Gilt für alle Medienarten
Geplantes irisches Gesetz soll Minderheiten besser vor Übergriffen schützen
19.5.2023, 15:14 (CEST)
Eine geplante Gesetzesänderung in Irland schlägt international Wellen. Damit sollen Hassrede, Hassverbrechen und Anstiftung dazu einfacher geahndet werden können. Vermeintliche Demokratiehüter sehen darin einen Angriff auf die Redefreiheit und eine ernsthafte Gefahr für Medien, die sie nicht zum «Mainstream» zählen.
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Es gibt bereits seit 1989 ein Gesetz, demzufolge Hassrede strafbar war. Der aktuelle Entwurf ist konkreter formuliert, das Teilen von Inhalten bestimmter Medien wird aber auch künftig nicht per se verboten sein.
Fakten
Täglich werden weltweit Beschlüsse gefasst und Gesetze verabschiedet. Selten erregt das die Gemüter so wie die «Criminal Justice (Incitement to Violence or Hatred and Hate Offences) Bill», die demnächst in Irland verabschiedet werden soll. Selbst Twitter-Chef Elon Musk bezog dazu Stellung und nannte die geplanten Änderungen «sehr beunruhigend». Einen Schritt weiter ging der Sohn des ehemaligen US-Präsidenten, Donald Trump Jr., der das irische Vorhaben als «verrückt» bezeichnete.
Offenbar ist die Sorge vor einer Einschränkung der Redefreiheit groß. Allerdings zielt das geplante Gesetz nicht darauf ab. Interims-Justizminister Simon Harris erklärte, man wolle nicht die Gedanken der Menschen kontrollieren. Vielmehr sollen Minderheiten vor Hass und körperlicher Gewalt geschützt werden.
Das irische Justizministerium erklärte auf dpa-Anfrage, dass der Gesetzesentwurf laut dessen Absatz 12 die Meinungsfreiheit schützen soll. Demzufolge würde ein Schriftstück nicht alleine auf Basis von Diskussion oder Kritik an Menschen mit «geschützten Charakteristika» als Hassrede eingestuft. Als geschützte Merkmale galten bisher Hautfarbe, Ethnie, Staatsangehörigkeit, Abstammung, Religion, sowie sexuelle Merkmale und Orientierung. Neu hinzukommen sollen Behinderung und Gender-Identität.
Hinweise auf ein Verbot von Lesen oder Teilen von «alternativen Medien» gibt es weder im aktuellen Gesetz von 1989 als in der neuen Vorlage. Das bestätigten sowohl das irische Justizministerium als auch die irische NGO Irish Council for Civil Liberties (ICCL) auf Anfrage.
Strafbar ist laut dem geplanten Gesetz die Verbreitung von Material, das zu Hass oder Gewalt anstiftet, egal über welche Plattform. Medien könnten theoretisch unter den Anwendungsbereich des Gesetzes fallen. Allerdings ziele der Entwurf laut Justizministerium nicht darauf ab. Vielmehr gehe es darum, Menschen, die «absichtlich und rücksichtslos Hassrede» verbreiten, einfacher zur Verantwortung ziehen zu können.
Das bisherige Gesetz wurde oftmals als zu zahnlos kritisiert - seit seinem Inkrafttreten vor über 30 Jahren gab es lediglich rund 50 Anklagen. Das Ministerium möchte hier nachschärfen und betonte, dass das Recht auf freie Meinungsäußerung niemandem das Recht gebe, es zum Aufruf zu Gewalt oder Hass zu missbrauchen.
Zudem wies das Ministerium gegenüber der dpa darauf hin, dass Beschuldigte bereits bisher die Möglichkeit hatten, glaubhaft zu machen, dass sie niemals geplant hätten, zu Hass oder Gewalt anstiftendes Material zu veröffentlichen. Das soll auch mit dem neuen Gesetzesentwurf so bleiben.
Allerdings sollen Verurteilungen künftig nicht mehr nur möglich sein, wenn eine «subjektive Motivation», eine Straftat zu begehen, nachgewiesen wurde. Mit Inkrafttreten der Novelle sollen jegliche Übergriffe als Hassverbrechen verfolgt werden können, so das irische Justizministerium.
Noch hat der aktuelle Gesetzesentwurf keine Rechtsgültigkeit. Ende April verabschiedete ihn das Dail (irisches Repräsentantenhaus) mit 110 zu 14 Stimmen. Als nächstes muss der Seanad (irisches Oberhaus) zustimmen, ehe der irischen Präsident Michael D. Higgins seine Unterschrift darunter setzen kann.
(Stand: 17.5.2023)
Links
Artikel mit Aussagen von Musk und Trump Jr. (archiviert)
Artikel mit Stellungnahme von Harris (archiviert)
Das Gesetz in seiner aktuell gültigen Fassung (archiviert)
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