Kein «Welt»-Artikel

Text über Niger auf gefälschter Medienseite veröffentlicht

17.8.2023, 17:25 (CEST)

Immer wieder ahmen Fälscher bekannte Medienseiten nach. Doch was auf den ersten Blick täuschend echt aussieht, entpuppt sich beim näheren Hinsehen schnell als Fake.

«Ende Juli kam es in dem kleinen afrikanischen Land Niger zu einem Militärputsch.» So beginnt ein vermeintlicher «Welt»-Artikel, dessen URL aktuell in sozialen Netzwerken verbreitet wird. Im Text wird an einer Stelle eine «Beteiligung Moskaus am Staatsstreich» angedeutet, am Ende heißt es dann aber: «Wir sollten also nicht überrascht sein, wenn sich eines Tages herausstellt, dass Washington tatsächlich hinter dem Staatsstreich in Niger steckt.» Wurde dieser spekulative Artikel wirklich von der «Welt» veröffentlicht?

Bewertung

Der Artikel ist gefälscht und stammt nicht von der «Welt». Die Aufmachung der Original-Webseite wurde kopiert.

Fakten

An mehreren Punkten lässt sich erkennen, dass der angebliche «Welt»-Artikel eine Fälschung ist: Der Artikel ist weder auf der offiziellen Seite der «Welt» erschienen, noch findet man ihn im Online-Archiv der Zeitung.

Russland hat seit dem Putsch ebenso wie die EU und die USA mehrfach die Rückkehr zur verfassungsmäßigen Ordnung im Niger gefordert. Beobachter sehen keine Anzeichen dafür, dass Russland in den Staatsstreich involviert war, obwohl dieser von Nigrerinnen und Nigrern bei Demonstrationen auch mit russischen Fahnen gefeiert wurde.

Bei einem genauen Blick auf die Internetadresse (URL) des vermeintlichen «Welt»-Artikels ist zu erkennen: Diese verweist nicht auf die offizielle Webpräsenz «welt.de», sondern auf eine nachgemachte Seite mit der Endung «welt.ltd».

Dies ist allerdings wegen der kopierten Aufmachung schwer zu erkennen. Zudem leiten mehrere Links auf der gefälschten Seite zum echten «Welt»-Auftritt weiter. So wird der Eindruck erweckt, dass es sich um eine Seite der Zeitung handelt. Es kursieren mehrere ähnliche Fälschungen mit unterschiedlichen Inhalten.

Bekannte Fake-Kampagne

Die falschen «Welt»-Texte gehören höchstwahrscheinlich zu einer größeren Kampagne: Im Sommer 2022 zeigten Recherchen von «t-online» und dem ZDF, dass mehr als 30 gefälschte Webseiten Teil einer größeren Aktion pro-russischer Akteure sind, die gezielt Desinformationen in sozialen Netzwerken und vor allem auf Facebook verbreiten.

Das Bundesinnenministerium zeigte sich beunruhigt über die Fälschungen und sagte der dpa Anfang September 2022, die Berichte zeigten exemplarisch «das Ausmaß pro-russischer Propaganda und Desinformation in Deutschland». Diese verfolge das Ziel, Vertrauen in Politik, Gesellschaft und staatliche Institutionen zu untergraben, sagte ein Sprecher.

Auch in einem Bericht des französischen Generalsekretariats für Verteidigung und Sicherheit von Juni 2023, der über Methoden russischer Fake-News zum Krieg in der Ukraine aufklärt, werden die gefälschten deutschen und europäischen Webseiten erwähnt. Als betroffene Länder werden dort Frankreich, Deutschland, Litauen, Lettland, Großbritannien, die Ukraine, die USA, Israel und die Vereinigten Arabischen Emirate genannt.

Ende Juli 2023 verhängte die EU Sanktionen gegen Propagandisten des russischen Präsidenten Wladimir Putin, die sie als Verantwortliche hinter den gefälschten Medien-Webseiten und anderen Fake-Kampagnen betrachtet.

Die aktuell neu erscheinenden Texte, wie jener der falschen «Welt», zeigen, dass die Fake-Kampagne weiterhin andauert. Gemeinsam haben die derzeitigen Fälschungen, dass sie die Domain-Endung «.ltd» nutzen und pro-russische Inhalte verbreiten.

(Stand: 17.8.2023)

Links

Webseite von «Welt.de»

gefälschter «Welt»-Artikel (archiviert)

gefälschter «Welt»-Artikel vom September 2022 (archiviert)

Site-Suche nach gefälschtem «Welt»-Artikel (archiviert)

dpa-Meldung via n-tv.de (archiviert)

Schlagwortsuche bei «Welt.de»

dpa-Faktencheck 1

dpa-Faktencheck 2

Recherche von «t-online» zu gefälschten Nachrichtenseiten (archiviert)

Recherche des ZDF zu gefälschten Nachrichtenseiten (archiviert)

dpa-Meldung zu gefälschten Nachrichtenseiten, bei «deutschlandfunkkultur.de» (archiviert)

Bericht des französischen Generalsekretariat für Verteidigung und Sicherheit zur Fake-Kampagne (archiviert)

Mitteilung des Rats der EU zu den Sanktionen (archiviert)

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