Warnung vor Datendiebstahl
Betrüger erfinden Entführungsfall und missbrauchen Foto von Mordopfer
17.2.2023, 16:30 (CET)
Schon seit mehreren Tagen verbreitet sich in sozialen Netzwerken die gefälschte Nachricht einer Kindesentführung. Immer wieder heißt es: «Das ist wahrscheinlich unsere letzte Chance, unsere kleine Julie zu finden.» Dazugestellt sind Bilder eines jungen Mädchens sowie Phantombilder. Doch diese Entführung hat es nicht gegeben.
Bewertung
Der Fall ist erfunden und kursiert im Netz mit unterschiedlichen Ortsangaben. Die Polizei warnt in mehreren Bundesländern vor der Falschnachricht und damit verbundenem Datendiebstahl. Der Link führt zu einer unseriösen Webseite.
Fakten
Immer wieder machen Facebook-Accounts auf den angeblichen Fall der 5-jährigen «Julie» aufmerksam. Eine Widersprüchlichkeit: Mal soll das Mädchen in Hemsbach (Baden-Württemberg) entführt worden sein, in anderen Posts ist unter anderem von Dortmund, Mannheim oder anderen Städten die Rede.
In einem Post mit Bezug zu Bremerhaven wurden fremde Fotos verwendet: Das Foto der vermeintlichen «Julie» gehört zu einem US-amerikanischen Mordfall, das Phantombild stammt aus Polen.
Mehrere Polizeistationen in Deutschland warnen darum: Es handelt sich um eine Fälschung. «Der geschilderte Sachverhalt, das Mädchen sei entführt worden, wurde zwischenzeitlich von mehreren Polizeidienststellen geprüft und ist frei erfunden! Auch die angebliche Vermisste existiert nicht», schreibt das Polizeipräsidium Koblenz (Rheinland-Pfalz), nachdem in Posts der Ort Diez als Tatort angegeben wurde.
Bei Facebook erklärt die Polizei Mannheim, die auch für Hemsbach zuständig ist, dass ein solcher Fall nicht bekannt sei. Auch die Polizei Viersen in Nordrhein-Westfalen weist auf die Fälschung hin und betont: «Hier sind Kriminelle am Werk!» Laut den Beamten könnten die User Opfer eines möglichen Datendiebstahls durch Betrüger werden, die sich Zugang zum Facebook-Konto verschaffen wollen.
Betrüger wollen mit Phishing-Webseite Daten abgreifen
Der Grund: Der Link aus dem Facebook-Post leitet auf eine Webseite weiter, die einer Facebook-Seite zwar stark ähnelt. Dass diese Seite aber nicht seriös ist, zeigt ein Blick in die URL: «dazzling-fairy-a66a31.netlify.app». Eine echte Facebook-Seite hingegen beginnt mit «www.facebook.com».
Unter der verlinkten Internetadresse wird ein vermeintlicher Post des Nachrichtenmagazins «Der Spiegel» eingeblendet. Doch dieser ist erfunden. Eine Suche auf der echten Facebook-Seite des Nachrichtenmagazins nach Worten aus dem angeblichen Beitrag liefert kein Ergebnis. Die offiziellen Facebook-Seiten von Unternehmen erkennt man oft an einem kleinen weißen Haken auf blauem Hintergrund - das sogenannte Verifikationsabzeichen.
Um den gefälschten Post vollständig sehen zu können, sollen Nutzer ihre Facebook-Zugangsdaten eingeben - angeblich zur Bestätigung des Alters. Doch Vorsicht: «Damit bekommen die Täter Zugriff auf Ihr Facebook-Konto - und im schlimmsten Fall auf alles, was Sie damit verknüpft haben - auch auf Bankdaten. Außerdem können die Täter dann Ihr Profil nutzen, um weitere Falschmeldungen zu verbreiten», erklärt die Polizei Viersen.
Die Polizei und Verbraucherschützer warnen immer wieder vor solchen Phishing-Versuchen über gefälschte Webseiten, die versuchen, die Nutzer zu täuschen. Besonders vorsichtig sollten Nutzer sein, wenn ungewöhnliche Aufforderungen zur Eingabe von persönlichen Daten und Sicherheitsdaten auftauchen. Auf einer Seite gibt beispielsweise das Landeskriminalamt Niedersachsen Tipps, wie man sich vor Phishingwebseiten schützen kann.
(Stand: 17.2.2023)
Links
Bilderrückwärtssuche nach Original-Foto des Mädchens (archiviert)
Polizei Mannheim zum Fake bei Facebook (archiviert)
Polizeipräsidium Koblenz zur Falschnachricht (archiviert)
Polizei Viersen zur Fake-Nachricht (archiviert)
Verbraucherzentrale zu Folgen Identitätsdiebstahl im Internet (archiviert)
Polizei Niedersachsen zu Phishing und Tipps zum Schutz (archiviert)
Facebook über Tipps zum Schutz vor Phishing (archiviert)
Verifizierte Spiegel-Facebook-Seite (archiviert)
Suche nach Post auf Spiegel-Facebook-Seite
Über dpa-Faktenchecks
Dieser Faktencheck wurde im Rahmen des Facebook/Meta-Programms für unabhängige Faktenprüfung erstellt. Ausführliche Informationen zu diesem Programm finden Sie hier.
Erläuterungen von Facebook/Meta zum Umgang mit Konten, die Falschinformationen verbreiten, finden Sie hier.
Wenn Sie inhaltliche Einwände oder Anmerkungen haben, schicken Sie diese bitte mit einem Link zu dem betroffenen Facebook-Post an faktencheck@dpa.com. Nutzen Sie hierfür bitte die entsprechenden Vorlagen. Hinweise zu Einsprüchen finden Sie hier.
Schon gewusst?
Wenn Sie Zweifel an einer Nachricht, einer Behauptung, einem Bild oder einem Video haben, können Sie den dpa-Faktencheck auch per WhatsApp kontaktieren. Weitere Informationen dazu finden Sie hier.