Ein-Kind-Politik

WEF-Aussage erfunden: Familiengröße in den USA unbegrenzt

22.03.2023, 16:29 (CET)

Das Weltwirtschaftsforum konzentriert sich im Rahmen seiner Agenda auf unterschiedliche Themen. Die Einführung einer Ein-Kind-Politik spielt dabei keine Rolle.

Das Weltwirtschaftsforum (WEF) spielt immer wieder eine Rolle in Verschwörungserzählungen. Derzeit erbosen sich User, beispielsweise auf Facebook, über die angebliche Ankündigung, eine sogenannte Ein-Kind-Politik in westlichen Ländern einführen zu wollen. Das soll ein Artikel von «Unwiderlegbarefakt» belegen. Als Quelle der Informationen gibt die Website die englischsprachige Seite «newspunch» an. Aber entsprechen die Aussagen überhaupt der Wahrheit?

Bewertung

Nein. Es gibt keinerlei Beweise dafür, dass das WEF für die Einführung einer Ein-Kind-Politik geworben hat.

Fakten

Mit Ein-Kind-Politik ist eine gesetzliche Regel gemeint, nach der eine Familie nur ein Kind haben darf, wie sie etwa in China bis 2015 bestand. Laut «Unwiderlegbarefakt» und «newspunch» fordert das WEF diese kontroverse Kontrolle des Bevölkerungswachstums für die USA. Die Vorschrift solle dem Blog zufolge speziell für weiße Familien gelten, um die Vielfalt zu fördern. Eine entsprechende Mitteilung zur Ein-Kind-Politik ist allerdings überhaupt nicht auf der WEF-Website zu finden.

Ein Sprecher der Organisation, Yann Zopf, bestätigte außerdem per E-Mail gegenüber der niederländischen Faktencheck-Redaktion der Deutschen Presse-Agentur (dpa), dass sich das WEF nie zur Einführung einer Ein-Kind-Politik für Weiße geäußert habe. Er nennt es eine gefälschte Geschichte, die darauf abziele, den Betrieb des WEF zu diskreditieren.

Eine Google News-Suche zeigt keine Ergebnisse auf seriösen (Nachrichten-)Websites zu dieser Forderung – und das, obwohl laut Artikel die sogenannten Mainstream-Medien vom WEF bereits angewiesen worden sein sollen, «die Ein-Kind-Politik in den Köpfen der Amerikaner zu verankern». Auch unabhängig davon ist davon auszugehen, dass bei einer solch gravierenden Aussage mehrere Medien darüber berichtet hätten.

Ein Foto im Artikel legt nahe, dass die Organisation auf Twitter über die Einführung der Richtlinie informiert haben soll. Auf dem wie ein Twitter-Screenshot anmutendem Bild steht unter dem Logo des WEF: «Amerika muss seine kaukasische Bevölkerung reduzieren.» EIn solcher Tweet ist jedoch nicht auffindbar – auch nicht in archivierten Versionen der WEF-Twitter-Timeline. Das WEF sagt hierzu ebenfalls, es habe nie etwas Derartiges verfasst.

Die Behauptung, das WEF sei mit einer Ein-Kind-Politik an Plänen zur Begrenzung der Fortpflanzung von Weißen beteiligt, entbehrt offenbar jeder Grundlage. Ausgangspunkt der frei erfundenen Aussagen könnte ein im Text verlinkter Artikel aus dem Jahr 2015 sein, in welchem eine Professorin zitiert wird, die die Ein-Kind-Politik nicht grundsätzlich ablehnt.

Die Seite «newspunch» ist bereits in der Vergangenheit mit falschen Behauptungen aufgefallen, auch in Bezug auf das WEF. Zuletzt hatte die Deutsche Presse-Agentur (dpa) in einem Faktencheck einen «newspunch»-Bericht über eine angebliche WEF-Haltung zum privaten Haustierbesitz widerlegt. Ein Verbot von Weihnachten konnte ebenso wie eine Forderung nach der Entkriminalisierung von Kindesmissbrauch als frei erfunden eingeordnet werden.

(Stand: 21.03.2023)

Links

Facebook-Post (archiviert)

Website aus dem Post (archiviert)

Newspunch-Artikel (archiviert)

Artikel über das Ende der chinesischen Ein-Kind-Politik beim Deutschlandfunk (archiviert)

Text aus dem Jahr 2015 (archiviert)

Buch der zitierten Professorin (archiviert)

Suche auf der WEF-Seite (archiviert)

Suche bei Twitter (archiviert)

Suche nach Tweet bei Google (archiviert)

Suche nach Thematik bei Google (archiviert)

Archivierte Twitter-Timeline WEF

Faktencheck WEF und Kindesmissbrauch

Faktencheck WEF und Weihnachts-Verbot

Faktencheck WEF und Haustiere

Über dpa-Faktenchecks

Dieser Faktencheck wurde im Rahmen des Facebook/Meta-Programms für unabhängige Faktenprüfung erstellt. Ausführliche Informationen zu diesem Programm finden Sie hier.

Erläuterungen von Facebook/Meta zum Umgang mit Konten, die Falschinformationen verbreiten, finden Sie hier.

Wenn Sie inhaltliche Einwände oder Anmerkungen haben, schicken Sie diese bitte mit einem Link zu dem betroffenen Facebook-Post an faktencheck@dpa.com. Nutzen Sie hierfür bitte die entsprechenden Vorlagen. Hinweise zu Einsprüchen finden Sie hier.

Schon gewusst?

Wenn Sie Zweifel an einer Nachricht, einer Behauptung, einem Bild oder einem Video haben, können Sie den dpa-Faktencheck auch per WhatsApp kontaktieren. Weitere Informationen dazu finden Sie hier.