Video aus Bremerhaven

Polizei dementiert Gerüchte um Inobhutnahme von Kind

4.5.2023, 15:55 (CEST), letztes Update: 8.5.2023, 10:22 (CEST)

Ein Video der Inobhutnahme zweier Kinder sorgt in sozialen Medien für Aufregung. Darin ist zu sehen, wie ein Junge von Polizisten aus einer Wohnung getragen wird. Währenddessen schreit er und versucht, sich zu wehren. Mehreren Posts auf Facebook zufolge zeigt das Video eine Inobhutnahme durch das Jugendamt der Stadt Bremerhaven. Angeblich soll dies durch die Schule ausgelöst worden sein, da die Familie dem Jungen beigebracht habe, dass der Islam «Homosexualität und Transgenderismus» nicht akzeptiere. Ein Gericht soll ihr daraufhin ihre «elterlichen Rechte» entzogen haben und die Übergabe des Kindes an das Jugendamt angeordnet haben. Stimmt das?

Bewertung

Die Polizei erklärt, dass das Video zwar einen Einsatz in Bremerhaven zeige, dieser aber nicht in dem behaupteten Zusammenhang steht. Rechtlich wäre eine Inobhutnahme aus politisch-religiösen Gründen nach Experteneinschätzung nicht haltbar.

Fakten

«Uns ist bewusst, dass das besagte Video emotional aufwühlend ist», teilte die Polizei am 29. April 2023 per Pressestatement mit. «Eine Inobhutnahme von Kindern ist immer das letzte Mittel der Wahl und geschieht nur bei schwerwiegenden Gründen», heißt es weiter. Die Polizei hat nach eigenen Angaben das Jugendamt bei der Inobhutnahme unterstützt, die gerichtlich angeordnet worden war.

Auf Nachfrage, ob die Behauptungen aus den sozialen Medien zutreffen, sagte ein Polizeisprecher der Deutschen Presse-Agentur: «Das können wir dementieren, das stimmt so natürlich nicht». Zu den tatsächlichen Gründen für die Inobhutnahme gaben weder Polizei noch Jugendamt Auskunft, laut eigenen Angaben, um die Familie und die Kinder zu schützen.

Eine Inobhutnahme eines Kindes aufgrund der politisch-religiösen Einstellung der Eltern wäre nach Einschätzung von Jörg Maywald rechtlich nicht haltbar. Denn in einem solchen Fall bestünde keine «dringende Gefahr» im Sinne von Paragraf 42 des Sozialgesetzbuchs, so der Experte für Kinderrechte.

Die Behauptung, die Schule des Jungen hätte die Inobhutnahme direkt oder indirekt ausgelöst, kursiert nicht nur auf verschiedenen Plattformen, sondern wird auch international verbreitet. Mehrere Medien berichteten über das Video.

(Stand: 3.5.2023)

Berichtigung

Im fünften Satz wurde präzisiert, dass angeblich die Familie dem Jungen beigebracht habe, dass der Islam «Homosexualität und Transgenderismus» nicht akzeptiere.

Links

Pressemitteilung der Polizei Bremerhaven (archiviert)

Nordsee-Zeitung zum Thema (archiviert)

Georgischer Faktencheck zum Thema (archiviert)

Tweet mit Behauptung (archiviert)

Paragraph 42 Sozialgesetzbuch (archiviert)

Archiviertes Video aus Facebook-Post

Facebook-Post (archiviert)

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