Temperaturvergleich
April bis 1990 oft kühler als in diesem Jahr
28.4.2023, 12:23 (CEST)
Gefühlt war und ist der April 2023 für viele ein zu kalter Monat, in dem sich der Frühling nicht mit Nachdruck in Deutschland durchsetzen konnte. Kann es sein, dass dieser April der kälteste seit 92 Jahren ist? Das wird zumindest in sozialen Netzwerken behauptet und dabei in Zusammenhang mit aktuellen Klimaaktivistinnen gebracht. Erleben wir also in diesem Jahr einen April mit Rekord-Temperaturen?
Bewertung
Nein. Der April 2023 ist zwar deutlich kühler als der Durchschnitt der vergangenen 30 Jahre, der April 2021 etwa war aber im Mittel noch kälter. Eine Widerlegung des Klimawandels lässt sich daraus nicht ableiten.
Fakten
Der April 2023 werde im Mittel bei etwa 7,5 Grad Celcius liegen, prognostiziert Karsten Friedrich, Klimaexperte beim Deutschen Wetterdienst (DWD). Zur Veranschaulichung werden dabei gerne sogenannte Referenzperioden genutzt.
7,5 Grad lägen geringfügig über dem Mittelwert der Referenzperiode von 1961 bis 1990 (7,4 Grad Celcius). In dieser Zeit war der vierte Monat des Jahres also häufig kühler als der April 2023. Der April 2023 kann also nicht der kälteste seit 92 Jahren sein, wie in sozialen Netzwerken fälschlicherweise behauptet wird.
Dieses Jahr ist er aber tatsächlich deutlich kühler als das Mittel für 1991 bis 2020 (9,0 Grad). Die Differenz zwischen den Mittelwerten mache bereits deutlich, «wie warm die April-Monate der letzten 30 Jahre im Vergleich mit der früheren Periode waren», erklärt Friedrich gegenüber der Deutschen Presse-Agentur (dpa).
Überdurchschnittlich tiefe Temperaturen in einzelnen Monaten gibt es immer wieder. Auch der April 2021 etwa war nach Worten des DWD-Klimatologen «deutlich zu kühl». Mit einem Schnitt von 6 Grad lag der Monat demnach sogar deutlich unter dem vieljährigen Mittelwert 1961 bis 1990 (7,4 Grad) und voraussichtlich auch deutlich unter der Temperatur im April 2023.
Dass es in Deutschland gerade kalt ist, erklärt DWD-Experte Friedrich mit der nordöstlichen Strömung, durch die «immer noch sehr kalte Luft zu uns» kommt. Insgesamt seien viele Aprilmonate zuletzt deutlich wärmer gewesen und deshalb «kommt uns dieser April auch so extrem kalt vor», erklärt Klimatologe Friedrich.
Wie kalt war nun der angeblich kalte April vor 92 Jahren wirklich? Eine Zeitreihe historischer Wetterdaten beim DWD zeigt, dass der April 1931 in Deutschland einen Temperaturdurchschnitt von 5,8 Grad hatte. Das ist zwar etwas kälter als der April 2021, liegt aber im Umfeld der Zeit vor über 90 Jahren etwa im Mittelfeld.
Zum Vergleich: Die drei kältesten April-Monate seit dem Beginn regelmäßiger Temperaturaufzeichnungen 1881 waren in den Jahren 1917 (4,3 Grad), 1929 (4,5) und 1903 (4,7). Darüber berichtet auch «Kachelmannwetter.com» in einem Beitrag zur «Temperaturentwicklung in Deutschland seit 1881».
Die Behauptung zum «kältesten April» wird bei dem Beitrag in sozialen Netzwerken in den Zusammenhang mit aktuellen Klimaaktivisten gebracht. Klimawandel-Leugner führen oft einzelne Wetterereignisse als vermeintlichen Beweis gegen die Klimaerwärmung an.
Betrachtet man die Temperaturen jedoch über einen längeren Zeitraum, zeigt sich der Klimawandel deutlich: Nach Angaben des DWD ist die Lufttemperatur im Jahresdurchschnitt in Deutschland zwischen 1881 und 2021 um 1,6 Grad gestiegen. In den vergangenen 50 Jahren hat sich der Temperaturanstieg deutlich beschleunigt: Die fünf wärmsten Jahre in dem gemessenen Zeitraum sind in Deutschland alle nach dem Jahr 2000 aufgetreten.
(Stand: 27.4.2023)
Links
Webseite Deutscher Wetterdienst (archiviert)
Zeitreihe mit historischen Wetterdaten beim DWD (archiviert)
Beitrag von «Kachelmannwetter.com» (archiviert)
dpa-Faktencheck zum Temperaturanstieg in Deutschland
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