Kein Bezug zu Silvester

Video von Angriff auf Rettungswagen stammt aus Hongkong

03.01.2023, 12:35 (CET), letztes Update: 03.01.2023, 16:43 (CET)

Die Gewalt gegen Einsatzkräfte in der Silvesternacht in Berlin ist vielfach auf Video festgehalten worden. Doch im Netz kursieren dazu auch Aufnahmen, die einen komplett anderen Hintergrund haben.

In Berlin hat es in der Silvesternacht Ausschreitungen gegeben. Polizei und Feuerwehr berichten von Angriffen auf Einsatzkräfte, zum Beispiel mit Feuerwerkskörpern. 41 Polizisten und 15 Feuerwehrleute erlitten den Angaben zufolge Verletzungen (Stand: 2.1.2023). Im Netz kursieren mutmaßliche Videos von solchen Angriffen. Doch darunter werden auch Aufnahmen gemischt, die mit den jüngsten Ausschreitungen gar nichts zu tun haben - so etwa ein Video, das angeblich eine Attacke auf einen Rettungswagen im Bezirk Neukölln zeigen soll.

Bewertung

Das Video stammt aus dem Jahr 2019 und ist bei Ausschreitungen am Rande von Protesten in Hongkong entstanden. Es hat keinerlei Bezug zu der Gewalt in Berlin.

Fakten

Ein unscharfes Video zeigt mehrere dunkel gekleidete Personen, die unter lautem Rufen Gegenstände in einen offenen Rettungswagen schleudern. «Berlin Neukölln in der Silvesternacht» schreibt eine Nutzerin am 2. Januar 2023 darüber.

Die Aufnahmen sind allerdings in einem ganz anderen Kontext entstanden und haben mit der Silvesternacht und den Ausschreitungen in dem Berliner Stadtteil nichts zu tun. Sie stammen aus der chinesischen Sonderverwaltungszone Hongkong. Eine höher aufgelöste Version wurde am 18. November 2019 auf einem Twitter-Account des staatlichen chinesischen Fernsehsenders CCTV veröffentlicht. Das Staatsmedium schrieb dazu, ein Mob habe an diesem Tag in Hongkong Polizisten angegriffen.

In Hongkong gab es 2019 und 2020 Proteste gegen eine weitere politische Annäherung der ehemaligen britischen Kolonie an das autoritär regierte China. Anhänger der Demokratiebewegung lieferten sich immer wieder Auseinandersetzungen und Straßenschlachten mit den Sicherheitskräften. Die Sicherheitsgesetze, gegen die sich die Proteste richteten, wurden später dennoch eingeführt.

Mitte November 2019 kam es zu Auseinandersetzungen zwischen Demonstranten und Sicherheitskräften an der Polytechnischen Universität von Hongkong. An einer Straßenkreuzung in der Nähe entstand das Video mit dem Rettungswagen. Der «Straits Times» aus Singapur zufolge soll zuvor eine Demonstrantin von der Polizei zum Rettungswagen gebracht worden sein. Dann hat nach Polizeiangaben ein «Mob von Randalierern» die Sicherheitskräfte attackiert und die Demonstrantin befreit, ehe es zu den Szenen im Video kam. Der Zeitung zufolge soll ein Polizist auch Schüsse abgefeuert haben.

In Berlin und weiteren deutschen Städten kam es in der Nacht des Jahreswechsels 2022/2023 zu Ausschreitungen. Die Berliner Feuerwehr berichtete von Angriffen auf Einsatzkräfte und deren Fahrzeuge unter anderem mit Pyrotechnik. In Neukölln konnte die Feuerwehr einen brennenden Reisebus, der unter einem Wohngebäude stand, nur unter Polizeischutz löschen. Zudem wurde in dem Berliner Bezirk ein fahrender Rettungswagen mit einem Feuerlöscher beworfen. Von dieser Tat auf der Silbersteinstraße existiert ein Video. Medienberichten zufolge wurde ein Verdächtiger festgenommen. Insgesamt sprachen die Berliner Behörden nach der Silvesternacht von 56 verletzten Einsatzkräften.

(Stand: 3.1.2023)

Links

Video der Szene in Hongkong via CCTV auf Twitter (18.11.2019) (archiviert; archiviertes Video)

Fotos der Proteste in Hongkong im «Guardian» (18.11.2019) (archiviert)

Ort der Aufnahme bei Google Maps (archiviert)

Bericht der «Straits Times» mit Erwähnung des Vorfalls in Hongkong (19.11.2019) (archiviert)

«Berliner Zeitung» über Geschehen in der Silvesternacht (1.1.2023) (archiviert)

Video von Wurf mit Feuerlöscher auf Rettungswagen (1.1.2023) (archiviert)

dpa-Meldung mit Zahlen aus Berlin (2.1.2023) (archiviert)

Tweet mit Falschbehauptung (archiviert; archiviertes Video)

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