Mensch als Klimafaktor
Veränderung des CO2-Anteils in der Atmosphäre beeinflusst Temperatur
2.5.2023, 17:03 (CEST)
Die deutsche Bundesregierung hat Pläne, den Kohlendioxidausstoß massiv zu reduzieren, um die Klimaziele zu erreichen. Gleichzeitig verbreiten Teile der deutschen Parteilandschaft Behauptungen, laut denen Deutschland kaum eine Rolle beim Anteil des menschengemachten Kohlendioxids (CO2) spielt. Ein Video aus dem Landtag von Sachsen-Anhalt, in dem der AfD-Politiker Oliver Kirchner eine solche Rechnung vorträgt und von «Schwachsinn» spricht, wird nun online verbreitet. Doch ist die Rechnung korrekt und beweist sie wirklich, dass Deutschland kaum zur Erwärmung der Atmosphäre beiträgt?
Bewertung
Die Zahlen sind irreführend. Auch wenn der CO2-Anteil in der Luft gering ist, wirken sich dessen Schwankungen massiv auf das Weltklima aus. Länder wie Deutschland können Einfluss darauf nehmen.
Fakten
Die wissenschaftliche Erkenntnis, dass der Mensch und sein Kohlenstoffdioxid-Ausstoß für die Erderwärmung verantwortlich sind, ist bewiesen. Im August 2021 veröffentlichte der Weltklimarat (IPCC) einen Bericht, der besagt, dass sich die Erde bis 2030 bei der aktuellen Entwicklung um 1,5 Grad im Vergleich zum vorindustriellen Zeitalter erwärmen wird. Eine solch schnelle Erwärmung hat die Welt noch nie erlebt. Die Auswirkungen sind bereits auf allen Kontinenten spürbar.
Stetiger Anstieg des CO2-Anteils in der Atmosphäre
Die World Meteorological Organisation (WMO) hat festgestellt, dass der CO2-Anteil in der Atmosphäre seit Beginn der Industrialisierung kontinuierlich ansteigt. Der Landtagsabgeordnete Kirchner sagt im Video, der Anteil von CO2 in der Luft mache etwa 0,038 Prozent aus. Allerdings zeigen aktuelle Messungen, dass dieser Anteil inzwischen höher ist (etwa 0,042 Prozent) und weiter steigt. Dies hat einen starken Einfluss auf das Klima.
Kirchner sagt weiter, dass 96 Prozent des globalen CO2-Ausstoßes von der Natur selbst produziert werden. Diese Zahl entspricht in etwa Berechnungen, die besagen, dass der von Menschen verursachte Anteil am CO2 in der Atmosphäre bei inzwischen etwas über 4 Prozent liegen dürfte.
Wenn man dieses Verhältnis betrachtet, kann der Eindruck entstehen, dass der durch den Menschen verursachte Anteil am CO2 nicht entscheidend sei. Die Natur ist jedoch - im Gegensatz zum Menschen - in der Lage, das CO2 wieder aufzunehmen, zum Beispiel durch die Ozeane oder die pflanzliche Photosynthese. In Bezug auf den Kohlenstoffkreislauf hat die Natur eine positive Bilanz, da sie mehr CO2 aufnimmt, als sie ausstößt.
Deutsche Kohlendioxid-Emissionen von globaler Bedeutung
Kirchner behauptet weiter, der Anteil Deutschlands am menschengemachten CO2-Ausstoß betrage 3,1 Prozent. In Wirklichkeit liegt er bei 1,77 Prozent, was etwa 637 Millionen Tonnen CO2 entspricht und den siebthöchsten Einzelanteil von insgesamt 194 Ländern weltweit darstellt. Zum Vergleich: Die deutsche Bevölkerung hat einen Anteil von etwa 1,07 Prozent der Weltpopulation.
Der Vorwurf Kirchners, die Pläne zur Reduzierung des Kohlendioxidausstoßes seien «Schwachsinn», beruhen also auf einer Fehlinterpretation der Zahlen.
(Stand: 28.4.2023)
Links
IPCC-Bericht 2021 (archiviert)
IPCC zu den Folgen der Erderwärmung (archiviert)
Klimareport der World Meterological Organization (WMO) (archiviert)
Zahlen der amerikanischen Wetter- und Ozeanografiebehörde (NOAA) zum globalen CO2-Ausstoß (archiviert)
Global Monitoring Laboratory (archiviert)
CO2-Werte in der Atmosphäre vom Global Carbon Project (archiviert)
Klimaforscher Prof. Stefan Rahmstorf zum Kohlenstoffkreislauf (archiviert)
Informationen über den Kohlenstoff-Kreislauf von der Max-Planck-Gesellschaft (archiviert)
Zahlen der Europäischen Kommission zum CO2-Ausstoß von Deutschland (archiviert)
Zahlen der Europäischen Kommission zum Anteil der Länder am globalen CO2-Ausstoß (archiviert)
Vereinte Nationen über Zahlen zur Bevölkerung in Deutschland (archiviert)
Mitschnitt der Landtagsdebatte (archiviert)
Post mit Behauptung (archiviertes Video)
dpa-Faktencheck zur Bedeutung des menschgemachten CO2-Anteils
Über dpa-Faktenchecks
Dieser Faktencheck wurde im Rahmen des Facebook/Meta-Programms für unabhängige Faktenprüfung erstellt. Ausführliche Informationen zu diesem Programm finden Sie hier.
Erläuterungen von Facebook/Meta zum Umgang mit Konten, die Falschinformationen verbreiten, finden Sie hier.
Wenn Sie inhaltliche Einwände oder Anmerkungen haben, schicken Sie diese bitte mit einem Link zu dem betroffenen Facebook-Post an faktencheck@dpa.com. Nutzen Sie hierfür bitte die entsprechenden Vorlagen. Hinweise zu Einsprüchen finden Sie hier.
Schon gewusst?
Wenn Sie Zweifel an einer Nachricht, einer Behauptung, einem Bild oder einem Video haben, können Sie den dpa-Faktencheck auch per WhatsApp kontaktieren. Weitere Informationen dazu finden Sie hier.