolge daher sehr nützlich. Mögliche Komplikationen, die bei einer Masernimpfung auftreten können, werden öffentlich einsehbar dokumentiert. Sie sind daher kalkulierbar.
Fakten
Die Masernimpfung ist wirksam. Laut Gesundheitsministerium schützt die Masernimpfung nach zweimaliger Verabreichung zu 98 bis 99 Prozent vor einer Maserninfektion: «Damit gehört die Masern-Schutzimpfung zu den wirksamsten Impfungen überhaupt.»
Wenn nur einmal geimpft werde, sei die Schutzwirkung geringer, heißt es auf der Seite masernschutz.de. Rund acht Prozent der Geimpften seien nach der einmaligen Impfung nicht immun gegen Masern. Um die Eliminierung von Masern durch Herdenschutz zu erreichen, ist eine Impfquote von mindestens 95 Prozent erforderlich. Um diesen Wert zu erzielen, ist eine zweite Impfung notwendig.
Wer nicht geimpft ist, gefährdet seine Gesundheit. Besonders für ungeborene Kinder ungeimpfter Mütter ist eine Masern-Infektion gefährlich. »Denn die Masernviren können durch die Plazenta hindurchgelangen und das Kind infizieren. Außerdem kommt es bei jeder vierten maserninfizierten Schwangeren zu vorzeitigen Wehen, die sich nicht aufhalten lassen, und somit zu einer Fehl- oder Frühgeburt», schreibt der Berufsverband der Frauenärzte auf seiner Webseite.
Wenn die Mutter allerdings Antikörper dank der Impfung oder einer überstandenen Masern-Erkrankung hat, schützen diese das Baby während der Schwangerschaft und auch in den ersten Lebensmonaten. Die Immunproteine der Mutter werden nach der Geburt langsam abgebaut und schützen den Säugling noch über mehrere Monate. Dieser Effekt nennt sich «Nestschutz». Er hält circa drei Monate lang an und beginnt dann nachzulassen.
Masern gefährden vor allem kleine Kinder
Die Masern-Schutzimpfung wird allerdings frühestens ab dem elften Lebensmonat verabreicht. In der Phase zwischen dem Nestschutz und der ersten Impfuzng sind Babys daher besonders gefährdet.
Masernviren sind neurotrop, das heißt, sie überwinden die Blut-Hirn-Schranke und wirken auf das Nervensystem. Etwa eines von 1000 Kindern mit einer Masern-Infektion entwickelt als Folge eine Entzündung des Gehirns. Diese kann folgenlos ausheilen.
Bei einer Masern-Infektion besteht allerdings auch das Risiko einer «Slow-Virus-Erkrankung». Kennzeichen dieser Krankheiten sind sehr lange Inkubationszeiten und Verläufe, sie enden außerdem immer tödlich. Eine Maserninfektion kann zur subakuten sklerosierenden Panenzephalitis (SSPE) führen. Diese Krankheit tritt bei Kindern circa fünf bis zehn Jahre nach der Maserninfektion auf und betrifft das Zentrale Nervensystem (ZNS).
«Bei der SSPE wird das Gehirn sukzessive in Bindegewebe umgebaut», sagt Professor Horst von Bernuth, Leiter der Immunologie an der Charité Berlin. Die Krankheit führt über vier verschiedene Stadien nach drei bis fünf Jahren immer zum Tod. Symptome im Krankheitsverlauf sind Krampfanfälle, Demenz und Wachkoma. Bei rund der Hälfte der SSPE Fälle fand die Masern-Infektion vor dem zweiten Lebensjahr statt.
Weitere Folgen einer Masern-Infektion sind laut dem Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte ein für sechs Wochen stark geschwächtes Immunsystem, was weitere Infektionskrankheiten begünstigen kann. «Diese Kinder entwickeln nach den Masern dann beispielsweise schwere Pneumonien, da sie sich nicht mehr ausreichend gegen bakterielle Erreger der Lungenentzündung wehren können», sagt Professor von Bernuth, «Diese sogenannten Immunamnesie nach Masern sorgt vermutlich für die 100 000 bis 200 000 Maserntoten pro Jahr weltweit.»
Masern verbreiten sich durch Tröpfcheninfektion und gehören zu den ansteckendsten Krankheiten der Welt, die schwerwiegende Spätfolgen haben können. Die Masern-Schutzimpfung ist daher sehr nützlich, um Menschen vor der Krankheit und etwaigen Folgen zu schützen.
Risiko von Schäden infolge einer Masern-Schutzimpfung
Leichte Impfreaktionen auf die Masern-Schutzimpfung haben circa fünf bis 15 Prozent der Geimpften nach der ersten Impfung. Dazu gehören Rötungen und Schwellungen an der Injektionsstelle oder auch Fieber. Bei circa fünf Prozent tritt ein leichter Hautausschlag auf, dieser ist aber nicht ansteckend. Nach der zweiten Impfung treten die aufgeführten Reaktionen nur noch sehr selten auf.
Impfschäden sind laut Paragraf 2 des Infektionsschutzgesetzes «die gesundheitliche und wirtschaftliche Folge einer über das übliche Ausmaß einer Impfreaktion hinausgehenden gesundheitlichen Schädigung durch die Schutzimpfung». Diese Schäden sind meldepflichtig, sie sind einsehbar in der Datenbank des Paul-Ehrlich-Instituts.
(Stand: 03.10.2023)
Links
Grafik mit Falschbehauptung über Masern-Schutzimpfung (archiviert)
Gesundheitsministerium zur Masern-Schutzimpfung (archiviert)
Artikel über neurotrope Viren (archiviert)
Bayerisches Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit über Risiken von Spätfolgen einer Masern-Infektionv (archiviert)
Berufsverband der Kinder und Jugendärzt*innen über die Auswirkungen von Masern (archiviert)
Berufsverband der Frauenärzte über Masern in der Schwangerschaft und bei Säuglingen (archiviert)
Slow-Virus-Infektionen bei Kindern und Jugendlichen (archiviert)
Horst von Bernuth (archiviert)
Über dpa-Faktenchecks
Dieser Faktencheck wurde im Rahmen des Facebook/Meta-Programms für unabhängige Faktenprüfung erstellt. Ausführliche Informationen zu diesem Programm finden Sie hier.
Erläuterungen von Facebook/Meta zum Umgang mit Konten, die Falschinformationen verbreiten, finden Sie hier.
Wenn Sie inhaltliche Einwände oder Anmerkungen haben, schicken Sie diese bitte mit einem Link zu dem betroffenen Facebook-Post an faktencheck@dpa.com. Nutzen Sie hierfür bitte die entsprechenden Vorlagen. Hinweise zu Einsprüchen finden Sie hier.
Schon gewusst?
Wenn Sie Zweifel an einer Nachricht, einer Behauptung, einem Bild oder einem Video haben, können Sie den dpa-Faktencheck auch per WhatsApp kontaktieren. Weitere Informationen dazu finden Sie hier.