Zitat missverstanden

Moderna-Chef sprach über Umfang der Impfstoff-Produktion

02.04.2023, 17:45 (CEST)

Für Pharma-Unternehmen wäre es ideal, wenn sie schon vor Beginn einer Pandemie Impfstoffe entwickeln könnten. Doch auch beim Coronavirus musste erst dessen genetische Sequenz entschlüsselt werden.

Moderna ist einer der großen Pharma-Hersteller von Corona-Impfstoffen. Nun wird der US-Firma vorgeworfen, schon 2019 von der Pandemie gewusst und bereits damals Vakzine gegen Covid-19 produziert zu haben. Als angeblicher Beweis wird ein Video vom Weltwirtschaftsforum vom 18. Januar 2023 angeführt. Darin sagt Moderna-Geschäftsführer Stéphane Bancel, 2019 habe sein Unternehmen 100 000 Impfdosen produziert. Aber waren das Vakzine gegen Covid-19?

Bewertung

Nein. Die von Bancel genannten 100 000 Impfdosen haben nichts mit Corona zu tun. Der Geschäftsführer spricht beim Weltwirtschaftsforum in Davos ganz allgemein über die Impfstoffproduktion seines Unternehmens im Jahr 2019. Moderna suchte zu dieser Zeit zum Beispiel nach neuen Krebstherapien.

Fakten

Bancel machte in Davos mit der Zahl von 100 000 Dosen im Jahr 2019 lediglich die große Herausforderung deutlich, vor der die Firma Anfang 2020 stand: Mit dem Beginn der Pandemie sei es um die Produktion von einer Milliarde Impfdosen gegangen.

Der Deutschen Presse-Agentur bestätigte eine Moderna-Sprecherin, dass es bei den genannten 100 000 Dosen nicht um Covid-19 gegangen sei. Bancel berichte über das damalige Portfolio des Unternehmens. Dazu zählten neben der Krebsforschung unter anderem auch die Medikamentenentwicklung gegen seltene Krankheiten. Das bestätigen der Moderna-Jahresbericht für 2019 und die Firmengeschichte.

Die ersten Hinweise auf das neue Coronavirus SARS-CoV-2 gibt es nach Angaben des Robert Koch-Instituts erst Anfang 2020. Am 11. Januar 2020 teilten Wissenschaftler weltweit die genetische Sequenz des neuen Virus.

Allein auf Basis dieser Entschlüsselung war die Entwicklung eines Impfstoffs möglich. Moderna schließt laut seiner Firmenchronologie am 13. Januar 2020 die Entwicklung einer Sequenz für ein mRNA-basiertes Vakzin gegen das neue Coronavirus ab.

Im Dezember 2020 bekommt der Moderna-Impfstoff nach genehmigten klinischen Studien eine Notfallzulassung in den USA. Am 6. Januar 2021 wird das Vakzin auch in der EU bedingt zugelassen.

Am 3. Januar 2021 blickt Bancel in einem Brief an die Moderna-Aktionäre auf das Jahr 2020 zurück und schreibt: «Wir begannen das Jahr ohne das Wissen, dass es ein neues Virus geben würde.»

Die Firma Moderna hat sich seit ihrer Gründung 2010 auf mRNA-Impfstoffe spezialisiert. Die Abkürzung mRNA steht für messenger RNA (Boten-RNA). Ein Vorteil dieser Impfstoffe ist nach Angaben des Paul-Ehrlich-Instituts die Produktion vieler Millionen Impfdosen innerhalb weniger Wochen.

(Stand: 31.3.2023)

Links

Facebook-Post mit Falschbehauptung (archiviert)

Video vom Weltwirtschaftsforum vom 18. Januar 2023, ab Minute 10

Reuters-Video vom WEF-Panel (archiviert)

Moderna-Jahresbericht für 2019 (archiviert)

Moderna Firmengeschichte (archiviert)

RKI zu Beginn der Pandemie

National Library of Health zur Sequenzierung des Sars-CoV-2-Virus

Moderna-Firmenchronologie

Paul-Ehrlich-Institut zu mRNA-Impfstoffen

Bancels Brief an die Moderna-Aktionäre

Deutsche Apotheker Zeitung zur Impfstoff-Zulassung

PEI zur Zulassung in der EU

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