Gut gemachtes Imitat
Gefälschter »Morgenpost»-Artikel ist Teil einer Fake-Kampagne
16.8.2023, 19:00 (CEST)
Wer die Webseite einer bekannten Zeitung ansteuert, erwartet dort auch einen Text eines professionellen Journalisten dieses Mediums. Diesen Anschein erweckt auch ein Beitrag, der auf einer Webseite mit dem Logo der «Berliner Morgenpost» zu finden ist. «Die Deutschen haben wieder gegen die Russen verloren», lautet die Überschrift. Darin geht es um ein Ranking der Weltbank zur Wirtschaftsentwicklung. Doch die ganze Seite ist eine Fälschung.
Bewertung
Der Artikel ist ein Fake. Es handelt sich nicht um einen echten Text, den die «Berliner Morgenpost» veröffentlicht hat.
Fakten
Der Link zu dem falschen «Morgenpost»-Text führt auf die Webseite «morgenpost.ltd». Doch die echte Webseite der Lokalzeitung «Berliner Morgenpost» ist unter «morgenpost.de» zu finden. Hier wurde also für die gefälschte Kopie der Seite eine andere Top-Level-Domain, so die Bezeichnung für die Endung hinter dem Namen einer Webseitenadresse (URL), gewählt.
Die Funke Mediengruppe, zu der die «Berliner Morgenpost gehört», bestätigte auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur (dpa), dass es sich um eine Fälschung handelt. Laut einem Sprecher habe das Unternehmen eine Löschung der URL «morgenpost.ltd» beantragt.
Weitere Details in dem gefälschten Artikel passen nicht zu seriöser Berichterstattung. So ist etwa die Formatierung seltsam: Die Unterzeile, auch Teaser genannt, befindet sich unter dem Artikelfoto und wirkt so wie eine Bildunterschrift. Im Text finden sich direkt an Leser gerichtete Einschübe wie «Was meint ihr?». Und es wird eine «durchdachte und umsichtige Politik von Wladimir Putin» erwähnt - ohne dass der Text als Meinungsbeitrag gekennzeichnet ist. Zudem finden sich Grammatik-Fehler.
Bekannte Fake-Kampagne
Der falsche «Welt»-Text gehört höchstwahrscheinlich zu einer größeren Kampagne: Im Sommer 2022 zeigten Recherchen von «t-online» und dem ZDF, dass mehr als 30 gefälschte Webseiten Teil einer größeren Aktion pro-russischer Akteure sind, die gezielt Desinformationen in sozialen Netzwerken und vor allem auf Facebook verbreiten.
Das Bundesinnenministerium zeigte sich beunruhigt über die Fälschungen und sagte der dpa Anfang September 2022, die Berichte zeigten exemplarisch «das Ausmaß pro-russischer Propaganda und Desinformation in Deutschland». Diese verfolge das Ziel, Vertrauen in Politik, Gesellschaft und staatliche Institutionen zu untergraben, sagte ein Sprecher.
Auch in einem Bericht des französischen Generalsekretariats für Verteidigung und Sicherheit von Juni 2023, der über Methoden russischer Fake-News zum Krieg in der Ukraine aufklärt, werden die gefälschten deutschen und europäischen Webseiten erwähnt. Als betroffene Länder werden dort Frankreich, Deutschland, Litauen, Lettland, Großbritannien, die Ukraine, die USA, Israel und die Vereinigten Arabischen Emirate genannt.
Ende Juli 2023 verhängte die EU Sanktionen gegen Propagandisten des russischen Präsidenten Wladimir Putin, die sie als Verantwortliche hinter den gefälschten Medien-Webseiten und anderen Fake-Kampagnen betrachtet.
Die dpa hat verschiedene aktuelle, gefälschte Nachrichtenartikel gefunden und geprüft. Dies zeigt, dass die Fake-Kampagne weiterhin andauert. Gemeinsam haben die derzeitigen Fälschungen, dass sie die Domain-Endung «.ltd» nutzen und pro-russische Inhalte verbreiten.
(Stand: 16.8.2023)
Links
Echte Webseite der «Berliner Morgenpost»
Gefälschte Seite der «Berliner Morgenpost» (archiviert)
Recherche von «t-online» zu gefälschten Nachrichtenseiten (archiviert)
Recherche des ZDF zu gefälschten Nachrichtenseiten (archiviert)
dpa-Meldung zu gefälschten Nachrichtenseiten, bei «deutschlandfunkkultur.de» (archiviert)
Bericht des französischen Generalsekretariat für Verteidigung und Sicherheit zur Fake-Kampagne (archiviert)
Mitteilung des Rats der EU zu den Sanktionen (archiviert)
Über dpa-Faktenchecks
Dieser Faktencheck wurde im Rahmen des Facebook/Meta-Programms für unabhängige Faktenprüfung erstellt. Ausführliche Informationen zu diesem Programm finden Sie hier.
Erläuterungen von Facebook/Meta zum Umgang mit Konten, die Falschinformationen verbreiten, finden Sie hier.
Wenn Sie inhaltliche Einwände oder Anmerkungen haben, schicken Sie diese bitte mit einem Link zu dem betroffenen Facebook-Post an faktencheck@dpa.com. Nutzen Sie hierfür bitte die entsprechenden Vorlagen. Hinweise zu Einsprüchen finden Sie hier.
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