Kein echtes Foto

KI-generiertes Bild soll auf Situation von Assange hinweisen

12.4.2023, 17:36 (CEST)

Immer häufiger machen Bilder von Prominenten die Runde, die mithilfe einer Künstlichen Intelligenz erstellt wurden. Nach Papst Franziskus kursiert nun ein computergeneriertes Bild von Julian Assange.

Seit 2019 sitzt Wikileaks-Gründer Julian Assange in einem Londoner Hochsicherheitsgefängnis. Im Netz ist nun ein Bild aufgetaucht, das den australischen Aktivisten und Journalisten in Haft zeigen und seinen schlechten Gesundheitszustand belegen soll. Mehrere User in sozialen Netzwerken verbreiten das Motiv mit dem Zusatz: «Das neueste Bild von Julian Assange». Doch ist es ein echtes Foto?

Bewertung

Nein. Das Bild wurde mithilfe einer Künstlichen Intelligenz (KI) generiert. Der mutmaßliche Urheber bestätigte auf dpa-Anfrage, dass er das Bild mithilfe der KI «Midjourney» erstellt habe. Auch die Frau des Wikileaks-Gründers erklärte, dass es sich nicht um ein echtes Foto von Julian Assange handelt.

Fakten

Auf den ersten Blick sieht das Bild authentisch aus. Bei genauem Hinsehen fallen jedoch einige Ungereimtheiten auf. Im Hintergrund scheinen sich die Zwischenräume der Fliesen in ihrer Tiefe zu unterscheiden. An zwei Fliesen ist ein nicht näher identifizierbares, verpixeltes Objekt zu sehen. Ebenso befindet sich etwas auf dem rechten Nasenflügel des vermeintlichen Assange. Auch ein Wasserzeichen mit dem Text «Photo Property of "E"» ist erkennbar.

Nachdem das Foto viral gegangen ist, veröffentlichte unter anderem die «Bild» einen Artikel. Demnach verweist das Wasserzeichen auf eine Person, die sich im Internet «The Errant Friend» (Der irrende Freund) oder «E» nennt und das Bild getwittert hat. Der Account bestätigte der Zeitung, dass er das Bild mithilfe einer KI generiert habe. Ziel sei es gewesen, öffentliche Aufmerksamkeit für die Situation des in London gefangen gehaltenen Journalisten zu gewinnen.

Auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur (dpa) erklärte die Person hinter dem Account, den künstlichen Assange mit der KI «Midjourney» erstellt zu haben. Auf seinem Twitter-Account fordert der Inhaber des Kontos regelmäßig die Freilassung von Assange. In den vergangenen Wochen tauchten auf dem Konto häufiger KI-generierte Bilder auf, etwa vom ehemaligen US-Präsidenten Donald Trump sowie von Assange. Auch bei diesem Foto wurde das entsprechende Wasserzeichen verwendet.

Das spricht dafür, dass es sich bei dem Twitter-Account tatsächlich um den Urheber handelt. In einem weiteren Tweet bestätigte er zudem die Aussagen gegenüber der «Bild». Ob die Person hinter «The Errant Friend» tatsächlich selbst das Bild erzeugen ließ, kann aber nicht abschließend verifiziert werden.

KI-generierte Bilder sorgen im Netz für Aufsehen

Das vermeintliche Assange-Foto ist nicht das erste virale KI-Bild. So sorgte zuletzt etwa auch ein von einer Künstlichen Intelligenz erzeugtes Bild von Papst Franziskus in weißer Jacke für Aufregung im Netz. Die dpa beschäftigte sich zudem in einem Faktencheck mit einem computergenerierten Bild, das Chinas Staatschef Xi Jinping und Russlands Präsident Wladimir Putin zeigen soll.

KI-generierte Medien tauchen immer häufiger auf, denn entsprechende Programme schießen derzeit wie Pilze aus dem Boden. Auf den ersten Blick können solche KI-Bilder echten Fotos recht ähnlich sehen. Es gibt jedoch Möglichkeiten, eine KI-Kreation herauszufischen. So tut sich die KI derzeit schwer, menschliche Körperteile, insbesondere Hände, Augen, Zähne und Haare, originalgetreu abzubilden, wie AFP und BBC in bebilderten Artikeln zeigen.

Auch eine Untersuchung der Schatten oder der Details im Hintergrund können Hinweise darauf liefern, dass das Bild künstlich erzeigt wurde. Allerdings wird erwartet, dass in naher Zukunft noch bessere bildgenerierende Programme verfügbar sein werden. Dadurch könnte es schwieriger werden, ihre Kreationen mit bloßem Auge von Fotografien zu unterscheiden.

Vier Jahre Haft: Menschenrechtler fordern Freilassung von Assange

Derweil bestätigte auch die Ehefrau von Julian Assange gegenüber der «Bild», dass das Foto nicht echt ist. Stella Assange hatte sich zuletzt sehr besorgt über den Zustand ihres Mannes geäußert. Der Wikileaks-Gründer leide zunehmend unter der langjährigen Inhaftierung in einem Londoner Hochsicherheitsgefängnis. Er werde bis zu 20 Stunden am Tag eingesperrt und Besuche seien nur sehr eingeschränkt möglich.

Das juristische Tauziehen um die mögliche Auslieferung des Aktivisten und Journalisten in die USA zieht sich seit Jahren hin. Julian Assange befindet sich seit vier Jahren ohne Verurteilung in einem britischen Gefängnis. Die USA werfen Assange vor, geheimes Material von Militäreinsätzen im Irak und in Afghanistan gestohlen, veröffentlicht und das Leben von Informanten in Gefahr gebracht zu haben. Unterstützer sehen in ihm einen mutigen Journalisten, der Kriegsverbrechen ans Licht brachte.

Zum Jahrestag von Assanges Inhaftierung am 11. April hat die Organisation Reporter ohne Grenzen die USA zum wiederholten Mal aufgefordert, ihren Auslieferungsantrag fallen zu lassen. «Wir rufen die US-Regierung erneut auf, den Fall abzuschließen und ohne weitere Verzögerung die Freilassung zu erlauben», sagte Rebecca Vincent, die Londoner Vertreterin der Pressefreiheitsorganisation, der Deutschen Presse-Agentur.

(Stand: 12.4.2023)

Links

Artikel der «Bild» (archiviert)

Tweet von «The Errant Friend» vom 30. März 2023 (archiviert)

Über die KI «Midjourney» (archiviert)

Tweet von «The Errant Friend» vom 17. März 2023 (archiviert)

Tweet von «The Errant Friend» vom 18. März 2023 (archiviert)

Tweet von «The Errant Friend» vom 2. April 2023 (archiviert)

Bericht über virales Papst-Bild (archiviert)

dpa-Faktencheck: «Bild von Putin und Xi ist ein Fake»

«Petapixel AI» über aktuelle KI-Bildprogramme (archiviert)

AFP über KI-Bilder (archiviert)

BBC über KI-Bilder (archiviert)

dpa-Bericht über Aussagen von Stella Assange (archiviert)

dpa-Bericht über Forderung von Reporter ohne Grenzen (archiviert)

Facebook-Post (archiviert)

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