Empfehlungen zur CO2-Reduktion
Es gibt derzeit keine Pläne für Essens- oder Autoverbote
18.9.2023, 14:45 (CEST), letztes Update: 18.9.2023, 14:47 (CEST)
Um die Welt für alle lebenswert erhalten zu wollen, wurde im Pariser Klimaabkommen das 1,5 Grad-Ziel festgehalten. Laut dem aktuellen Bericht des Weltklimarats scheint genau das jedoch immer weniger erreichbar. Nun ist in Beiträgen im Netz zu lesen, weltweit hätten sich 100 Städte zusammengeschlossen, um dieses Ziel mit einschneidenden Maßnahmen doch noch zu erreichen. Und zwar unter anderem dadurch, den Konsum von Fleisch und Milchprodukten sowie den Besitz privater Autos zu verbieten. Ist da was dran?
Bewertung
Es gibt derzeit keine Pläne, durch Verbote unser Konsumverhalten einzuschränken. Die Behauptung geht auf eine Fehlinterpretation eines Berichts zurück, der aber nur Empfehlungen ausspricht, wie Treibhausgasemissionen reduziert werden könnten.
Fakten
Die Behauptung stammt aus einem Blogartikel, in dem es um einen Bericht des Bündnisses «C40 Cities Climate Leadership Group» geht. Die teilnehmenden Städte hätten sich auf verbindliche Regeln für ihre Bewohner geeinigt, heißt es dort. Demnach dürften diese künftig kein Fleisch und keine Milchprodukte mehr konsumieren, kein Privatfahrzeug besitzen und sich lediglich drei neue Kleidungsstücke pro Person und Jahr zulegen.
Das sei angeblich dem Bericht «The Future of Urban Consumption in a 1,5°C World» zu entnehmen (auf Deutsch: «Die Zukunft des städtischen Konsums in einer 1,5° C-Welt»). Dieser wurde bereits 2019 von den «C40»-Städten zusammen mit der University of Leeds und der britischen Beratungsfirma Arup herausgebracht. Verbote oder Vorschriften enthält das Dokument allerdings nicht, sondern lediglich Vorschläge zur Reduktion von Treibhausgasemissionen in Städten.
Da der Konsum im urbanen Raum ein wesentlicher Faktor für den Klimawandel sei (Seite 14), werden in dem Bericht verschiedene Szenarien vorgestellt, um diese Emissionen zu verringern. Dafür wurden eine «fortschrittliche» sowie eine «ehrgeizige» Zielsetzung formuliert.
Mögliche Szenarien für Konsum in Städten
Die relevantesten Bereiche für konsumbasierte Treibhausgasemissionen seien Gebäude und Infrastruktur, Lebensmittel, privater Verkehr, Bekleidung und Textilien, Elektronik und Haushaltsgeräte sowie der Luftverkehr, heißt es im Bericht. Beim Thema Ernährung empfiehlt das ehrgeizige Szenario tatsächlich, den Verzehr von Fleisch und Milchprodukten auf null zu senken (Seite 78).
Doch auch schon das im Bericht thematisierte «progressive Ziel» würde die ernährungsbedingten Emissionen um über 50 Prozent senken. Das gelänge bereits, wenn sich der Fleischkonsum in den Städten von bisher 58 auf 16 Kilogramm und der von Milchprodukten von 155 auf 90 Kilogramm Person und Jahr reduzieren ließe.
Auch beim Thema Bekleidung wird eine grundsätzliche Einschränkung empfohlen (Seite 82). Wenn Konsumenten nur noch acht neue Kleidungsstücke im Jahr kauften, könnten die daraus resultierenden Emissionen ebenfalls um beinahe 50 Prozent verringert werden. Im Falle der ehrgeizigeren Zielsetzung von nur drei Kleidungsstücken pro Jahr, ergäbe sich sogar eine Reduktion um 66 Prozent.
Natürlich spielt der Privatverkehr ebenfalls eine Rolle (Seite 86): Befänden sich statt der derzeit durchschnittlich 240 Fahrzeuge pro 1000 Einwohner nur noch 190 Fahrzeuge auf den Straßen, wäre eine Verringerung der Emissionen um 23 Prozent möglich, so die Berechnung in dem Bericht. Gäbe es gar keine privaten Fahrzeuge mehr, wären es 55 Prozent weniger Emissionen aus diesem Sektor.
Eine generelle Einführung dieser ehrgeizigen Ziele wird in dem Bericht ausdrücklich nicht befürwortet. Diese dienten lediglich als Referenzpunkte für mögliche langfristige Konzepte, heißt es in dem Bericht (Seite 86). Auch ein Sprecher der Organisation betonte der Deutschen Presse-Agentur (dpa) gegenüber, dass «C40» den Mitgliedsstädten keine konkrete Politik vorschreibe.
Die an «C40» teilnehmenden Städte
In dem Blogbeitrag werden zahlreiche Städte aus aller Welt aufgelistet, die angeblich Teil der Städtekooperation sein sollen. Aus Deutschland sind demnach unter anderem Berlin, Hamburg, Heidelberg und München dabei. Nur ist diese Liste eine völlig andere, nämlich die des Programms «Cities Race to Zero».
Diese Kampagne hat ebenfalls zum Ziel, das Pariser Klimaabkommen einzuhalten. Eine der Bedingungen für die Teilnahme besteht etwa darin, mindestens eine Klimaschutzmaßnahme zu planen und spätestens ab 2022 umzusetzen. Der Sprecher von «C40» erklärte, die Kooperation sei zwar Partner des Programms, aber die Mitglieder seien nicht kongruent. So sei zum Beispiel Frankfurt zwar Teil von «Cities Race to Zero», nicht aber von «C40». An letztgenanntem Projekt nehmen hierzulande nur Berlin und Heidelberg teil.
(Stand: 18.9.2023)
Links
Zum Bericht des Weltklimarats (archiviert)
«The Future of Urban Consumption in a 1,5°C World» (archiviert)
Mitgliedsstädte von «C40» (archiviert)
Teilnehmer an «Cities Race to Zero» (archiviert)
Über «Cities Race to Zero» (archiviert)
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