Keine Gesichtserkennung
Verkehrskameras in Leeds verarbeiten Daten nur anonymisiert
26.4.2023, 12:52 (CEST)
Sind aktuelle Baumaßnahmen in Leeds ein Vorbote für die totale Überwachung? Ein Tiktok-Video nimmt die Zuschauer mit in die englische Stadt, die demnach in eine «15-Minuten-Stadt» umgewandelt werden soll. Angeblich werden dort Kameras mit Gesichtserkennung genutzt, um Fußgänger zu überwachen. Gibt es in Leeds wirklich solche Kameras?
Bewertung
Nein. Das Zentrum von Leeds wird umgebaut, um mehr Platz für Fußgänger und Radfahrer zu schaffen. Die Kameras an den Ampeln arbeiten mit Sensoren und werden zur Verbesserung des Verkehrsflusses eingesetzt. Sie können keine Gesichter erkennen.
Fakten
Das Video wurde tatsächlich in Leeds gedreht. Beim Vergleich mit Google-Street-View-Aufnahmen erkennt man die Bushaltestelle an der Infirmary Street und in der Ferne das graue Bürogebäude.
Das Stadtzentrum von Leeds wird im Rahmen der «Connecting Leeds Transport Strategy» umgestaltet. Der Stadtrat von Leeds möchte dabei die Stadt für Fußgänger, Radfahrer und Reisende mit öffentlichen Verkehrsmitteln besser zugänglich machen. In dem Strategieplan werden jedoch weder eine 15-Minuten-Stadt noch Kameras mit Gesichtserkennung erwähnt.
Kameras erkennen keine Gesichter
In dem verbreiteten Video wird ausführlich auf mehrere Kameras hingewiesen, die an Ampeln hängen. Dass diese Kameras Gesichter erkennen würden, stimmt aber nicht. Der Stadtrat von Leeds teilt auf seiner Website mit, dass die Kameras das Verkehrsgeschehen als Ganzes aufzeichnen sollen. Ein Sprecher der Stadtverwaltung bestätigte dies der Deutschen Presse-Agentur (dpa).
Die Sensoren seien so konzipiert, dass sie keine Entscheidung über Einzelpersonen treffen. Sie können erkennen, ob ein Radfahrer, ein Auto oder ein Lieferwagen an der Ampel steht. Anhand dieser ansonsten anonymen Daten können Verkehrsströme abgebildet und optimiert werden.
Die Verkehrskameras stammen von der Firma VivaCity, die sich auf Verkehrsüberwachung spezialisiert hat. Auf der Website dieses Unternehmens wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die Sensoren keine Aufnahmen machen oder streamen und keine persönlichen Daten sammeln.
15-Minuten-Städte als Angstszenario
Die 15-Minuten-Stadt sorgt im Internet für Diskussionen und Verschwörungserzählungen. Es handelt sich um ein städtebauliches Konzept, in dem die Bewohner ihre täglichen Besorgungen innerhalb von 15 Minuten zu Fuß oder mit dem Fahrrad von ihrem Wohnort aus erreichen können.
Dafür soll mehr Platz für Fußgänger und Radfahrer geschaffen werden. Bewohner können sich frei bewegen. Der Erfinder des Konzepts, der Stadtplaner Carlos Moreno, sieht darin eine Möglichkeit, in heute überlasteten und vom Auto dominierten Städten die Lebensqualität zu verbessern.
Stadtrat in Leeds prüft 20-Minuten-Viertel
Die Modernisierungen im Stadtzentrum von Leeds passen tatsächlich in die Idee der 15-Minuten-Stadt: Auch in der britischen Stadt wurde mehr Platz für Fußgänger und Radfahrer geschaffen. Inspiriert von anderen Städten, prüft der Stadtrat von Leeds nun die Umsetzung von 20-Minuten-Vierteln.
Offen ist, ob das Konzept in Wohnvierteln der Stadt oder gar ländlichen Regionen umsetzbar ist. In jedem Fall sind die aktuelle Verkehrssituation und die Kameras kein Beweis dafür, dass die Stadt ihre Bewohner kontrollieren oder einsperren will.
(Stand: 25.4.2023)
Links
Google Street View (archiviert)
Konzept der Stadt Leeds (archiviert)
Bebauungsplan um den City Square von Leeds (archiviert)
Video zum Stadtbebauungsplan (archiviert, Video archiviert)
Über Verkehrskameras in Leeds (archiviert)
Informationen über Firma VivaCity (archiviert)
Information von VivaCity über Kameras (archiviert)
Deutsche Welle über 15-MInuten-Stadt (archiviert)
BR über 15-Minuten-Stadt als Verschwörungstheorie (archiviert)
dpa-Faktencheck zur 15-Minuten-Stadt
Bericht zu Diskussion über 20-Minuten-Viertel (archiviert)
Artikel zu Diskussion über 20-Minuten-Viertel (archiviert)
Konzept der Stadt Leeds zum 20-Minuten-Viertel (archiviert)
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