Erwärmung durch Windräder

Studie spricht von Bodentemperatur – Beeinflussung nur in unmittelbarer Umgebung nachgewiesen

08.05.2023, 17:58 (CEST), letztes Update: 17.05.2023, 18:39 (CEST)

Lässt ein mehr als zehn Jahre alter NASA-Bericht Rückschlüsse auf negative Auswirkungen von Windrädern auf das Klima zu? Behauptungen, dass Windkraftanlagen zu steigenden Temperaturen beitrügen, kursieren öfter in sozialen Medien. Doch was steht konkret in den Studien, auf die sie sich beziehen?

Bewertung

Windräder können durch Luftaustausch die Bodentemperaturen beeinflussen. Dabei handelt es sich jedoch der Studie zufolge um einen lokalen Effekt. Eine erhöhte Temperatur konnte die Studie nur in unmittelbarer Nähe der Anlagen nachweisen.

Fakten

Die Studie aus dem Jahr 2012 beschreibt die Auswirkungen der damals weltweit viertgrößten Windkraftanlage in Texas (USA) auf ihre Umgebung. Zwischen den Jahren 2003 und 2011 stiegen die Bodentemperaturen danach in unmittelbarer Nähe der Windräder um 0,72 Grad Celsius im Vergleich zu weiter entfernten Landstrichen.

Grund dafür sei, dass die Windräder beim Rotieren wärmere Luft von oben nach unten schaufelten, heißt es weiter in der Untersuchung. Der Effekt sei vor allem nachts zu beobachten, wenn die Bodentemperaturen in Texas fallen. Die Autoren betonen, dass ihre Daten nichts mit der Lufttemperatur zu tun haben, die zum Beispiel für den täglichen Wetterbericht gemessen wird. Sie beschreiben ihre Beobachtungen darüber hinaus als rein lokalen Effekt.

Auch die Wissenschaftlichen Dienste des Bundestags gehen von lokalen Folgen durch Windkraftanlagen aus. Das könne beim Mikroklima in deutschen Regionen aber auch positive Effekte haben: «Tatsächlich ist der Effekt, durch (vergleichsweise kleinere) Windräder kalte Luftschichten nach oben zu tragen und so eine Erwärmung bodennaher Regionen zu erreichen, seit einiger Zeit bekannt und wird in der Landwirtschaft eingesetzt. In Obstplantagen und Weinbergen wird als Kälte- bzw. Frostschutz mit Windrädern gearbeitet», heißt es. Beispiele seien in der Pfalz und Voreifel zu finden.

Die Auswirkungen auf die Vegetation hänge aber entscheidend vom Standort der Windkraftanlagen ab. Im chinesischen Teil der Wüste Gobi zeigten sich positive Effekte, in einer Gegend im Nordosten Chinas hemmte der Luftaustausch dagegen das Wachstum von Pflanzen, heißt es in der Auswertung internationaler Untersuchungen durch die Wissenschaftlichen Dienste. Sie sehen aber keine Belege dafür, dass die Dürreproblematik in einigen Teilen Deutschlands in den vergangenen Jahren mit Windkraftanlagen zusammenhängt. «Landwirtschaftliche Dürren können aus einer Vielzahl von Gründen auftreten: geringer Niederschlag, Zeitpunkt der Wasserverfügbarkeit (im Jahresverlauf), eingeschränkter Zugang zur Wasserversorgung und Landnutzungsveränderungen.»

Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler betonen in der auf der NASA-Seite vorgestellten Studie, dass es wichtig sei, lokale Auswirkungen von Windkraftanlagen zu kennen und bei der Planung von Nachhaltigkeitsstrategien mitzuberücksichtigen. Effekte wie Bodenerwärmung sprechen für sie aber nicht gegen die Nutzung von Windenergie im Allgemeinen: Sie sei Teil der Lösung in Sachen Klimawandel, Luftverschmutzung und Energiesicherheit, heißt es in ihrer Untersuchung.

In einer Harvard-Studie aus dem Jahr 2018 wurde unterdessen der Einfluss von Windparks auf die Lufttemperatur gemessen. Die Forscher stellten fest, dass Windparks der Atmosphäre zwar keine Wärme hinzufügen. Die veränderte Luftzirkulation könne aber dazu führen, dass sich die Lufttemperatur auf dem amerikanischen Kontinent leicht erhöhe, um 0,24 Grad Celsius.

Die Wissenschaftler nahmen für ihre Modellrechnung an, dass der aktuelle Energie-Gesamtbedarf der USA vollständig mit Windenergie gedeckt würde. Im Vergleich dazu biete die Solarenergie Vorteile. Die Gesamtauswirkung von Windenergie auf die Umwelt sei auf Dauer jedoch mit Sicherheit geringer als die fossiler Energie, schreiben die Wissenschaftler.

Auch Solarenergie-Anlagen können sich auf das lokale Klima auswirken. So empfiehlt eine Schweizer Studie aus dem Jahr 2021, Solarparks wegen ihrer großen Schattenflächen besser nicht in ökologisch sensiblen Gebieten ohne ausreichende Ausgleichsflächen zu bauen. Besser sei es, intensiv genutzte oder bereits versiegelte Flächen zu bevorzugen.

Forschende bestreiten also nicht, dass auch grüne Energiegewinnung Auswirkungen auf die Umwelt hat. Mit Rücksicht auf lokale Gegebenheiten bleibe sie aber im Vergleich zur Verbrennung fossiler Brennstoffe deutlich und auch langfristig klimafreundlicher.

(Stand: 5.5.2023)

Berichtigung

Die NASA berichtete zwar über die Studie zur Bodentemperatur, auch wurden Daten von NASA-Satelliten ausgewertet, es handelt sich aber nicht um eine Studie der Institution. Die Harvard-Studie hingegen beschäftigt sich mit der Luft-, nicht der Bodentemperatur.

Links

Nasa-Beitrag über Studie (archiviert)

Harvard-Studie 2018 (archiviert)

Wissenschaftliche Dienste des Deutschen Bundestages zu lokalen mikroklimatischen Effekten durch Windräder von 2020 (archiviert)

Schweizer Studie von 2021 zu Vor- und Nachteilen von Freiflächen-Photovoltaik auf die Umwelt (archiviert)

Behauptung mit Link zum NASA-Bericht aus dem Jahr 2012 (archiviert)

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