Gaskrise und Regierungswechsel

Öffentlich-rechtliche Medien berichten über Lage in Bulgarien

9.12.2022, 11:12 (CET)

Regelmäßig wird Medien vorgeworfen, relevante Themen bewusst zu ignorieren. Doch meist ist das aus der Luft gegriffen - wie auch im Fall der politischen Lage in Bulgarien.

In Bulgarien wurde nach einem Misstrauensvotum im Juni 2022 eine Übergangsregierung eingesetzt. In einem Post auf Facebook ist das Foto eines Plakats zu sehen, auf dem den öffentlich-rechtlichen Medien und der Bundesregierung vorgeworfen wird, den Regierungswechsel in Bulgarien zu ignorieren und bewusst nicht über die Lage in dem Land zu berichten. Laut dem Post würde die Übergangsregierung mit dem russischen Energieunternehmen Gazprom verhandeln, da das Land angeblich zuvor mit zu teuren Flüssiggas aus den USA versorgt wurde. Stimmt das?

Bewertung

Mehrere öffentlich-rechtliche Medien berichteten von dem Regierungswechsel in Bulgarien. Tatsächlich plante die eingesetzte Übergangsregierung, mit Gazprom über die Wiederaufnahme von Gaslieferungen zu verhandeln. Auch darüber wurde in deutschen Medien berichtet.

Fakten

Im Juni 2022 wurde die erst ein halbes Jahr zuvor gewählte Regierung von Ministerpräsident Kirl Petkow durch ein Misstrauensvotum im bulgarischen Parlament abgesetzt. Im Verlauf des Regierungswechsels erschienen mehrere Artikel in öffentlich-rechtlichen Medien über die politische Lage in Bulgarien. Auch die daraufhin durch den Staatspräsidenten Rumen Radew eingesetzte Übergangsregierung war Thema in Artikeln.

Im April 2022 hatte der russische Staatskonzern Gazprom die Gaslieferungen nach Bulgarien eingestellt, obwohl das EU-Land zu 90 Prozent von Lieferungen aus Russland abhängig ist. Die Regierung des damaligen Ministerpräsidenten Petkow bemühte sich daraufhin, andere Quellen für künftige Gaslieferungen zu erschließen. Dabei wurde auch eine Einigung mit den USA erzielt, dem Land Flüssiggas zur Deckung seines Energiebedarfs zu liefern.

Als die Regierung von Ministerpräsident Petkow durch eine Übergangsregierung unter der Führung von Galeb Donew ersetzt wurde, kündigte diese tatsächlich an, wieder Verhandlungen mit Gazprom über mögliche Gaslieferungen aufzunehmen. Das Land habe einen noch bis Ende 2022 laufenden Vertrag mit Gazprom, so der damalige geschäftsführende Energieminister Nikola Stojanow, plane aber nicht, diesen in 2023 weiterzuführen. Das Land bezieht, neben Flüssiggas aus den USA, auch Gas über eine Pipeline aus Aserbaidschan.

Die vorgezogene Parlamentswahl im Oktober 2022 gewann die Partei Gerb des ehemaligen Ministerpräsidenten Boiko Borissow. Die Partei nominierte jedoch den Neurochirurgen Nikolaj Gabrowski für das Amt des Ministerpräsidenten. Bis eine reguläre Regierung steht, wird in Sofia die Übergangsregierung weiter regieren. Sollten drei Anläufe zur Regierungsbildung scheitern, muss es eine weitere Neuwahl geben.

Bulgarien erlebt turbulente Jahre, die von mehreren Regierungskrisen geprägt wurden. In den vergangenen anderthalb Jahren gab es vier Parlamentswahlen. Die wichtigsten Parteien des Landes gelten als zerstritten.

(Stand: 8.12.2022)

Links

Tagesschau-Artikel über Übergangsregierung in Bulgarien (archiviert)

ZDFheute-Artikel über Regierungswechsel in Bulgarien (archiviert)

ZDFheute-Artikel zur Energieversorgung in Bulgarien (archiviert)

Bericht über Verhandlungen zwischen Bulgarien und USA (archiviert)

Bericht über Richtungswechsel von Übergangsregierung (archiviert)

RND-Artikel über mögliche Gazprom-Lieferungen nach Bulgarien (archiviert)

Deutschlandfunk über Lage in Bulgarien (archiviert)

Bericht über auslaufenden Gazprom-Vertrag (archiviert)

Telepolis-Artikel über Lage in Bulgarien (archiviert)

Bericht über Einweihung von Pipeline nach Bulgarien (archiviert)

ZDFheute-Artikel über vorgezogene Parlamentschaftswahl in Bulgarien (archiviert)

Bundeszentrale für politische Bildung über Neuwahlen in Bulgarien (archiviert)

Euronews-Video über mögliche Verhandlungen zwischen Bulgarien und Gazprom (archiviert)

mdr-Artikel über politische Lage in Bulgarien (archiviert)

ORF-Artikel über Regierungsbildung in Bulgarien (archiviert)

Archiviertes Foto des Plakats mit Behauptung

Über dpa-Faktenchecks

Dieser Faktencheck wurde im Rahmen des Facebook/Meta-Programms für unabhängige Faktenprüfung erstellt. Ausführliche Informationen zu diesem Programm finden Sie hier.

Erläuterungen von Facebook/Meta zum Umgang mit Konten, die Falschinformationen verbreiten, finden Sie hier.

Wenn Sie inhaltliche Einwände oder Anmerkungen haben, schicken Sie diese bitte mit einem Link zu dem betroffenen Facebook-Post an faktencheck@dpa.com. Nutzen Sie hierfür bitte die entsprechenden Vorlagen. Hinweise zu Einsprüchen finden Sie hier.

Schon gewusst?

Wenn Sie Zweifel an einer Nachricht, einer Behauptung, einem Bild oder einem Video haben, können Sie den dpa-Faktencheck auch per WhatsApp kontaktieren. Weitere Informationen dazu finden Sie hier.